De:Bug 172
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
MUSIKTECHNIK— <strong>172</strong><br />
WALDORF<br />
ROCKET<br />
MINIRAKETE<br />
MIT PRÄZISIONS-<br />
PROBLEM<br />
Kompakt, preiswert und<br />
doch randvoll mit Möglichkeiten:<br />
<strong>De</strong>r monophone Synth dürfte<br />
nicht nur wegen der Tricks beim<br />
Oszillator zu einer beliebten<br />
Geheimwaffe werden, auch wenn<br />
nicht alles an der neuen Kiste eitel<br />
Sonnenschein ist.<br />
Preis: 244 Euro<br />
TEXT BENJAMIN WEISS<br />
<strong>De</strong>r Rocket ist Waldorfs neuer kleiner <strong>De</strong>sktopsynthesizer<br />
zum Einsteigerpreis: mit einem digitalen Oszillator mit<br />
Sägezahn und Rechteck, der aber über eine spezielle<br />
Schaltung bis zu acht Wellenformen kombinieren kann.<br />
Für die Modulation gibt es eine Hüllkurve und einen LFO,<br />
der auf Filter oder Oszillator wirken kann, dazu kommt noch<br />
ein eingebauter Arpeggiator.<br />
Mit Strom wird der Rocket via USB versorgt, ob man<br />
sich dabei im Zweifelsfall das mitgelieferte Netzteil sparen<br />
kann oder nicht, hängt ganz vom Rechner ab. Ansonsten<br />
gibt es einen Monoklinkenausgang, einen regelbaren<br />
Kopfhörerausgang mit kleiner Klinke, MIDI In und Out sowie<br />
einen Monoklinkeneingang für externe Signale, die<br />
man durch das Filter schicken kann.<br />
Spezialitäten<br />
Die Hüllkurve kommt mit festem Attack und zuschaltbarem<br />
Sustain und Release: Direkt einstellbar ist nur<br />
<strong>De</strong>cay. Die Oszillator-Sektion kann zwischen Rechteck<br />
und Sägezahn umgeschaltet werden, die Einstellung für<br />
die Zusatzfunktionen liegen auf den zwei doppelt belegten<br />
Drehreglern Wave und Tune. Das ist ein bisschen<br />
schade, da hier auf verhältnismäßig kleinem Raum ziemlich<br />
viel passiert, was wiederum abhängig von anderen<br />
Parametern ist: So wird mit dem Wave-Regler bei eingeschaltetem<br />
Rechteck zwischen fünf verschiedenen<br />
Oszillatorkombinationen umgeschaltet. Tune regelt auf der<br />
ersten Hälfte das <strong>De</strong>tuning für die Oszillatorkombinationen,<br />
in der zweiten dann verschiedene Chords. Das ist klangtechnisch<br />
wirklich ergiebig und bohrt die ansonsten eher<br />
klassischen Möglichkeiten ordentlich auf, weswegen auf<br />
der großzügigen Oberfläche vielleicht auch noch Platz für<br />
den einen oder anderen weiteren Switch und Knob gewesen<br />
wäre. Auch LFO und Arpeggiator teilen sich zwei<br />
Drehregler und zwei Switches. Beim Arpeggiator, der zur<br />
MIDI-Clock synchronisiert, wird in der ersten Hälfte des<br />
Reglerwegs die Range bestimmt, die zweite Hälfte kommt<br />
mit verschiedenen Patterns (wobei unklar ist, wo genau<br />
zwischen ihnen umgeschaltet wird). <strong>De</strong>r LFO kann ebenfalls<br />
synchron zur Clock betrieben werden und bietet drei<br />
verschiedene Wellenformen.<br />
Haptik und Interface<br />
Ein großes Lob verdienen die dicken handlichen Drehregler,<br />
die in großzügigem Abstand verteilt sind und sich angenehm<br />
bedienen lassen. Presets können im Gerät zwar nicht<br />
abgespeichert werden, per Sysex oder über die kostenlose<br />
iPad App Rocket Control lassen sich Sounds jedoch relativ<br />
bequem extern verwalten. Eher unpraktisch und im Zweifel<br />
auf der dunklen Bühne auch gern mal gefährlich ist die<br />
Idee, die verschiedenen Oszillatorschaltungen auf einem<br />
ungerasterten Drehregler unterzubringen, was auch für die<br />
Einstellung der Arpeggiator-Patterns gilt. Hier kann man<br />
sich leicht mal komplett in ein anderes Klanguniversum<br />
kurbeln, ohne es zu wollen. Ebenfalls schön gewesen wäre<br />
ein Lautstärkeregler für den Audioausgang, Platz gibt<br />
es im Chassis genug.<br />
Sound<br />
Die Oszillatoren klingen pur (und nicht in den diversen<br />
Kombinationsschaltungen) eher langweilig, mit den<br />
Modulations-Features, dem guten analogen Filter und der<br />
Oszillatorschaltung zusammen lassen sich aber ziemlich<br />
interessante Klänge schrauben, die von zurückhaltenden<br />
Modulationen über Noiseartefakte bis zur kreischenden<br />
Acidline eine große Bandbreite abdecken, manchmal aber<br />
wegen der Parametrisierung zum Beispiel beim Filter relativ<br />
fitzelig zu kontrollieren sind. Auch als kleine Filterbank<br />
macht der Rocket Spaß, insgesamt also für den Preis mit<br />
den Abstrichen bei der Live-Tauglichkeit ein durchaus gelungenes<br />
kleines Maschinchen.<br />
63