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Die Verantwortung aber bleibt - GEW

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6<br />

Hanah Segal<br />

Über den Umgang mit Stereotypen<br />

Praktische Beispiele für Unterricht und Fortbildung<br />

Skizzen und Übungen zum 17. Seminar, 1990<br />

Begriff und Definition<br />

Der Ursprung des Begriffes „Stereotyp“ ist das Druckfach:<br />

Stereo = fest, starr. Typ = Gepräge. Das Gepräge<br />

eines Schriftzeichens für den Drucker, ähnlich dem<br />

Gepräge des Schriftzeichens auf der Taste einer<br />

Schreibmaschine. Stereotyp nannte man die Metallplatte<br />

mit den hervorstehenden Buchstaben, mit welchen<br />

man viele identische Buch- oder Zeitungsseiten<br />

gedruckt hat.<br />

Heute ist der Begriff „Stereotyp“ Menschen gegenüber<br />

in Gebrauch. Eine stereotypische Einstellung<br />

oder Auffassung bezieht sich auf Menschen, welche<br />

zu einer gewissen Gruppe gehören; als ob alle so identisch<br />

in ihren Eigenschaften wären wie die Zeitungsbogen<br />

aus der Druckmaschine.<br />

<strong>Die</strong> stereotypische Einstellung bezieht sich im allgemeinen<br />

auf eine Sozial- oder Nationalgruppe. <strong>Die</strong>s ist<br />

Ausdruck eines fast unvermeidlichen und sogar wichtigen<br />

Bedürfnisses des Menschen. Sie hilft dem Menschen,<br />

die gewaltige Mannigfaltigkeit der Objekte in<br />

Gruppen zu klassifizieren, und sie erspart ihm auf<br />

diese Art Energie und Zeit. <strong>Die</strong> stereotypische Einstellung<br />

nützt auch der Fundierung der Gruppen-<br />

Identität: Sie ist die gemeinsame Einstellung aller<br />

oder der meisten Gruppenmitglieder. <strong>Die</strong> stereotypische<br />

Einstellung ermöglicht dem Menschen, sein Ego<br />

zu verteidigen und verschafft ihm manchmal den legitimen<br />

Ausweg zu Hassgefühlen, welche er anderen<br />

Gruppen gegenüber hegt. <strong>Die</strong> stereotypische Einstellung<br />

kann <strong>aber</strong> auch zu einer Ignorierung der einzigartigen<br />

Beschaffenheit des Einzelnen führen. Sie kann<br />

die Empfänglichkeit Andersartigem gegenüber verstellen<br />

und zu einem Toleranzmangel oder sogar zu<br />

einer Ablehnung anderen Gruppen gegenüber führen.<br />

In diesen Fällen schreibt man Einzelnen Eigenschaften<br />

zu, welche sie überhaupt nicht besitzen. Im<br />

Rahmen der stereotypischen Einstellung (die sich auf<br />

gewisse Tatsachen stützt), bekommen Vorurteile<br />

manchmal Legitimierung. <strong>Die</strong> Definition des Stereotyps:<br />

Unsere Tendenz, von vornherein und beharrlich,<br />

einer Sozial- oder Nationalgruppe gegenüber zu<br />

reagieren, indem wir den einzelnen Mitgliedern dieser<br />

Gruppe Eigenschaften beimessen, welche sie überhaupt<br />

nicht besitzen. Worin besteht die Gefahr von<br />

Stereotypen? Wie schon dargestellt, kann die stereotypische<br />

Einstellung zur Ignorierung der einzigarti-<br />

84<br />

gen Beschaffenheit des Einzelnen führen und die Ablehnung<br />

von Gruppen und Minderheiten hervorrufen.<br />

Antisemitische Stereotypen<br />

Ohne Zweifel wurden die Juden während Generationen,<br />

und besonders während des 20. Jahrhunderts,<br />

von Judenhass betroffen, der fortwährend anwuchs<br />

und von Stereotypen gehegt wurde. Im 20. Jahrhundert<br />

entfalteten sich antisemitische Stereotypen, in<br />

Redewendungen und Illustrationen, die mit ideologischer<br />

Deckung der politischen Aggression Ausdruck<br />

gaben und als Ansporn zur Judenvernichtung im Holocaust<br />

dienten.<br />

Umgang mit Stereotypen<br />

<strong>Die</strong> Änderung und Beseitigung von stereotypischen<br />

Einstellungen ist alles andere als einfach. Wir müssen<br />

davon ausgehen, dass Stereotypen existieren und die<br />

menschliche Tendenz zur Verallgemeinerung in der<br />

Tat besteht. Deshalb muss zuallererst die Fähigkeit gefördert<br />

werden, zwischen Stereotypen und Tatsachen<br />

zu unterscheiden. <strong>Die</strong> Bereitschaft, stereotype Einstellungen<br />

aufzugeben, muss mit Hilfe der Begegnung<br />

mit dem Anderem und dessen realistischer<br />

Wahrnehmung, unterstützt werden.<br />

Im folgenden stelle ich ein paar Herangehensweisen<br />

vor, in denen in Einzelarbeit und in Gruppenarbeit<br />

Stereotype und Vorurteile bearbeitet und abgearbeitet<br />

werden können.<br />

Arbeitsaufgabe 1<br />

Sie haben vor sich 10 Briefumschläge. Auf jedem<br />

Briefumschlag steht eine Überschrift (d.h. ein Begriff<br />

wie „Mann“/“türkisch“ etc.)<br />

Jeder Teilnehmer wird gebeten, mindestens einen Zettel<br />

in jeden Briefumschlag zu legen und auf ihm die<br />

Assoziation, die ihm einfällt (oder welche seiner Ansicht<br />

nach den Anderen einfällt) und die mit der<br />

Überschrift verbunden ist, zu notieren.

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