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Macher - WirtschaftsEcho

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<strong>WirtschaftsEcho</strong> ·APRIL/MAI 2010 Handwerk & Hightech 24<br />

VON KLAUS THOMAS HECK<br />

494 544 vinkulierte Stammaktien<br />

gibt es vonder Enmore<br />

Consulting AG, doch vor<br />

einer feindlichen Übernahme ist<br />

Vorstand Heinz-Jürgen Glaubauf<br />

nicht bange.„Im Grunde gehören<br />

wir uns selbst“, sagt der 59-jährige.<br />

Glaubaufs Aktionäre sind seine<br />

Kollegen –der Griesheimer IT-<br />

Dienstleister gehört zu 100 Prozent<br />

den eigenen Mitarbeitern.<br />

Ein bundesweit wohl einmaliges<br />

Modell.<br />

Die Geschichte von Enmore<br />

beginnt am 13. Januar 2000 im<br />

Kellerbüro von Jürgen Welter in<br />

Roßdorf bei Darmstadt. Mit acht<br />

Gleichgesinnten gründet der Diplom-Mathematiker<br />

sein IT-Beratungsunternehmen<br />

für die Energiewirtschaft.<br />

Die verspricht für<br />

die kommenden Jahren gute Geschäfte:<br />

Der Strommarkt wird liberalisiert.<br />

Aus einstigen Monopolisten<br />

wie RWE sollen Dienstleister<br />

werden, Stromnetze und<br />

Vertrieb voneinander getrennt<br />

werden. „Energie wird zum Produkt“,<br />

sagt Welter.<br />

Beinahe monatlich ändert die<br />

Bundesnetzagentur ihre Vorschriften,<br />

und jede Änderung<br />

lässt bei den IT-Beratern die Sektkorken<br />

knallen. Schließlich erfordert<br />

jede Neuerung spezielle EDV-<br />

Lösungen. Die Software ist bei<br />

vielen Energieversorgern auf dem<br />

Stand der achtziger Jahre.<br />

Zehn Jahre<br />

ohne Wachstumsknick<br />

Enmore wächst. 2006 zieht das<br />

Unternehmen in den Griesheimer<br />

Leuschnerpark. 2009 erwirtschaften<br />

die 97 Mitarbeiter einen<br />

Umsatz von15,323 Millionen Euro.<br />

Neben der Griesheimer Zentrale<br />

gibt es Standorte in Dortmund,<br />

Geraund Berlin. Die Berater<br />

–meist Betriebswirte, Mathematiker<br />

oder Informatiker –betreuen<br />

Projekte von Peking bis<br />

Zürich. Den Bilanzgewinn 2009<br />

schätzt Vorstand Heinz-Jürgen<br />

Glaubauf –einer der Gründer und<br />

seit 2001 im Amt –auf 705000<br />

Euro. Bislang ist die wichtigste<br />

Kennzahl noch in jedem Jahr gestiegen.<br />

Davon profitieren alle<br />

Mitarbeiter.<br />

„Wir wollten ein Unternehmen,<br />

das nach eigenen Kriterien<br />

tickt. Mit partnerschaftlichen<br />

Prinzipien“, sagt Glaubauf. Weil<br />

Enmore vom Wissen und der<br />

Kreativität seiner Angestellten<br />

lebt, können nur Mitarbeiter Aktien<br />

der Firma erwerben. So kommen<br />

zu den Fixgehältern mögliche<br />

Kursgewinne, Dividenden<br />

und zusätzliche variable Vergütungen.<br />

So mancher Kollege verdient<br />

deshalb mehr als der Chef,<br />

den er –indirekt via Aufsichtsrat<br />

–selbst wählen kann.<br />

Entscheidenden Einfluss auf<br />

die Aktiengesellschaft hat er des-<br />

Die beiden Vorstände<br />

Heinz-Jürgen Glaubauf (59, links) ist<br />

seit 42 Jahren in der Energiewirtschaft<br />

tätig. Zunächst arbeitete der<br />

Industriekaufmann bei Energieversorgern<br />

wie den Stadtwerken Wiesbaden<br />

und Bad Kreuznach oder dem<br />

GGEW in Bensheim, später wechselte<br />

er zu verschiedenen Beratungsunternehmen<br />

in Mannheim. 2000 gehörte<br />

er zu den neun Gründern von<br />

Enmore, seit 2001 ist er Vorstandsmitglied.<br />

Den Generationenwechsel verkörpert<br />

Marcus Hartmann (40, rechts),<br />

seit 1. Januar gleichberechtigter Vorstand.<br />

Der Diplom-Betriebswirt war<br />

zuvor Projektmanager und Abteilungsleiter<br />

des Energieriesen E.ON in<br />

Würzburg und Berlin sowie Unternehmensberater<br />

in Mannheim. Beide<br />

Geschäftsführer sind verheiratet.<br />

[Personen]<br />

Tickennach<br />

eigenen<br />

Kriterien<br />

Enmore AG–<br />

Der Griesheimer IT-Dienstleister<br />

gehört zu 100Prozent<br />

seinen Angestellten –<br />

Energiebranche<br />

hält die Geschäfte<br />

unter Strom<br />

halb trotzdem nicht. Maximal 7,5<br />

Prozent der Anteilsscheine darf<br />

eine Einzelperson halten. So viele<br />

haben aber derzeit nur zwei Mitarbeiter<br />

und ein ehemaliger Vorstand.<br />

Keine Gruppe hat so viele<br />

Stimmrechte, dass sie die Sperrminorität<br />

erreicht. Werdas Unternehmen<br />

verlässt, muss seine<br />

Stammaktien verkaufen – oder<br />

kann sie in Vorzugsaktien umwandeln.<br />

Wenn Marcus Hartmann (40)<br />

aus dem Panoramafenster seines<br />

Büros schaut, hoch oben im fünften<br />

Stock des Leuschnerparks,<br />

rauschen unter ihm die Pkw über<br />

die Autobahn 67 vorbei. „Die Zeit<br />

ist schnelllebig“, sagt er. Seit 1.<br />

Januar ist der Familienvater zwei-<br />

FOTO: KLAUS THOMAS HECK<br />

ter Vorstand von Enmore. Griesheim<br />

statt Mannheim oder Berlin.<br />

Das besondere Geschäftsmodell<br />

habe ihn gereizt.<br />

Jetzt sitzt er in seinem Büro<br />

und ist fast alleine. Alle Mitarbeiter<br />

sind unterwegs. „Wäre es anders,<br />

würden wir etwas falsch machen.“<br />

Die 103 Angestellten haben<br />

keine Präsenzpflicht. „Ihr<br />

Wohnort ist ihr Dienstsitz“, sagt<br />

Hartmann.<br />

2010 könnte das erste Jahr<br />

werden, in dem der Bilanzgewinn<br />

sinkt. Mit 454 000 Euro<br />

rechnet der Vorstand. Zwar verspricht<br />

die Energiesektor noch<br />

immer gute Geschäfte. Doch die<br />

Wirtschaftskrise hat Spuren hinterlassen.<br />

Der Konkurrenzkampf<br />

nimmt zu. Immer öfter versuchen<br />

branchenfremde Berater ihr<br />

Glück auf dem Markt. Die Margen<br />

sinken.<br />

Maßgeschneiderte<br />

Lösungen<br />

Mehr als 40 Kunden hat Enmore<br />

zurzeit, von den Stadtwerken<br />

Schifferstadt bis zur Gasversorgung<br />

Main-Kinzig. Mit den großen<br />

Vier der Energiebranche<br />

(RWE, E.ON, Vattenfall und<br />

EnBW) wurden Rahmenverträge<br />

geschlossen. Enmore schneidert<br />

ihnen eine meist SAP-basierte<br />

Software auf den Leib, etwa zur<br />

Kunden- oder Lieferantendatenerfassung,<br />

zur Abrechnung, der<br />

Formularerstellung, zur Kommunikation<br />

mit Netzbetreibern und<br />

Bundesnetzagentur oder der<br />

Zählerablesung – etwa bei den<br />

modernen intelligenten Stromzählern.<br />

„Wir stehen vor einem Quantensprung<br />

der Messtechnik“, sagt<br />

Glaubauf. „Die Entwicklung wird<br />

zu vielen neuen Produkten führen.“<br />

Und jedes verspricht Enmore<br />

neue Geschäfte. Stromeinkauf,<br />

Fakturierung, Geräteverwaltung,<br />

Debitoring –all das muss immer<br />

wieder neu organisiert werden.<br />

Hinzu kommt eine Strategie- und<br />

Prozessberatung, die langfristig<br />

ausgebaut werden soll. Enmore,<br />

so scheint es,wirdauch weiterhin<br />

unter Strom stehen.<br />

FOTO: DPA

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