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VSWG-Zur Geschichte der spanischen Reitermilizen

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38 Die Caballcrfa de Cuantfa unter Philipp II. bis zur Composieiön<br />

Caballeros de Cuantfa erklärt werden sollten, ein schweres Hin<strong>der</strong>nis<br />

für einen die Hidalgufa anstrebenden o<strong>der</strong> vorgebenden Mann bedeutete,<br />

zeigt sidi insbeson<strong>der</strong>e in den geheimen Absprachen, in <strong>der</strong> Praxis <strong>der</strong><br />

Veröffentlidiung solcher Listen und in den Cödulas de Composieiön, die<br />

in <strong>der</strong> Darstellung <strong>der</strong> Composieiön nadi 1586 näher beschrieben werden,u<br />

. Wenn <strong>der</strong> Herzog von Medina Sidonia 1610 beklagte, daß „viele<br />

(Caballeros de Cuantfa) sich aus Granada auf unlautere Weise (malos<br />

medios) eine Ejecutoria verschafft haben, was zum Schaden und untet<br />

Betrug des königlichen Patrimoniums geschehen ist, und zwar solche Personen,<br />

denen ich noch den Appell abgenommen habe und <strong>der</strong>en Väter<br />

ich noch habe zur Musterung antreten sehen“112, dann weist dies darauf<br />

hin, daß nicht etwa die Chancillerfa bereitwillig Caballeros de Cuantfa<br />

als Hidalgos anerkannt hat, son<strong>der</strong>n daß die Chancillerfa durch Caballeros<br />

de Cuantfa bzw. durch Personen, unter <strong>der</strong>en näheren Vorfahren<br />

Caballeros de Cuantfa gewesen sind, mit Mitteln getäuscht worden ist,<br />

<strong>der</strong>en es vielerlei gab113. Die Composieiön wird bei diesem Vorgang eine<br />

Rolle gespielt haben114.<br />

Vermutlich ist <strong>der</strong> Nachweis <strong>der</strong> Hidalgufa neben an<strong>der</strong>en insbeson<strong>der</strong>e<br />

mit <strong>der</strong> Begründung geführt worden, daß man niemals als Caballero<br />

de Cuantfa eingeschrieben gewesen sei, wie man es in <strong>der</strong> Regel vor <strong>der</strong><br />

Camara de Castilla tat. Wenn man jedoch beobachten kann, daß die<br />

Corregidoren und selbst die mit <strong>der</strong> Composieiön beauftragten Kommissare<br />

sich scheuten, von ihnen selbst als „quasi-Hidalgos“ erkannte<br />

Personen in die Listen einzuschreiben und als Caballeros de Cuantfa zu<br />

bezeichnen, weil man die verwandtschaftlichen Beziehungen, den Reichtum<br />

und den Einfluß dieser Kreise fürchtete und man stattdessen die<br />

Composieiön mit den „pecheros llanos“ begann, die keinerlei Umstände<br />

machten115, dann wird deutlich, daß diesem Argument kaum begründete<br />

Beweiskraft innewohnt, was jedoch nicht heißen kann, daß es auch von<br />

<strong>der</strong> Chancillerfa verworfen worden sein muß, da sie gerade mit Padrones<br />

als äußerst wichtigem Beweismittel zu arbeiten gewohnt war110.<br />

111 Vgl. S. 85 ff.<br />

v°ra 11 A’"' s“ ■ *» *<br />

Ä S l c Ä t K 1“ » d” “ ” *<br />

114 Vgl. s. 71 ff. 115 Vgl. s. 84. ’<br />

'■ Audienda * M ^ e S Pedran“ I” "dlCn“ ’ “<br />

Die Exemtionen von <strong>der</strong> Caballcrfa de Cuantfa 39<br />

Man kann deshalb Dominguez Ortiz nicht zustimmen, wenn er die<br />

soziale Situation <strong>der</strong> Caballeros de Cuantfa im 16. Jahrhun<strong>der</strong>t als eine<br />

„Vorstufe des Adels (categorfa pre o paranobiliaria)“ beschreiben will117.<br />

Dem in die Listen eingeschriebenen und zum Appell heraustretenden<br />

Caballero de Cuantfa wurde <strong>der</strong> Aufstieg in den Adel gerade schwer<br />

wenn nicht unmöglich. Allenfalls für diejenigen mag diese Kennzeichnung<br />

zutreffen, die bis zur Wie<strong>der</strong>belebung <strong>der</strong> Caballerfa de Cuantfa<br />

durch Philipp II. die Position eines „quasi-Hidalgo“ o<strong>der</strong> auch die eines<br />

Hidalgo notorio hatten erringen können, indem sie in adlige Familien<br />

eingeheiratet hatten o<strong>der</strong> auf an<strong>der</strong>e Weise, etwa durch adlige Lebensführung,<br />

Reichtum und Einfluß, die Erinnerung daran hatten löschen<br />

können, daß unter ihren Vorfahren Caballeros de Cuantfa gewesen waren.<br />

Gerade <strong>der</strong> nahezu völlige Verfall <strong>der</strong> Caballerfa de Cuantfa in den<br />

ersten sechzig Jahren des 16. Jahrhun<strong>der</strong>ts begünstigte solche Prozesse.<br />

Nach 1562 wurde dieses allmähliche Hinübergleiten begüterter Caballeros<br />

de Cuantfa o<strong>der</strong> ihrer Nachfahren in den Stand <strong>der</strong> Hidalgos unterbrochen,<br />

wenn Zweifel aufkamen o<strong>der</strong> es gar gelang, Personen dieser<br />

Schichten zum Dienst als Caballeros de Cuantfa zu zwingen. Nur auf diesem<br />

Hintergrund ist <strong>der</strong> Wi<strong>der</strong>stand <strong>der</strong> „quasi-Hidalgos“ und auch <strong>der</strong>jenigen<br />

wahren Hidalgos ohne entsprechende Dokumente zu verstehen.<br />

Dabei ist es weniger erheblich, ob ein „quasi-Hidalgo“ tatsächlich Caballeros<br />

de Cuantfa unter seinen Vorfahren hatte o<strong>der</strong> nicht, denn die Einschreibung<br />

als Caballero de Cuantfa und ihre Hinnahme machten vorerst<br />

alle Hoffnungen auf die so ersehnte Hidalgufa zunichte. Daß ebenso<br />

die unzweifelhaften Pecheros die Caballerfa de Cuantfa nicht als Vehikel<br />

zur Erreichung <strong>der</strong> Hidalgufa ansahen, zeigen die Bereitschaft zur Composieiön,<br />

die vielen Täuschungsmanöver, um das Vermögen geringer als<br />

1000 Dukaten erscheinen zu lassen und die immer wie<strong>der</strong> berichtete Abneigung<br />

gegen den Dienst als Caballero de Cuantfa, <strong>der</strong> gelegentlich<br />

allerdings durch die Schadenfreude erträglicher erschienen ist, wenn Angehörige<br />

höherer sozialer Schichten, insbeson<strong>der</strong>e <strong>der</strong> „quasi-Hidalgos“,<br />

zu Caballeros de Cuantfa erniedrigt werden konnten118. Man wird sich<br />

davor hüten müssen, die aus dem Spätmittelalter zu berichtende Funktion<br />

<strong>der</strong> Caballerfa de Cuantfa als einer Möglichkeit zum sozialen Aufstieg,<br />

verkörpert im Genuß <strong>der</strong> Privilegien <strong>der</strong> Hidalgos und <strong>der</strong> häufigen<br />

Aufnahme in den Adelsstand, auf das 16. Jahrhun<strong>der</strong>t zu übertra-<br />

117 D omInguez Ortiz, a.a.O., S. 191 f.<br />

118 Vgl. Gerönimo Zapata Osorio an Juan Väzquez de Salazar vom 25.<br />

Oktober 1586, Ecija. A.G.S., C.d.C. Leg. 2261.

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