Barock Renaissance - Germanisches Nationalmuseum
Barock Renaissance - Germanisches Nationalmuseum
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acher Majolika Nerbel &Co. KG«. Bis<br />
2000 wurde er von einem Südtiroler Unternehmer<br />
als »Mosbach Keramik GmbH«<br />
zur Herstellung moderner Kachelöfen und<br />
Kamine weitergeführt. Neben den ins Germanische<br />
<strong>Nationalmuseum</strong> geholten Beständen<br />
des alten Formenlagers gelangten<br />
zahlreiche Objekte ins Stadtmuseum<br />
von Mosbach sowie in Privatbesitz.<br />
Lit.: Claus Pese: Das Nürnberger Kunsthandwerk<br />
des Jugendstils. Nürnberg 1980, S. 151–157.<br />
–René Simmermacher: Ofenfabrik Nerbel –<br />
Mosbacher Majolika 1872–1985. In: Bedeutende<br />
Porzellane und Keramiken. Auktionskat.<br />
Antiquitäten Metz Heidelberg, 24. März 2001.<br />
Heidelberg 2001, S. 209–210. –Volker<br />
Rößner: Der Prunkkachelofen der Firma Hausleiter<br />
im Rathaussaal von Bad Königshofen. In:<br />
Heimat-Jahrbuch des Landkreises Rhön-Grabfeld,<br />
2007, S. 392–411. –Frank Matthias<br />
Kammel: 16 keramische Produkte der Vereinigten<br />
Ofenfabriken Nerbel &Hausleiter GmbH,<br />
Mosbach. In: Anzeiger des Germanischen<br />
<strong>Nationalmuseum</strong>s, 2010, S. 262–267.<br />
a. Ofenkachelform mit der Himmelfahrt<br />
Christi<br />
Inv.Nr. A3953 (Abb. 52). Ofenfabrik Friedrich<br />
Nerbel, Mosbach, letztes Drittel 19. Jahrhundert.<br />
Auf oberer Schmalseite Einritzung »1«. Gips, gegossen.<br />
Zahlreiche Ausbrüche an den Oberkanten,<br />
obere rechte Ecke abgebrochen und wieder<br />
angesetzt. H. 73,5 cm, B. 56,5 cm, T. 10,0 cm.<br />
Abb. 52 Ofenkachelform mit der Himmelfahrt<br />
Christi, Mosbach, letztes Drittel 19. Jh.<br />
Die Form diente zur Herstellung einer<br />
Bildkachel, die die biblische Szene in<br />
einer mit Karyatiden, Maskarons und<br />
Engeln plastisch geschmückten Rundbogenrahmung<br />
abbildet. Es handelt sich um<br />
eine Kopie eines Anfang des 17. Jahrhunderts<br />
von Georg Vest (1586–1638) für<br />
die Nürnberger Ofenwerkstatt Leupold<br />
bossierten Elements, das zu einer Reihe<br />
von Passionskacheln gehörte. Ein Ofen<br />
mit solchen Bildkacheln ist zwar aus der<br />
Spätrenaissance nicht überliefert, doch<br />
werden Einzelkacheln in mehreren Museen<br />
und Sammlungen aufbewahrt. Im<br />
vorletzten Jahrhundert dürften jedoch<br />
noch intakte Heizkörper existiert haben,<br />
die als Vorbilder dienen konnten. Neben<br />
Nerbel fertigten nämlich auch andere<br />
Firmen entsprechende Nachbildungen<br />
an. Das Museum für Angewandte Kunst in<br />
Wien zum Beispiel besitzt die Kopie eines<br />
Ofens, der im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts<br />
in der 1861 gegründeten Nürnberger<br />
Firma C. W. Fleischmann entstand<br />
und im Musterbuch des Unternehmens<br />
abgebildet ist.<br />
b. Form mit der Personifikation Asiens<br />
Inv.Nr. A3943 (Abb. 53). Ofenfabrik Friedrich<br />
Nerbel, Mosbach, letztes Drittel 19. Jahrhundert.<br />
Gips, gegossen. Sichtbare Gussnaht in<br />
Höhe des Halses der Figur, geringfügige Beschädigungen<br />
an den Kanten. H. 66,0 cm,<br />
B. 32,0 cm, T. 8,8 cm.<br />
Das Model für den figürlich gestalteten<br />
Spiegel einer großformatigen Bildkachel<br />
zeigt die mit einem Turban gekrönte und<br />
dem Schriftzug »ASIA.« ausgewiesene<br />
Personifikation des Kontinents Asien. Vermutlich<br />
wurde sie nach einer von Georg<br />
Vest (1586–1638) entworfenen Kachel<br />
aus dem ersten Viertel des 17. Jahrhunderts<br />
hergestellt. Unglasierte Exemplare<br />
der Kacheln mit Erdteilallegorien des<br />
Nürnberger Bossierers waren bis zum<br />
Zweiten Weltkrieg im Berliner Kunstgewerbemuseum<br />
erhalten, glasierte Stücke<br />
in einem ebenfalls verlorenen Ofen auf<br />
der Nürnberger Kaiserburg verbaut. Weitere<br />
zu unserem Model gehörige Gipsformen<br />
der »AMERICA« und der »AFRICA«<br />
befinden sich im Stadtmuseum Mosbach.<br />
Die Beziehung zu Nürnberger Kacheln<br />
der frühenNeuzeit legt nahe, dass die Formen<br />
erst 1909 aus dem Hausleiter’schen<br />
Bestand in die Mosbacher Fabrik gelang-<br />
259<br />
Abb. 53<br />
Form mit der<br />
Personifikation<br />
Asiens,<br />
Mosbach,<br />
letztes Drittel<br />
19. Jh.<br />
ten oder aber entsprechende Kopien<br />
sind.<br />
c. Ofenkachelform mit dem Bildnis Kaiser<br />
Ferdinands III.<br />
Inv.Nr. A3951 (Abb. 54). Ofenfabrik Friedrich<br />
Nerbel, Mosbach, letztes Drittel 19. Jahrhundert.<br />
Gips, gegossen. Beschädigung an der rechten<br />
Rahmenkante, auf der linken Schmalseite<br />
plastische und auf der oberen Schmalseite<br />
schwarze Stempelung »22«. H. 69,0 cm,<br />
B. 50,0 cm, T. 13,0 cm.<br />
Die mit vier Stückformen ausgestattete<br />
Mantelform diente der Herstellung einer<br />
großformatigen Bildkachel mit dem inschriftlich<br />
bezeichneten Bildnis Kaiser Ferdinands<br />
III. (1608–1657) im strengen Profil,<br />
das einem ovalen, von Ornamentwerk<br />
umgebenen Spiegel eingefügt ist. Das von<br />
einem Lorbeerkranz gekrönte Haupt orientiert<br />
sich wohl an einem Münzbildnis des<br />
Potentaten. Möglicherweise wurde das<br />
von den Ausformungen des Mosbacher<br />
Models kopierte Original vom Nürnberger<br />
Bossierer Georg Vest (1586–1638) geschaffen.<br />
Anzunehmen ist, dass es zu einer<br />
Reihe von Darstellungen frühneuzeitlicher<br />
Kaiser gehörte. Auf jeden Fall entspricht<br />
die mittels des Models zu produzierende<br />
Bildkachel in Form und Größe jenen 1626<br />
entstandenen Porträts Leopold I. und Maximilian<br />
II. am sogenannten Kaiserofen auf<br />
der Nürnberger Burg. Reflektierte die Mosbacher<br />
Form tatsächlich ein historisches