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Die Verantwortung aber bleibt - GEW

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Eckhard Rieke<br />

Arbeiten auf dem jüdischen Friedhof in Breslau/Wroclaw<br />

Ein deutsch-polnisches Schülerprojekt entwickelt sich<br />

Aktualisierter Bericht (2007) von Beiträgen auf den Seminaren 1992 und 1994<br />

Kurze Beschreibung des Projektes<br />

Lehrer und Schüler der Thomas-Mann-Gesamtoberschule<br />

aus Berlin-Reinickendorf und der ASSA-<br />

Schule aus Wroclaw/Breslau arbeiten eine Woche<br />

lang im September gemeinsam auf dem jüdischen<br />

Friedhof. Sie jäten Unkraut, entfernen junge Bäume,<br />

suchen zerstörte Grabplatten zusammen, richten<br />

Steine wieder auf. Sie arbeiten jeden Tag bis mittags,<br />

nachmittags erkunden sie die Stadt. Beide Schülergruppen<br />

wohnen, schlafen und essen gemeinsam in<br />

derselben Unterkunft. Das Projekt entstand in der<br />

Thomas-Mann-Oberschule. <strong>Die</strong> Teilnehmer sind<br />

Oberstufenschüler. Zu dem Projekt gehörte von Anfang<br />

an auch der Gegenbesuch der polnischen<br />

Gruppe in Berlin, ca. zwei Monate später. Lehrer und<br />

Schüler wohnen dann bei den deutschen Teilnehmern,<br />

nehmen am Schulunterricht teil und erkunden<br />

Berlin. Der Gegenbesuch dauert vier Tage. In diesem<br />

Jahr fand das Projekt für die deutschen Schüler zum<br />

14. Mal, für die polnischen Schüler zum 11. Mal statt.<br />

Es nahmen, ähnlich wie in den Vorjahren, ca. 20 deutsche<br />

Schüler mit ihren 4 Lehrern und ca. 8 polnische<br />

Schüler mit ihren 2 Lehrern teil. Das Projekt wird<br />

durch das DPJW (Deutsch-Polnisches Jugendwerk) gefördert.<br />

<strong>Die</strong> deutsche Seite wird durch den Bezirk von<br />

Berlin-Reinickendorf unterstützt und gelegentlich<br />

durch Stiftungen ( z.B. durch die jüdische Harold Bob<br />

Stiftung oder das Bildungs- und Förderungswerk der<br />

<strong>GEW</strong> ). Den weitaus größten Teil der Kosten bringen<br />

die deutschen Schüler und Lehrer selbst auf.<br />

Der Kern des Projektes besteht aus der Arbeit auf dem<br />

Friedhof, daneben gibt es <strong>aber</strong> noch andere Zielsetzungen:<br />

die deutsch-polnische Begegnung, die Auseinandersetzung<br />

mit der deutschen Geschichte, die<br />

Auseinandersetzung mit der Geschichte der Juden in<br />

Deutschland und ein anderer Umgang zwischen Lehrern<br />

und Schülern als in der Schule.<br />

Von Anfang an haben die Lehrer auf Motivation<br />

durch die als sinnvoll empfundene Arbeit und durch<br />

die Begegnung mit dem Fremden gesetzt, unter bewusstem<br />

Verzicht auf kognitive Vorbereitungen vor<br />

der Reise und während der Reise. <strong>Die</strong> Arbeit und die<br />

fremde Umgebung sprechen für sich. Und sie sprechen<br />

deutlicher als vieles, was wir sonst in der Schule<br />

machen. <strong>Die</strong> Arbeit ist hart und ungewohnt und<br />

überhaupt nicht verhandelbar. Sie muss für den Friedhof<br />

gemacht werden. Dafür gibt es nach der Arbeit<br />

sehr viel mehr Freiheit, als Schüler üblicherweise<br />

sonst erhalten. Sie nutzen sie eigentlich immer sehr<br />

verantwortungsvoll.<br />

Ziele des Projektes<br />

Ein wesentliches Ziel des Projektes ist es, junge Menschen<br />

aus unseren Nachbarländern miteinander bekannt<br />

zu machen. Polen und Deutsche haben eine<br />

lange und in den letzten Jahrhunderten unglückliche<br />

gemeinsame Geschichte. Auf beiden Seiten gibt es<br />

starke Vorurteile gegenüber dem anderen und die<br />

Kontakte sind nach wie vor eher gering.<br />

Ist die Förderung normaler nachbarschaftlicher Beziehungen<br />

schon ein eigener Wert, so ist seit dem Beitritt<br />

Polens zur EU ein freundschaftlicher Kontakt<br />

gerade der jungen Menschen ein absolutes Muss. <strong>Die</strong><br />

Jugend muss das gemeinsame Europa gestalten, sie<br />

muss der Träger europäischen Bewusstseins und der<br />

Motor der Integration sein. Für eine Begegnung bieten<br />

sich die beiden Städte Breslau und Berlin schon<br />

wegen ihrer historischen Beziehungen an. Breslau<br />

<strong>aber</strong>, als ehemalige polnische, böhmische, österreichische,<br />

preußische, deutsche und wieder polnische<br />

Stadt drängt sich wegen seiner multinationalen Vergangenheit<br />

geradezu auf. Zu Recht nennt der Historiker<br />

Norman Davies sie „<strong>Die</strong> Blume Europas“. Der<br />

Einblick in die Sprache des Nachbarn wird ebenfalls<br />

versucht. <strong>Die</strong> polnischen Projektteilnehmer lernen<br />

fast alle Deutsch in ihrer Schule, die deutschen Schüler<br />

versuchen während der Arbeit und Freizeit in die<br />

sehr fremde, andere Sprache einzudringen. Ganz ne-<br />

75<br />

5<br />

Jüdischer Friedhof<br />

in Breslau

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