oneX magazin 03.2015

HISTORISCHES AUS DEM OBERAARGAU
Noch heute werden
die Schlachten
Napoleons von begeisterten
Amateuren
aufwendig nachgespielt
zu, wenn er in den Himmel fahren wolle,
solle er noch beten; man wolle ihm dazu
verhelfen. Einer packt einen Hund und versucht,
diesen über die Köpfe der Menge hinweg
dem Regierungsvertreter ins Gesicht zu
werfen.
SAMSTAG UND SONNTAG, 3. UND 4.
NOVEMBER 1798
Wüste Krawalle in Langenthal. Ein amtlicher
Bericht meldet: «In der Samstagnacht vom
3. auf den 4. November lief der Pöbel zu
grossen Rotten und mit dem grässlichsten
Geschrei im Flecken herum. Ihr Wüthen und
Toben richtete sich gegen Patrioten (Langenthaler,
die mit den Franzosen zusammenarbeiteten).
Mit Fenstereinwerfen und mit den
fürchterlichsten Drohungen und Lästerungen
wünschten sie allen vermeintlichen Verrätern
und Beamten Tod und Verderben.»
Sonntagnacht bleibt es ruhig, aber am
Morgen liegt der Freiheitsbaum abgesägt
am Boden. Auch die Freiheitsbäume in Mättenbach,
zu Lotzwil und Leimiswil werden
gefällt.
Schlimm geht es auch in Thunstetten zu
und her. Samstagnacht wird das Haus des
Agenten Wolf im Forst gesteinigt. Am Sonntag
nach der Predigt wird er misshandelt;
am Nachmittag rottet sich die Menge erneut
zusammen, dringt ins Pfarrhaus ein, nimmt
dem Pfarrer mit Gewalt den «Toufrodel»
weg und erzwingt die Versiegelung des Buches.
Man will so die Bekanntgabe der Stellungspflichtigen
verhindern. Am Montag
wird der Agent neuerdings vor das «Volksgericht»
geschleppt, verprügelt und gezwungen,
die Schriften der Rekrutierung zu
zerreissen. Man beschuldigt ihn, er sei ein
Donnersschelm und ein Seelenverkäufer
und verkaufe die jungen Oberaargauer an
die Franzosen.
In den Gemeinden Bleienbach, Aarwangen
und Roggwil bleibt es weitgehend ruhig,
wenn auch die Tagesereignisse von den Einwohnern
lebhaft erörtert werden. Demgegenüber
folgt in Lotzwil eine stürmische
Versammlung nach der anderen. Man lässt
Erst die Anwesenheit von 35
bewaffneten Luzernern und
einer französischen Kavallerie-
Einheit kühlte den Mut der
revoltierenden Oberaargauer
den Pfarrer wissen, er solle sich hüten, Auszüge
aus dem Taufrodel herauszurücken.
Der wildeste Schreier zu Lotzwil ist der «rote
Kessler», der um seine zwei stellungspflichtige
Buben fürchtet. Mit seiner Kesslerware
auf dem Buckel läuft er durch die
Dörfer und stachelt die Leute zum Widerstand
auf.
DIENSTAG, 6. NOVEMBER 1798
Statthalter Stuber wird von der Zentralregierung
ermahnt, in den Distrikten Wangen
und Langenthal Ruhe und Ordnung mit
friedlichen Mitteln wieder herzustellen und
den Beamten zu befehlen, auf ihren Posten
auszuharren. Zu seinem Schutz treffen 35
berittene luzernische Freiwillige ein.
DONNERSTAG, 8. NOVEMBER 1798
Statthalter Stuber versucht, das Volk mit
Hilfe von angesehenen Parteigängern zu beruhigen.
Es gelingt ihm, bei einer Gemeindeversammlung
in Langenthal die Gemüter
einigermassen zu besänftigen.
Aber in der Nacht ertönt
plötzlich Sturmgeläute. Zwischen
Langenthal und Lotzwil
ist eine freistehende
Scheune, die einem «Patrioten»
gehört, angezündet worden.
Aber es bleibt ruhig, die
Anwesenheit der 35 bewaffneten
Luzerner schüchtert
ein. Zufällig marschiert auch
noch eine französische Kavallerie-Abteilung
durch den aufmüpfigen
Oberaargau. Das kühlt den Mut der Revoluzzer.
FREITAG, 09. NOVEMBER 1798
An diesem Tag versucht Statthalter Stuber
die Lotzwiler zu beruhigen. Es wird ihm
nicht erlaubt, junge Lotzwiler für die fran-
Bilder: Wikimedia commons; Shutterstock ANADMAN BVBA
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