LebensWEGE-2012-Ausgabe-5
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
WEGE<br />
im gespräch<br />
Stichworte Prävention und Gesundheitsförderung:<br />
Bereits bei<br />
Ihrem Amtsantritt haben Sie<br />
in Interviews erwähnt, diese<br />
Themen verstärken zu wollen.<br />
Jetzt haben Sie im Masterplan<br />
Gesundheit dies als Kernforderungen<br />
festgeschrieben. Diese<br />
Forderungen hört man seit Jahrzehnten,<br />
aber nie ist Geld dafür<br />
da. Wie soll das funktionieren?<br />
Unsere Vision lautet: „Länger<br />
selbstbestimmt in Gesundheit<br />
leben“. Die im Masterplan vorgeschlagenen<br />
Maßnahmen zur<br />
Erschließung der Kostendämpfungspotenziale<br />
machen genügend<br />
Mittel frei, um diese Vision<br />
umzusetzen. Das Kernproblem<br />
ist, das System effizienter zu machen.<br />
Nicht mehr Geld ausgeben,<br />
sondern umschichten. Wir sind<br />
bereits gemeinsam mit unseren<br />
Krankenversicherungsträgern klar<br />
auf Sanierungskurs. Dies war und<br />
ist übrigens möglich, ohne einen<br />
Euro am Patienten zu sparen. Eine<br />
wirklich umfassende Gesundung<br />
unserer Finanzen ist jedoch ohne<br />
den Spitalsbereich nicht möglich,<br />
woran wir gerade intensiv auf dem<br />
Verhandlungsweg arbeiten.<br />
Wenn jetzt für die Prävention<br />
Geld da ist, welche Aspekte sind<br />
bei solchen Maßnahmen insgesamt<br />
und für das Gelingen von<br />
Bedeutung?<br />
Man kann es am besten als „Präventionsviereck“<br />
beschreiben. Das<br />
erste Eck ist der Gesetzgeber, der<br />
Maßnahmen vorsieht, Tätigkeiten<br />
auf Einrichtungen zuordnet, Verantwortung<br />
und Sanktionen regelt.<br />
Bisher wird die Prävention<br />
zerklüftet und in verschiedensten<br />
Materien behandelt, z. B. Arbeitnehmerschutz,<br />
Baurecht etc. und<br />
das Thema Verhaltensprävention<br />
ist praktisch ungeregelt, während<br />
die „technische“ Prävention gut<br />
ausgebaut ist, was die sinkende<br />
Zahl an Arbeitsunfällen zeigt.<br />
Das zweite Eck sind die Tools: z.B.<br />
AUVAsicher; hier geht es um Aufklärung,<br />
Beratung, Unterstützung<br />
und die praktische Umsetzung.<br />
Das dritte Eck ist das Setting: Wie<br />
erreiche ich Menschen, in Familie,<br />
Kindergarten, Betrieben etc. und<br />
Themen wie schulische und betriebliche<br />
Gesundheitsförderung,<br />
Maßnahmen der Prophylaxe, gesunde<br />
Ernährung und Bewegung.<br />
Das vierte und entscheidende Eck<br />
dieses Vierecks ist der Mensch<br />
und sein individuelles Verhalten.<br />
Hier geht es um Themen wie Aufklärung,<br />
bewusst machen, Eigenverantwortung,<br />
Bonussysteme,<br />
etc. Nur das Zusammenwirken<br />
aller Ecken wird den gewünschten<br />
Erfolg bringen. Prävention und<br />
Gesundheitsförderungen müssen<br />
zentrale Themen des Gesundheitssystems<br />
werden, um Folgekosten<br />
des Älterwerdens der Bevölkerung<br />
zu finanzieren. Public<br />
Health muss ein Kernthema des<br />
nationalen Gesundheitszieles werden.<br />
Allerdings müssen wir auch<br />
Motive neu definieren, die dazu<br />
führen, dass viele mitmachen. So<br />
sind die Motivlagen der Betriebe<br />
wie Senkung der Krankenstände,<br />
Erhöhung der Produktivität etc.<br />
andere, als die eines Individuums.<br />
Daher muss eine zielgruppenorientierte<br />
Motivation statt einer nur<br />
generellen Information erfolgen.<br />
Der beste Arzt sind die Hände<br />
und Füße, wie Sie immer betonen.<br />
Welche Rolle spielt Ihres Erachtens<br />
die Eigenverantwortung<br />
der PatientInnen?<br />
Die Krankenversicherung ist kein<br />
Anrecht auf Krankheit, sondern<br />
auf Gesundheit. Wir müssen den<br />
Menschen sagen, dass sie sich<br />
nicht in die Absolution begeben,<br />
indem sie Krankenversicherungsbeiträge<br />
zahlen, sie müssen auch<br />
selbst einen Beitrag zu ihrer eigenen<br />
Gesundheit leisten.<br />
Der beste Arzt sind die Hände<br />
und Füße – Füße für die Bewegung<br />
und Hände für das Essen.<br />
Es nützt nichts, wenn z. B. das<br />
Gesetz das Tragen von Schutzhelmen<br />
im Baubereich vorschreibt,<br />
die Betriebe die Helme anschaffen,<br />
das Arbeitsinspektorat das<br />
kontrolliert, aber der einzelne den<br />
Helm nicht aufsetzt. Dann sind<br />
alle Maßnahmen davor umsonst.<br />
Der Totalumbau des Gesundheitssystems<br />
bedeutet auch, neue<br />
Prioritäten zu setzen. Wir dürfen<br />
nicht länger hinnehmen, dass bei<br />
steigender Lebenserwartung (im<br />
Schnitt über 80 Jahre) die Anzahl<br />
an gesunden Jahren ein Viertel darunter<br />
liegt, also bei rund 60 Jahren.<br />
Mit Prävention, Gesundheitsförderung<br />
und mit Maßnahmen zum<br />
PatientInnen-Empowerment sollen<br />
Krankheiten soweit wie möglich<br />
vermieden werden. •<br />
WEGE 07