oneX magazin 03.2015
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HISTORISCHES AUS DEM OBERAARGAU<br />
rottet sich ein neuer Haufen von etwa<br />
50 Ruhestörern zusammen, um die Kirchenbücher<br />
doch noch zu vernichten. Die Sache<br />
endet so, dass die Bücher zumindest versiegelt<br />
werden.<br />
So scheitert also auch der zweite Versuch<br />
der Obrigkeit, im Oberaargau die öffentliche<br />
Ruhe wiederherzustellen. Stuber meldet von<br />
St. Urban nach Luzern, die Krise sei mit den<br />
verfügbaren Kräften nicht zu meistern.<br />
DIENSTAG, 13. NOVEMBER 1798<br />
Nun wendet sich das Direktorium in Bern an<br />
General Schauenburg und meldet, dass es<br />
nicht gelungen sei, den Oberaargau mit<br />
friedlichen Mitteln zu befrieden. Der General<br />
möge die in Frage stehenden 13 Dörfer mit<br />
einigen Bataillonen besetzen, die Hauptschuldigen<br />
verhaften, die Behörden wieder<br />
in Amt und Würden setzen und die Freiheitsbäume<br />
wieder aufrichten.<br />
Schauenburg beauftragt den Brigade-<br />
General Lorge mit der Strafexpedition. Am<br />
Abend hallt der Wirbel der französischen<br />
Trommeln durch die Gassen von Langenthal.<br />
In den oberaargauischen Dörfern wird eine<br />
zweisprachige Proklamation des Generals<br />
angeschlagen. Verlangt wird die sofortige<br />
Unterwerfung, die Auslieferung der Anstifter<br />
und der Waffen, und bei Wohlverhalten wird<br />
Schonung versprochen.<br />
Die Niederwerfung des Aufstandes bereitet<br />
keine grossen Schwierigkeiten mehr.<br />
Schon nach wenigen Tagen sind mit Hilfe<br />
der französischen Truppen 40 Hauptbeteiligte<br />
verhaftet. Unter ihnen der «rote Kessler»<br />
von Lotzwil, ferner der Hundeschleuderer<br />
von Thörigen, sowie der Schulmeister von<br />
Röthenbach. Jene die fliehen, werden zur<br />
Fahndung ausgeschrieben. Die Gefangenen<br />
kommen auf die Festung Aarburg, wo sie erst<br />
einmal ohne Stroh, Decken und Nahrung<br />
auskommen müssen.<br />
Nach Weihnachten 1798 meldet Statthalter<br />
Stuber Vollzug. Er richtet an die Bevölkerung<br />
eine Proklamation, in der er der<br />
Nach der Niederschlagung<br />
des Aufstands beklagte sich<br />
die Bevölkerung weiter über<br />
die finanziellen Belastungen<br />
durch die französischen Truppen<br />
Uniformen von Angehörigen der Schweizer Regimenter in französischen Diensten 1812<br />
Hoffnung Ausdruck gibt, dass solche Verfehlungen<br />
nicht mehr vorkommen und verlässt<br />
den Oberaargau. Die Aushebung der jungen<br />
Männer für den französischen Kriegsdienst<br />
wird nun in allen Gemeinden durchgesetzt.<br />
Bereits im Frühjahr 1799 folgt der Marschbefehl.<br />
Am 8. April 1799 rücken am Mobilmachungsort<br />
Bern zur grossen Freude der<br />
Obrigkeit 95 Rohrbacher und 67 Langenthaler<br />
ein. Sie kämpfen dann an der Seite der<br />
Franzosen tapfer gegen die in die Ostschweiz<br />
vorgerückten Österreicher.<br />
Die französischen Soldaten<br />
lagen der Bevölkerung<br />
weiterhin auf der Tasche.<br />
Zwar wurden die Infanteriebataillone<br />
abgezogen und<br />
verlegt, dafür zog nun die Kavallerie<br />
ein. Ein schlechter<br />
Tausch. Denn jetzt mussten<br />
auch noch die Pferde gefüttert<br />
werden. Und die Kavalleristen<br />
trieben es so wild, dass die<br />
Langenthaler im Februar 1799 eine Klage an<br />
den Kantonsstatthalter richteten: «Künftigen<br />
Montag sind bereits 14 Wochen, dass die Dragoner<br />
hier eingerückt sind, und seither hat<br />
der ganze Stab auf der Gemeinde Unkosten<br />
hin gelebt, gegessen, getrunken und Bälle<br />
gehabt, wofür nun unsere drei Wirthe bey<br />
2000 Pfund fordern, welches alles aus dem<br />
gemeinen Seckel soll bezahlt werden. Letzten<br />
Montag haben die zwei Adjutanten Laroche<br />
und Chap vom 11. Dragoner-Regiment beym<br />
«Kreuz» den Ofen eingeschlagen, für einige<br />
Kronen Portraits vernichtet, ein Bett zu Grunde<br />
gerichtet, die Thüren zerbrochen, so dass<br />
der Kreuzwirth nun für den Schaden 9 Louisdor<br />
an die Munizipalität fordert. Gestern<br />
sind 4 Officiers von Wangen hierher gekommen,<br />
haben bey dem «Löwen» gezecht, gefuttert<br />
und wacker darauf losgetrunken, denn<br />
ohne zu bezahlen wieder verreist. Endlich<br />
vernehmen wir, dass sie künftigen Dienstag<br />
verreisen werden. Allein am Mittwoch will<br />
das 13. Dragoner-Regiment einrücken, so<br />
dass also noch von keiner Erleichterung die<br />
Rede ist. Die Last ist wahrlich zu gross!»<br />
Quelle: Ein Aufstandsversuch der Oberaargauer,<br />
von Gottlieb Kurz, aus dem Jahrbuch<br />
des Oberaargaus von 1967.<br />
Bild: Wikimedia commons<br />
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