Schiffbau in Deutschland â Werften im Wandel - GL Group
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OFFSHORE INDUSTRIE<br />
Schweißtechniken<br />
auf dem Prüfstand<br />
Bei den Offshore-Anlagen der Öl- und Gas<strong>in</strong>dustrie halten neue Stahlarten<br />
E<strong>in</strong>zug. Damit die Systeme dauerhaft halten, müssen auch die Schweißtechniken<br />
angepasst werden.<br />
Die Anforderungen werden zusehends härter.<br />
In <strong>im</strong>mer tieferen Gewässern bohren die Öl-<br />
und Gaskonzerne heute nach dem schwarzen<br />
Gold, weil die Produktion angesichts der<br />
hohen Weltmarktpreise selbst unter widrigsten<br />
Bed<strong>in</strong>gungen noch rentabel se<strong>in</strong> kann. In Tiefen<br />
von mehr als 500 Metern stoßen die Ingenieure der<br />
Offshore-Anlagen auf Bed<strong>in</strong>gungen, die e<strong>in</strong>en veränderten<br />
Materiale<strong>in</strong>satz erfordern. Das Risiko<br />
von Schäden und Reparaturen muss drastisch<br />
reduziert werden, weil es viel zu teuer wäre,<br />
Pipel<strong>in</strong>es und Pumpen zur Überholung an Land<br />
noch e<strong>in</strong>mal aus dem Meeresboden zu reißen.<br />
Bislang setzten die Öl- und Gasgesellschaften, wo<br />
<strong>im</strong>mer es möglich ist, C-Stähle (Kohlenstoff-<br />
Stahl) e<strong>in</strong>. Bei starken Konzentrationen an CO 2 ,<br />
Chloriden und Sauergas sowie hohen Drücken<br />
und Temperaturen von bis zu 200 Grad, wie sie <strong>im</strong><br />
tiefen Wasser häufig auftreten, ist das Material<br />
aber zu rostanfällig. Deshalb müssen für<br />
Produktions- und Bohrlochausrüstungen, Pipel<strong>in</strong>es,<br />
Rohrleitungen und Druckbehälter künftig<br />
verstärkt Duplexstähle e<strong>in</strong>gesetzt werden, die<br />
gleichzeitig e<strong>in</strong>e hohe Festigkeit und Korrosionsbeständigkeit<br />
garantieren. Sie sollten e<strong>in</strong> ausgeglichenes<br />
Gefüge aufweisen: aus dem Austenit, dem<br />
Haupt-Gefüge-Bestandteil vieler nichtrostender<br />
Edelstähle, und dem höherfesten Ferrit.<br />
Der Duplex-Anteil liege heute erst bei rund<br />
zwei Prozent der Stähle, allerd<strong>in</strong>gs „mit stark<br />
steigender Tendenz“, so Johann Taferner. Der<br />
Schweißfach<strong>in</strong>genieur und frühere Konstruktionsleiter<br />
<strong>im</strong> Behälter- und Rohrleitungsbau ist heute<br />
be<strong>im</strong> Germanischen Lloyd Oil and Gas für die<br />
Bereiche Werkstoffe, Schweißen und Korrosion<br />
verantwortlich. Se<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>schätzung nach s<strong>in</strong>d die<br />
Ölfirmen, Anlagenbauer und Schweißbetriebe nur<br />
unzureichend auf den E<strong>in</strong>satz der Duplex-Stähle<br />
vorbereitet. „Oft werden austenitisch-ferritische<br />
Duplex-Stähle und austenitische Stähle <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en<br />
Topf geworfen und Literaturh<strong>in</strong>weise von e<strong>in</strong>em<br />
Werkstoff auf den anderen übertragen mit katastrophalen<br />
Folgen“, beobachtet Taferner.<br />
52 nonstop 3/2006<br />
Die Schwachstelle der Duplex-Rohrleitungen seien<br />
<strong>in</strong> der Regel die Schweißnähte, „bei deren Herstellung<br />
viele Fehler möglich s<strong>in</strong>d“, so der Experte.<br />
Damit die mechanischen Eigenschaften sowie die<br />
Korrosionsbeständigkeit von Schweißgut, Wärmee<strong>in</strong>flusszone<br />
und Grundwerkstoff übere<strong>in</strong>st<strong>im</strong>men,<br />
müssen Schweißzusätze speziell dosiert und<br />
genauestens auf die Temperaturführung geachtet<br />
werden. Dabei wird fälschlicherweise angenommen,<br />
dass die Duplex-Stähle schweißtechnisch<br />
wie austenitische Stähle behandelt werden sollten.<br />
Bei hohen Abkühlgeschw<strong>in</strong>digkeiten, wie sie bei<br />
Austeniten angestrebt werden, kann hier allerd<strong>in</strong>gs<br />
e<strong>in</strong> Gefüge mit hohem Ferritanteil erzeugt<br />
werden, das e<strong>in</strong>e unzureichende Korrosionsbeständigkeit<br />
und Zähigkeit besitzt. Dagegen ist bei<br />
zu ger<strong>in</strong>gen Abkühlgeschw<strong>in</strong>digkeiten mit niedrigen<br />
Festigkeitswerten und ger<strong>in</strong>gerer Beständigkeit<br />
gegen Spannungsrisskorrosion zu rechnen.<br />
Um die gewünschten Materialeigenschaften zu<br />
erzielen, sollte e<strong>in</strong> Ferrit/Austenit-Verhältnis von<br />
50/50 angestrebt werden. In der Wurzel- und<br />
Decklage sei aber e<strong>in</strong> Ferritgehalt zwischen 30 und<br />
70 Prozent akzeptabel, so Taferner.<br />
Darüber h<strong>in</strong>aus s<strong>in</strong>d die Anlauffarben <strong>in</strong> bezug<br />
auf die Korrosion von besonderer Bedeutung.<br />
Be<strong>im</strong> Schweißen wird die den Duplex bedeckende<br />
Passivschicht aus Chromoxid <strong>in</strong> der Umgebung<br />
der Schweißstelle zerstört und durch<br />
andere eisenoxidreiche Schichten ersetzt. Diese<br />
Schichten, die auch als Anlauffarben bezeichnet<br />
werden, bee<strong>in</strong>flussen den Korrosionswiderstand<br />
der Stähle. Durch Art und Führung der Schutzgase<br />
lassen sie sich maßgeblich unterdrücken.<br />
Ganz vermeiden lassen sich die Anlauffarben aber<br />
nicht. Für best<strong>im</strong>mte Anwendungsfälle seien nur<br />
schwach gelbe Töne, die bei Temperaturen<br />
bis circa 400 Grad entstehen, tolerierbar. „Alle<br />
anderen, bei höheren Temperaturen auftretenden<br />
Anlauffarben müssen entfernt werden“,<br />
rät Taferner. ■ MPH<br />
Weitere Informationen: Johann Taferner, Germanischer Lloyd Oil & Gas,<br />
Tel.: +49 40 36149-7739, johann.taferner@gl-group.com