Die Verantwortung aber bleibt - GEW
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Monika Reß-Stadje<br />
Fremdenfeindlichkeit in Deutschland<br />
Unterrichtsbeispiel zum Abbau von Vorurteilen<br />
Bericht über Unterricht und Schülerinterviews, 17. Seminar, 1992<br />
Ausländerfeindlichkeit ist ein Hauptthema in der innenpolitischen<br />
Diskussion in Deutschland, vor allem<br />
wegen der Ausschreitungen gegen Asylbewerberheime.<br />
Da das Thema „Rassismus“ ein Bestandteil des<br />
Curriculums, der Richtlinien, an unserer Schule ist,<br />
habe ich das Thema „Zuwanderung und Ausländer in<br />
Deutschland“ in meinen Klassen behandelt, in einem<br />
Zeitrahmen von 10 bis 16 Stunden. <strong>Die</strong> Schüler sind<br />
zwischen 17 und 22 Jahre alt.<br />
In diesem Jahr hat sich wiederholt, was im letzten Jahr<br />
in Hoyerswerda in einem bisher unbekannten Ausmaß<br />
begonnen hat: organisierte Gewaltanschläge<br />
rechtsextremistischer Kleingruppen vor allem gegen<br />
Asylbewerber, im Osten häufig begleitet von Beifall<br />
eines Teils der Bevölkerung. Dagegen wirken die in<br />
vielen, vor allem westdeutschen Städten stattfindenden<br />
Demonstrationen gegen Ausländerfeindlichkeit<br />
von Schülern und verschiedenen Organisationen eher<br />
hilflos.<br />
Der Rassismus in Deutschland nimmt eine Vielfalt<br />
von Formen an: unreflektierte spontane Feindseligkeit<br />
und Diskriminierung, organisierte neonazistische<br />
Kampagnen und Versuche, die rassistische Politik<br />
„wissenschaftlich“ zu legitimieren (Stichworte: Überfremdung<br />
der deutschen Kultur, Notwendigkeit des<br />
nationalen Separatismus). Ein wiedererstarkender<br />
Nationalismus, der Umgang mit einheimischen Minderheiten<br />
und die Erfahrungen mit der Arbeitsmigration<br />
sind ausschlaggebend für die Ausprägung des<br />
Rassismus hierzulande. <strong>Die</strong> Eskalation der Gewalt in<br />
den letzten beiden Jahren ist außerdem vor dem folgenden<br />
Hintergrund zu sehen:<br />
● <strong>Die</strong> Vereinigung der beiden deutschen Staaten<br />
brachte eine Vielzahl von Problemen, vor allem<br />
wirtschaftlicher Art. <strong>Die</strong> Unsicherheit im Osten<br />
als Folge des ideologischen und ökonomischen<br />
Zusammenbruchs ist groß. <strong>Die</strong> Enttäuschung<br />
überzogener Erwartungen, auch hervorgerufen<br />
durch die Politiker, liefert einen Nährboden für<br />
Sozialneid, Haß und Gewalt, der sich gegen die<br />
schwächste Gruppe in unserem Staat wendet: die<br />
Ausländer. Der „Nachholbedarf“ im Osten, Geld,<br />
Kaufen, Anschaffen, hohes Einkommen kann so<br />
schnell nicht befriedigt werden. <strong>Die</strong> extreme<br />
Rechte, deren wichtigster Grundpfeiler der Fremdenhaß<br />
ist, profitiert von dieser Stimmungslage<br />
der Nation.<br />
● <strong>Die</strong> Zuwanderung in die Bundesrepublik hat in<br />
den letzten Jahren sehr stark zugenommen. So<br />
sind in diesem Jahr bereits über 300.000 Asylbewerber<br />
eingetroffen. In dieser Zahl sind die<br />
Flüchtlinge aus dem ehemaligen Jugoslawien<br />
(140.000) und die Aussiedler aus Osteuropa<br />
(150.000) noch nicht enthalten. Auch im europäischen<br />
Vergleich ist Deutschland, was die Zuwanderungsrate<br />
angeht, Spitzenreiter.<br />
<strong>Die</strong> Gruppen der Zuwanderer lassen sich folgendermaßen<br />
unterscheiden:<br />
(Es folgt eine Beschreibung der Kategorien: 1. <strong>Die</strong> Aussiedler,<br />
2. Kontingentflüchtlinge, 3. Ausländische Arbeitnehmer,<br />
4. Asylbewerber)<br />
Lösungsvorschläge der politischen Kräfte in<br />
Deutschland<br />
Darüber, dass der Ausbruch an Hass und Gewalt<br />
gegen Fremde in Deutschland gestoppt werden muß,<br />
sind sich alle einig. Der Druck aus dem Ausland, die<br />
ökonomischen Interessen der deutschen Industrie veranlassen<br />
alle Parteien zum Nachdenken. Konsensfähige<br />
Beschlußvorlagen gibt es bis jetzt jedoch keine,<br />
obwohl viele Vorschläge diskutiert werden. Dabei reduziert<br />
sich die Debatte auf eine kontrollierte Begrenzung<br />
der Zuwanderung, weil man hier das<br />
Hauptproblem vermutet. (Im Ezinzelnen werden dann<br />
die damaligen Positionen der im Bundestag vertretenen Parteien<br />
skizziert).<br />
Der Unterrichtsverlauf<br />
Mit dem Unterricht wurden folgende Ziele angestrebt:<br />
fremdenfeindliche Vorurteile bei sich und anderen<br />
zu hinterfragen – die Ursachen der<br />
Zuwanderung und pauschale Schuldzuweisungen als<br />
unzureichende Erklärungsmuster zu erkennen – Lösungsvorschläge<br />
differenziert zu beurteilen.<br />
Um den Schülern ihre eigenen Einstellungen in<br />
bezug auf Fremde in der Gesellschaft deutlich zu machen,<br />
habe ich zu Beginn der Unterrichtseinheit einen<br />
Fragebogen ausfüllen lassen, in dem gängige, stereo-<br />
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