Schriftleitung - Wandervogelhof Reinstorf
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mit körperlicher Betätigung abgegeben, denn nie ist solch ein Tag verlebt<br />
worden; es beruht auf der überaus gut ausgebildeten Phantasie Pöxens:<br />
Ein Tag im Uelzener Landheim. Langsam weicht die linde Sommernacht dem<br />
ersten Grauen des jungen Tages. Still, wie im tiefen Schlaf, liegt noch das<br />
Dorf, aber durch die Kronen der hohen Eichen und Buchen geht schon ein<br />
Raunen und Rauschen, als erwachten sie aus tiefem Schlaf. Und wie von<br />
dem Rauschen geweckt ertönt erst leise und verschlafen der kurze Ruf einer<br />
Vogelstimme, dann antwortet ein zweites Vöglein.<br />
Da ist’s, als hätten all’ die anderen nur auf dies Zeichen gewartet, denn von<br />
allen Seiten lassen sie nun erst vereinzelt, dann immer voller und lauter, ihre<br />
Stimmen erschallen, und bald hallt Wiese, Feld und Wald wieder von tausenderlei<br />
Klängen und Weisen. Unter den hohen Eichen, in der alten Kate beginnt<br />
jetzt ein fröhliches Treiben. Rauchwolken fliehen durch die offene Küchentür<br />
hinaus und steigen dann zum<br />
Himmel empor. Drinnen auf der<br />
Herdstelle prasselt ein lustiges<br />
Feuer, und die Flammen schlagen<br />
um den rauchgeschwärzten<br />
Kessel.<br />
Jochen hat alle Hände voll zu<br />
tun, um alles in Ordnung zu<br />
bringen, denn oben auf dem<br />
Boden liegen 20 hungrige Jungen.<br />
Vom nahen Bauernhaus<br />
holt er Milch, und als er wieder<br />
zurückkehrt, da springen schon<br />
die Kleinsten auf der Diele umher,<br />
um nach dem Kakao zu se-<br />
Landheim Nettelkamp, 1911<br />
hen. Nach und nach kriechen alle aus dem Heu, und als die Uhr vom nahen<br />
Kirchturm die sechste Stunde ankündigt, da herrscht schon überall ein munteres<br />
Treiben.<br />
Der Eimer im Soot geht auf und nieder, und die große Wäsche beginnt. Im<br />
sauberen Wohnzimmer setzen sich alle um den großen Tisch, jeder nimmt<br />
eine Tasse vom Gesims und läßt es sich gut schmecken. Dann beginnt ein<br />
fröhliches Arbeiten. Da werden die Fenster mit Blumen geschmückt, da wird<br />
die Diele in Ordnung gebracht, und drinnen in der Stube sitzt Baas und flickt<br />
das alte Spinnrad. Draußen über dem Scheunentor wird eine Eule angebracht,<br />
damit sie alles Niedrige und Häßliche vom Hause fernhält. Der alte<br />
geschnitzte Spruch über der Haustür: „Do du dat din, Gott deit dat sien“ wird<br />
mit hübschen Farben wieder aufgefrischt. So ist alles in bester Ordnung, und<br />
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