ÜSERS DORF BROGGE
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Alter Bahnhof Bruggen<br />
Ergänzungen zum Heft Dezember 2000<br />
Der Aufruf hatte Erfolg: Es meldeten<br />
sich frühere Bewohner der Liegenschaft<br />
Lehnstrasse 80 (Bild rechts),<br />
Leser M. S. aus dem Toggenburg (bis<br />
1958) und H. U. aus dem Thurgau<br />
(nach 1958 dort wohnhaft). Lange<br />
war in diesem Gebäude - ursprünglich<br />
von zwei Familien bewohnt -<br />
nicht einmal ein Telefonanschluss<br />
vorhanden. Das zwischen den Stationen<br />
Bruggen und Winkeln erstellte<br />
Streckentelefon der SBB mit seinen<br />
Rufzeichen aus dem Morsealphabeth<br />
(–··· bzw. ····) musste genügen;<br />
die Sprechmuschel war fest in<br />
die Wand geschraubt. Die Herstellung<br />
einer dienstlich benötigten Verbindung<br />
war kompliziert und verlangte<br />
Mithilfe auf den Bahnhöfen<br />
Bruggen und St.Gallen (Zentrale). Hin<br />
und wieder war das Personal - auch<br />
etwa von zwangsläufig anhaltenden<br />
Zügen - doch froh über diese Möglichkeit<br />
zur Kontaktaufnahme.<br />
Leser W.W aus dem Osten der Stadt<br />
berichtet, dass nach Mitteilung seines<br />
Vaters (Jahrgang 1890) das erste<br />
Stationsgebäude demontiert und<br />
Stück für Stück an neuer Stelle wieder<br />
aufgebaut wurde, und zwar an<br />
der Ecke Fürstenland-/Haggenstrasse<br />
(heutige Straubenzellstrasse). Das<br />
Haus war Stammsitz der Baufirma<br />
Corazza, welche dort auch ihren Lagerplatz<br />
hatte. Das Gebäude besteht<br />
heute nicht mehr; an dessen Stelle<br />
befinden sich eine Tankstelle/Autowaschanlage<br />
und der Abgang zur<br />
Personenunterführung. Eine Sichtung<br />
der über 100-jährigen Dokumente<br />
bringt folgende Tatsachen:<br />
Das Haus wurde gemäss Projekteingabe<br />
1900 erbaut von “Th. Bühler,<br />
Maurermstr.” Es wurde ursprünglich<br />
mit Haggenstrasse 11, später mit<br />
Fürstenlandstrasse 177 bezeichnet<br />
(die Fürstenlandstrasse wurde erst<br />
1910-1913 gebaut). Der Grundriss des<br />
zwei Wohnungen umfassenden Gebäudes<br />
wurde fein säuberlich mit<br />
Tusche aufgezeichnet. Nichts - weder<br />
Text noch Beilagen - deutet auf eine<br />
Wiederverwendung des abgebrochenen<br />
Bahnhofes hin. Das Bild ist übrigens<br />
auf Seite 237 des Straubenzeller<br />
Buches enthalten. Damit ist aber nicht gesagt, dass es sich<br />
beim Corazza-Haus nicht doch um Teile des ersten Bahnhofes<br />
gehandelt haben könnte. Möglicherweise hat Maurermeister<br />
Bühler die Substanz (Balken, Steine) vom Abbruch<br />
verwenden können. Aus den Plänen geht dies nicht hervor.<br />
Das Wohnhaus am Rande des Sittertobels ist nach Unterlagen<br />
der SBB im Jahre 1900 für den damaligen Barrieren- und<br />
Streckenwärter erbaut worden. Auch hier ist eine zweite Lebenszeit<br />
des ersten Bahnhofes von 1856 denkbar, aber nicht<br />
nachzuweisen. Abbruch und weitere Verwendung an einem<br />
neuen Standort waren damals üblich.<br />
Aufwändige, aber interessante Nachforschungen in drei verschiedenen<br />
Archiven zwischen Zürich und St.Gallen brachten<br />
eine völlig neue Erkenntnis. Nach alten, sonst nicht zugänglichen<br />
Unterlagen - ausgegraben im Archiv der (inzwischen<br />
aufgehobenen) SBB-Kreisdirektion III Zürich - ist ersichtlich,<br />
dass die erste Haltestelle von 1856 um volle 170 m weiter<br />
westwärts lag. Deren Standort war auf der andern Seite<br />
des Güterschuppens etwa an jener Stelle, wo später das<br />
Anschlussgleis zur Mühle quer über die Strasse führte.<br />
1877 wurde die Haltestelle Bruggen zur “Güterstation” befördert,<br />
1900 und 1926 dem Bedürfnis entsprechend nochmals<br />
erweitert. 1926 kam das bergseitige, dritte Gleis in Betrieb.<br />
Die Stützmauer dazu war schon längst vorbereitet; die<br />
Ergänzung hängt mit der Einweihung der zweiten Sitterbrücke<br />
und damit der Doppelspur nach Winkeln zusammen.<br />
Das heutige Stationsgebäude datiert aus den Jahren 1898/<br />
1899 und wurde von Bauführer Trindler errichtet. Als Bauherrschaft<br />
zeichneten die Vereinigten Schweizer Bahnen. Ursprünglich<br />
waren in Bruggen die beiden Seitenflügel als Warteräume<br />
(klassenbewusst getrennt nach “I./II. Classe (Westseite)<br />
sowie III.Classe” (Ostseite = heutiges Reisebüro) verwendet;<br />
das Stationsbüro befand sich im Zentrum, wo über<br />
die “Cassa” die Billette Richtung Norden (= Schalterhalle)<br />
verkauft wurden. Später wurde dieser zentrale Raum zum<br />
Gepäcklokal umfunktioniert und das Stationsbüro in den Westflügel<br />
verschoben. Die beiden Schalter für Billette und Güter/<br />
Gepäck bestanden bis 1991 und sind heute durch eine Türe<br />
ersetzt.<br />
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