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De:Bug 172

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<strong>172</strong><br />

»Ein Problem komplexer<br />

Systeme ist, dass deren<br />

Optimierung nicht deine<br />

sein muss. Aber wenn ich<br />

sage: "Das will ich aber",<br />

dann sollten sie meinem<br />

Wunsch entsprechen. «<br />

Ein Beispiel: Ein modernes Auto nimmt dem Fahrer viele<br />

Aufgaben ab. Finde ich das nun gut oder schlecht? Es wird<br />

auf jeden Fall sicherer sein. Trotzdem dürfte es noch sehr<br />

lange dauern, bis man sich einem selbstfahrenden Auto<br />

anvertrauen würde.<br />

Neu wird dann ja auch sein, dass man sich mit dem Auto<br />

darüber streiten muss, ob man jetzt tatsächlich überholen<br />

will, oder nicht.<br />

Nein, im Auto ist diese "verhandelte Übereinkunft", das<br />

negotiated understanding, kein Problem. Im Flugzeug<br />

kann der Pilot ganz in Ruhe mit den Geräten verhandeln;<br />

der ist gut ausgebildet und hat viel Zeit. Wenn ein<br />

Autofahrer in eine gefährliche Situation gerät, muss er innerhalb<br />

einer halben Sekunde reagieren. Da ist keine Zeit<br />

für Verhandlungen.<br />

Trotzdem: Keine Fehler machen zu dürfen, ist auch ein<br />

Freiheitsgrad weniger. Bei Lebensgefahr ist mir das ja<br />

egal. Doch wenn solche Systeme immer die richtigen<br />

Vorschläge machen, aber nicht immer die besten ...?<br />

Das ist ein Problem komplexer Systeme. <strong>De</strong>ren<br />

Optimierung muss nicht deine sein. Das passiert mir ständig<br />

mit meinem Navigationsgerät, mit dem ich darum kämpfen<br />

muss, auf der Fahrt von mir Zuhause nach San Francisco<br />

einen Umweg zu nehmen, der einfach viel schöner ist. Das<br />

ist wirklich problematisch. Mein Navigationsgerät will mich<br />

ständig zum Highway 11 umleiten und ich muss mich dagegen<br />

wehren. Ich kenne Navigationssysteme, die auf mich<br />

hören würden. Wenn du denen sagst, wo du hinwillst, geben<br />

sie dir drei, vier Alternativen. Google macht so etwas<br />

mit Google Maps - wo man sogar die Route noch von Hand<br />

umlegen kann. Ich glaube, so eine elegante Interaktion<br />

wird es in Zukunft häufiger geben. Aber das verlangt eben<br />

auch weitaus mehr Rechenkraft und zumindest etwas intelligentere<br />

Computersysteme. Sie müssen nicht nur eine<br />

Wahlmöglichkeit, sondern mehrere anbieten und sogar gegen<br />

ihre eigenen Entscheidungsregeln verstoßen können,<br />

um deinen Wünschen zu entsprechen. Es darf keine Rolle<br />

spielen, dass sie Entscheidungen treffen müssen, die aus<br />

Systemsicht ineffizient sind. Wenn ich sage: "Das will ich<br />

aber", dann sollte sie meinem Wunsch entsprechen. Das<br />

versteh ich unter "verhandelbarem Einverständnis" - und<br />

in manchen Fällen wird das schon gut gemacht.<br />

Für mich sind solche abstrakteren <strong>De</strong>signentscheidungen<br />

das größte Problem des neuen<br />

Interaktions-Paradigmas. Wie glaubst du, wird sich das<br />

Thema Interfaces und Interaktionen in naher Zukunft<br />

entwickeln?<br />

Dass gerade viele Leute damit experimentieren, ist eine<br />

gute Sache. So lernen wir unsere Möglichkeiten kennen<br />

und lernen etwas daraus. Meine Vorhersage für das nächste<br />

halbe Jahr ist aber trotzdem sehr einfach. Zwei Worte:<br />

Große Verwirrung. Jede Firma wird mit einem eigenen<br />

Ansatz aufwarten - ganz einfach, weil das Patentsystem<br />

bedingt, dass sie es alle unterschiedlich machen. Wenn<br />

man sich also an eine Sache gewöhnt hat und sie verstanden<br />

hat und zu einer anderen Firma wechseln muss<br />

- egal, ob Betriebssystem oder Hardware - dann funktioniert<br />

alles ganz anders. Android funktioniert völlig anders<br />

als Windows 8, Windows 8 völlig anders als das iPhone.<br />

Meiner Ansicht nach werden wir erst in zehn Jahren ein<br />

System haben, das wir alle verstehen, das wirklich komfortabel<br />

ist, das Spaß macht und mit dem wir trotzdem<br />

arbeiten können. Und ich glaube, dass es erst noch viel<br />

schlechter wird, bevor es besser wird.

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