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Schiffbau in Deutschland – Werften im Wandel - GL Group

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FOTO: VOLVO OCEAN RACE<br />

Hält das Rigg?<br />

nonstop sprach mit dem Rigg-Experten und <strong>Schiffbau</strong>-Ingenieur<br />

Hasso Hoffmeister über aktuelle Trends:<br />

„Die Entwicklung fängt, wie oft be<strong>im</strong> Sport, <strong>im</strong> Grand-<br />

Prix-Level an“, erklärt Hoffmeister. „PBO- und Karbon-<br />

Kabel werden <strong>im</strong>mer mehr auch bei Superyachten verwendet.“<br />

Das ist auch ke<strong>in</strong> Wunder: Mit Faserkabeln wird<br />

Gewicht gespart. Kabel aus PBO oder Kohlefaser wiegen<br />

etwa nur e<strong>in</strong> Fünftel dessen, was reguläre Stahlwanten aus<br />

Nitronic 50 auf die Waage br<strong>in</strong>gen, und das bei gleicher<br />

Bruchlast und Steifigkeit. Gespartes Gewicht <strong>im</strong> Rigg wirkt<br />

sich unmittelbar auf die Stabilität aus: Je nach Bootstyp<br />

und Bootsgröße macht die E<strong>in</strong>sparung von z. B. 100 kg<br />

Rigg-Gewicht bei e<strong>in</strong>er 80-Fuß-Yacht e<strong>in</strong>e Reduktion des<br />

Ballastes von 500 kg möglich – oder e<strong>in</strong>e Reduktion des<br />

Tiefganges. Die Kabel s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> Konfektionen erhältlich, die<br />

<strong>im</strong> Superyachtbereich durchaus gängig s<strong>in</strong>d. Durchmesser<br />

bis zu denen e<strong>in</strong>er Kaffeetasse und Bruchlasten<br />

bis zu 400 Tonnen gehören zum Programm.<br />

Nachfrage steigt<br />

Was verbirgt sich h<strong>in</strong>ter der Abkürzung PBO? „PBO<br />

steht für Poly p-phenylene-2,6-benobisoazole und ist e<strong>in</strong><br />

feuerresistentes und hochfestes Material, das <strong>in</strong> den achtziger<br />

Jahren entwickelt worden war“, erklärt Hoffmeister.<br />

Die Eigenschaften des Materials entsprechen Anforderungen,<br />

die auch <strong>im</strong> Segelsport nachgefragt werden.<br />

„Das nachhaltige Interesse an Stehendem Gut aus PBOund<br />

Kohlefaser war ausschlaggebend für die Ausarbeitung<br />

der neuen Richtl<strong>in</strong>ien zur Zulassung von Riggkabeln aus<br />

Kunststoff“, so Hoffmeister. Die „Guidel<strong>in</strong>es for the Type-<br />

Approval of Carbon Strand and PBO cable rigg<strong>in</strong>g for<br />

Sail<strong>in</strong>g Yachts” des Germanischen Lloyd setzen e<strong>in</strong>en<br />

neuen technischen Standard für Wanten und Stage aus<br />

Kunstfasern. Entstanden s<strong>in</strong>d diese Richtl<strong>in</strong>ien <strong>in</strong> enger<br />

Zusammenarbeit mit den Kunden der Klassifikationsgesellschaft.<br />

Zu diesen zählen neben Mastbauern auch<br />

die Hersteller von PBO- und Karbon-Drähten.<br />

Weltweit s<strong>in</strong>d erst e<strong>in</strong>e Handvoll Firmen <strong>in</strong> der Lage,<br />

Stehendes Gut aus den hochfesten und ultraleichten<br />

Fasern herzustellen. Aber der Markt entwickelt sich.<br />

YACHT-TECHNOLOGIE<br />

In Zusammenarbeit mit Mastbauern und Herstellern von PBO- und Karbon-Drähten<br />

ist e<strong>in</strong>e neue Richtl<strong>in</strong>ie zur Zulassung von Stehendem Gut aus Faserkabeln entwickelt<br />

worden. Auf Regattayachten wie den spektakulären Volvo Ocean Racern<br />

werden schon seit e<strong>in</strong>igen Jahren Wanten und Stage aus PBO oder Kohlenstofffasern<br />

e<strong>in</strong>gesetzt.<br />

Bislang kaufen Masthersteller <strong>in</strong> der Regel das Stehende<br />

Gut von Zulieferunternehmen. Zugleich s<strong>in</strong>d sie rechtlich<br />

verpflichtet, die Integrität ihrer Riggs zu gewährleisten.<br />

„Dadurch entstanden der Bedarf und der Wunsch der<br />

Mastbauer nach Richtl<strong>in</strong>ien zur Zulassung von reißfesten<br />

Kunststoff-Kabeln“, ergänzt der Rigg-Experte.<br />

Die Richtl<strong>in</strong>ien ermöglichen den Herstellern von<br />

Kunststoffwanten und -stage e<strong>in</strong>en unabhängigen<br />

Eignungsnachweis ihrer Produkte. Voraussetzung für<br />

diesen Nachweis ist e<strong>in</strong>e Reihe von zertifizierten Belastungstests<br />

der Stage oder Wanten. Dazu zählen unter<br />

anderem e<strong>in</strong> Impact-, e<strong>in</strong> Chafe- und e<strong>in</strong> Fatigue-Test.<br />

Testtriathlon erforderlich<br />

Be<strong>im</strong> Impact-Test muss das Faser-Kabel dem Schlag<br />

e<strong>in</strong>es Fallbeils standhalten. Da PBO-Fasern sehr UV-empf<strong>in</strong>dlich<br />

s<strong>in</strong>d und unter ke<strong>in</strong>en Umständen Licht an das<br />

Material kommen darf, wird mittels des Chafe-Tests die<br />

Reibungsverträglichkeit des Kunststoffmantels geprüft.<br />

E<strong>in</strong>e an den Wanten vorbeirauschende Sp<strong>in</strong>naker-Schot<br />

erzeugt Hitze, vor der die Fasern geschützt werden müssen.<br />

Der Fatigue-Test ist e<strong>in</strong> Ermüdungsversuch, der die<br />

Dauerbelastbarkeit des Materials nachweist. E<strong>in</strong>e Testvorrichtung,<br />

<strong>in</strong> die das Kabel e<strong>in</strong>gespannt wird, setzt<br />

diese Zugkräften aus, die der max<strong>im</strong>alen Betriebslast des<br />

Materials entspricht. Die Kabel müssen bis zu 100.000<br />

Lastwechsel überstehen. Am Ende des Ermüdungstests<br />

steht die Ermittlung der max<strong>im</strong>alen Zugfestigkeit.<br />

Seit wann beschäftigen Sie sich mit Kohlefaserriggs?<br />

Hoffmeister: „Der Germanische Lloyd beurteilt seit über<br />

zehn Jahren Bau und Design von Kohlefasermasten und<br />

ist damit die e<strong>in</strong>zige Klassifikationsgesellschaft, die <strong>in</strong>tensiv<br />

die Entwicklung und Anwendung dieser Technologie<br />

begleitet hat.“<br />

Welche weiteren Entwicklungsschritte s<strong>in</strong>d absehbar?<br />

Für Hoffmeister bestehen ke<strong>in</strong>e Zweifel, dass sich stehendes<br />

Gut aus Kunstfasern <strong>im</strong>mer mehr duchsetzen wird.<br />

Wieder ist der Germanische Lloyd mit e<strong>in</strong>er Richtl<strong>in</strong>ie<br />

dabei. ■ OM<br />

Weitere Informationen: Hasso Hoffmeister, Stellvertretender Leiter EU-Zertifizierung<br />

Sportboote, Tel.: +49 40 361 49-411, hasso.hoffmeister@gl-group.com<br />

nonstop 3/2006 33

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