Flip_Feb2016
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KULTUR JOKER KUnsT 9<br />
Spannend wie ein Krimi<br />
„OMG!“ – Objekte mit Geschichte, eine Ausstellung im Karlsruher Schloss<br />
Über einige der Objekte in<br />
der neuen Ausstellung des<br />
Badischen Landesmuseums<br />
im Karlsruher Schloss könnte<br />
man Bücher schreiben. Einen<br />
Thriller über einen genialen<br />
Fälscher, der die Kunstszene<br />
hereinlegt? Oder lieber einen<br />
Entwicklungsroman über eine<br />
Frau, die nach Kriegsende all<br />
ihre sicherheitshalber beim<br />
Landesmuseum abgegebenen<br />
Kunstschätze zurückfordert<br />
bis auf ein Gemälde, das ihren<br />
ersten Ehemann zeigt? Spannende<br />
Geschichten stehen<br />
hinter allen Objekten, die in<br />
der Sonderausstellung „OMG!<br />
Objekte mit Geschichte“ über<br />
alle Abteilungen und Stockwerke<br />
des Badischen Landesmuseums<br />
verteilt präsentiert<br />
werden.<br />
Ein Team aus zehn Volontärinnen<br />
und einem Volontär,<br />
die das Badische Landesmuseum<br />
derzeit ausbildet, hat sich<br />
fachübergreifend gemeinsam<br />
ans Werk gemacht. Funde aus<br />
dem Depot wurden gesichtet,<br />
Archive durchforstet, Sammler<br />
oder deren Erben befragt.<br />
27 Objekte wurden schließlich<br />
für die Ausstellung ausgewählt,<br />
und das junge Team hat sich<br />
zusammen mit Maxim Weirich,<br />
der an der Hochschule<br />
für Gestaltung studiert, eine<br />
witzige Präsentation ausgedacht.<br />
Über die kostenlose<br />
„OMG!“-App können sich die<br />
Besucher die ganz persönliche<br />
Vorstellung eines Objekts und<br />
seiner Geschichte durch die jeweilige<br />
Volontärin gleich aufs<br />
Smartphone holen.<br />
Brandschutt – Ausgewählte Metallobjekte aus dem zerstörten Karlsruher Schloss<br />
erzählen vom Schrecken des Krieges<br />
© Badisches Landesmuseum Karlsruhe, Foto: Th. Goldschmidt<br />
<br />
Wer dem weißen „OMG“-<br />
Schriftzug auf rotem Hintergrund<br />
folgt, fühlt sich bald<br />
wie auf einer Schatzsuche. Sie<br />
führt, sicher nicht zufällig,<br />
durch alle Dauerausstellungen<br />
des Badischen Landesmuseums,<br />
von der Frühgeschichte<br />
im Schlosskeller bis ins oberste<br />
Stockwerk. Und so wirft<br />
man im Vorbeigehen hier einen<br />
Blick auf antike griechische<br />
Skulpturen, liest en passant<br />
die markigen Aussprüche von<br />
Männern, die vor Jahrtausenden<br />
über frühe Hochkulturen<br />
herrschten, und landet schließlich<br />
vor badischen Trachten.<br />
Trachten? Auf die Kulturgeschichte<br />
ferner Länder und<br />
Kontinente folgt die Heimatgeschichte,<br />
die einem heute<br />
manchmal genauso fremd<br />
erscheint. Außer der Schwarzwälder<br />
Tracht mit dem unverkennbaren<br />
Bommelhut würde<br />
sicher kaum jemand die handgenähten<br />
Trachten der Puppen<br />
ihrer Herkunft zuordnen können.<br />
Die Sammlerin Gerlinde<br />
Scherer hat von Frauen, die das<br />
alte Handwerk der Trachtenschneiderei<br />
noch beherrschen,<br />
originalgetreue Miniaturversionen<br />
für ihre Puppen herstellen<br />
lassen, bis hin zum Kranz aus<br />
Gänsefedern und Kunstblumen.<br />
Den Erlös aus dem Ankauf ihrer<br />
Puppen für das Museum spendete<br />
sie, um einen palästinensischen<br />
Häftling freizukaufen,<br />
der nach ihrer Überzeugung zu<br />
Unrecht von den Israelis verhaftet<br />
worden war.<br />
Es sind diese persönlichen<br />
Geschichten hinter den Objekten,<br />
die aus den gezeigten<br />
Gegenständen etwas Besonderes<br />
werden lassen. Wie verhält<br />
es sich eigentlich mit den<br />
drei Nubierköpfen im Relief?<br />
Stilistisch passt die Arbeit in<br />
das 14. Jahrhundert vor Christus,<br />
auf vielen altägyptischen<br />
Reliefs sind Nubier abgebildet.<br />
Allerdings stammt das Stück<br />
mit den drei Nubierköpfen aus<br />
dem Nachlass von Oxan Aslanian,<br />
der nicht nur als Kunsthändler,<br />
sondern vor allem als<br />
hochkarätiger Kunstfälscher in<br />
den 1920er und 1930er Jahren<br />
eine zweifelhafte Berühmtheit<br />
erlangte. Sind die Karlsruher<br />
Nubierköpfe altägyptische<br />
Originale? Oder nicht? Eine<br />
zuverlässige Datierung mit<br />
Hilfe modernster Technik wäre<br />
möglich, aber zu teuer.<br />
Spannend wie ein Krimi sind<br />
viele Geschichten hinter den<br />
Objekten, aber auch die Erforschung<br />
dieser Geschichten wird<br />
dem Volontärsteam ebenso viel<br />
Spaß wie Arbeit gemacht haben.<br />
Die Volontäre übersetzen<br />
das Kürzel „OMG“ deshalb<br />
auch gern amerikanisch als<br />
„Oh my god“. Ein Rundgang<br />
durch die Ausstellung eröffnet<br />
überraschende Erkenntnisse<br />
und bringt einen in Sammlungsbereiche,<br />
die man sonst<br />
vielleicht übersehen hätte.<br />
Bis zum 29. Mai 2016 lädt<br />
„OMG !“ im Karlsruher<br />
Schloss ein, „Objekte mit Geschichte“<br />
kennenzulernen. Geöffnet:<br />
Di – So 10 – 18 Uhr,<br />
feiertags 10 – 18 Uhr<br />
Nike Luber<br />
„freiraum“<br />
Öffentliches Kunstprojekt der GEDOK Freiburg im Haus Bingel<br />
Nach dem Haus in der Bettackerstraße<br />
2006, nach „alles<br />
geritzt“ im ehemaligen wüba-<br />
Möbelhaus 2008 oder „aufgepimpt“<br />
im ehemaligen Haufe-<br />
Verlagshaus 2013 steht der GE-<br />
DOK Freiburg nun für kurze<br />
Zeit – voraussichtlich bis Mitte<br />
Februar – das Bingel-Haus in<br />
der Stefan-Meier-Straße für<br />
ein weiteres temporäres „Kunst<br />
im öffentlichen Raum“-Projekt<br />
zur Verfügung. Danach wird es<br />
abgerissen.<br />
Unter dem weiten Motto<br />
„freiraum“ wollen etwa 15<br />
Künstlerinnen der GEDOK<br />
Freiburg diese Zeit nutzen,<br />
um mit und in den Räumen<br />
zu arbeiten: freiraum – Unter<br />
einem Dach zu arbeiten, sich<br />
gegenseitig in diesem Prozess<br />
zu erleben ist eine der sich<br />
Hier entsteht „freiraum“<br />
bietenden reizvollen Perspektiven.<br />
Genauso reizvoll ist die<br />
Möglichkeit, sich völlig unreglementiert<br />
im Raum entfalten<br />
zu können.<br />
Die Fülle der uns zur Verfügung<br />
stehenden Räume steht<br />
im Widerspruch zu der von<br />
uns oft erlebten Mangelsituation,<br />
Atelier- und Wohnraum<br />
betreffend. Die Situation der<br />
Flüchtlinge schwingt dabei<br />
ebenso mit.<br />
freiraum – visionär, analytisch,<br />
kritisch, poetisch, metaphorisch,<br />
konkret, politisch,<br />
visuell, auditiv... spannend!<br />
Am 13. Februar (14 – 18<br />
Uhr), wenige Tage vor dem Abriss<br />
des Haus Bingel, wird eine<br />
Finissage stattfinden, bei der<br />
die Ergebnisse des Projektes<br />
besichtigt werden können.<br />
Infos: www.GEDOK-freiburg.de