Die Verantwortung aber bleibt - GEW
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Dagmar Denzin<br />
Spurensuche<br />
Abriss einer Unterrichtseinheit zum Thema Exil-Lyrik<br />
Beitrag für das Seminar 1994, Auszüge<br />
<strong>Die</strong>ser Abriss soll einen Überblick und einen Einblick<br />
in die Unterrichtsarbeit zum Thema Holocaust im<br />
Fach Deutsch geben und er soll eine Anregung sein,<br />
in dieser Richtung selbst zu arbeiten. Ein Ergebnis<br />
möchte ich vorwegnehmen: <strong>Die</strong> Schüler waren hochmotiviert<br />
und haben mit großem Interesse gearbeitet.<br />
Sie sind zu überraschend differenzierten Ergebnissen<br />
gekommen.<br />
● Fragebogen zum Thema „nationale Identität“<br />
● Interpretation folgender Gedichte:<br />
Else Lasker-Schüler, Über glitzernden Kies<br />
Hilde Domin, Herbstzeitlosen<br />
Nelly Sachs, Welt, frage nicht die Todentrissenen<br />
● Auswertung der Ergebnisse und Vorstellung der<br />
Lebensläufe der Autorinnen in Referaten<br />
● Klausur: Bertolt Brecht, Über die Bezeichnung<br />
Emigranten<br />
● Referat: <strong>Die</strong> Judenverfolgung im Nationalsozialismus<br />
● Abschlussdiskussion auf der Grundlage der Unterrichtsergebnisse<br />
und der eigenen Ausführungen<br />
auf dem Fragebogen<br />
Vorbereitung<br />
Fragebogen zur nationalen Identität:<br />
Ohne den Schülern eine ausführliche Begründung zu<br />
geben, ließ ich sie zunächst den Fragebogen ausfüllen.<br />
Da ich alle Schüler seit einem Jahr kannte, rechnete<br />
ich nicht mit den Problemen, die dann auftraten<br />
und war sehr überrascht. Denn einige Schüler weigerten<br />
sich zunächst mit der Begründung, der Fragebogen<br />
sei „blöd“, „eine Frechheit“, „ein Eingriff in die<br />
Privatsphäre“, „unverschämt“. Was sie über sich dächten,<br />
ginge weder mich noch die Mitschüler etwas an.<br />
Erst meine Versicherung, alles geschähe anonym und<br />
diene nur einer gemeinsamen Diskussion, überzeugte<br />
dann alle, ihn zu bearbeiten. <strong>Die</strong> abschließende Diskussion,<br />
vor dem Hintergrund der Lebensdaten der<br />
behandelten Autoren, über nationale Identität (für<br />
die dieser Fragebogen die Grundlage sein sollte), war<br />
dann sehr engagiert und heftig und machte deutlich,<br />
dass für viele Jugendliche der dritten Generation nach<br />
dem Nationalsozialismus keineswegs eine selbstverständliche<br />
Identität als Deutscher möglich oder wünschenswert<br />
ist. <strong>Die</strong> einen haben Angst davor, ihre<br />
durchaus vorhandene Sehnsucht nach einer bruchlosen<br />
nationalen Identität zu äußern, um nicht als<br />
rechts abgestempelt zu werden, die anderen können<br />
sich nur im größeren europäischen Zusammenhang<br />
als Deutsche fühlen.<br />
<strong>Die</strong> Klasse bestand nicht nur aus deutschen, sondern<br />
hatte auch türkische, kurdische und französische<br />
Schülerinnen und Schüler. Für sie war, obwohl sie<br />
zwischen zwei Kulturen aufgewachsen waren, die<br />
Identifikation mit ihrer Herkunftsnationalität kein<br />
Problem.<br />
Unterrichtseinheit<br />
„Spurensuche“ – Fragebogenauswertung<br />
(Es folgt eine Sammlung von Schüleräußerungen zu den<br />
Fragen:<br />
● Was ist für Dich Heimat?<br />
● Was bedeutet Deine Muttersprache für Dich?<br />
● Was bedeutet für Dich Deutschsein?<br />
● Was verbindest Du mit deutscher Kultur?)<br />
Spurensuche<br />
<strong>Die</strong> vorliegenden Gedichte haben alle autobiografische<br />
und allgemein historische Bezüge. Analysieren<br />
und interpretieren Sie die Gedichte! Arbeiten Sie die<br />
Spuren eines persönlichen Schicksals und des historischen<br />
Hintergrundes heraus. Fassen Sie Ihre Ergebnisse<br />
als Stichpunktprotokoll zusammen. Formulieren<br />
Sie Fragen, die zur Klärung der Schicksale offen<br />
bleiben.<br />
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Yad Vashem,<br />
Tal der Gemeinden