Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
SZENE I<br />
Menschen und ihre Maschinen<br />
Ducati 350 Sport (1979) Ducati 500 Sport (1977)<br />
Fahrer: Leonardo Innocenti<br />
Fahrer: Leonardo Becherelli<br />
Die Leidenschaft dieser beiden Freunde<br />
aus Italien gehört den oft verrissenen<br />
Parallel-Twins von Ducati. „Die<br />
sind nicht so schlecht, wie sie von vielen<br />
gemacht werden“, bekräftigt Innocenti.<br />
„Und sie klingen fantastisch“, wirft Becherelli<br />
ein, dem die blaue Duc gehört. „Das<br />
Fahrwerk ist prima gelungen, gleichermaßen<br />
handlich und stabil“, so Innocenti.<br />
„Hier in Varano kann ich mit meiner 350er<br />
beim Einlenken rund 20 Meter später<br />
bremsen als die anderen – selbst wenn die<br />
auf Rennmaschinen sitzen!“<br />
Die Schwachstellen der Parallel-Twins<br />
mag er dennoch nicht beschönigen. So<br />
die direkt im Alu-Zylinderkopf laufende<br />
Nockenwelle. Mangelschmierung infolge<br />
zugesetzter Ölkanäle sorgt hier für Kernschrott.<br />
„In den 70er-Jahren wurde viel<br />
gestreikt. Arbeiter verließen die Fabrik,<br />
selbst wenn sie gerade Dichtmasse auf die<br />
Gehäusehälften gestrichen hatten. Erst<br />
tags darauf ging die Arbeit weiter. Ich habe<br />
schon viele zerstörte Motoren infolge Ölmangels<br />
im Zylinderkopf gesehen.“<br />
Innocenti besitzt 16 italienische 350er,<br />
einschließlich einer Pantah und diversen<br />
Morini- und MV-Modellen. „Für mich ist<br />
es die Drehfreude, die den Reiz dieser Maschinen<br />
ausmacht. Außerdem sind sie viel<br />
handlicher als die Schwergewichte.“<br />
Leonardo Innocenti (links) und<br />
Leonardo Beccherelli sind angetan<br />
von den kleinen Desmo-Ducatis<br />
Ein ganz besonderes<br />
Einzelstück:<br />
die 350er-Rudge<br />
von Hansueli<br />
Wyssen mit Zylinder<br />
und -kopf von<br />
Friedrich Brumm<br />
Brumm-Rudge 350 von 1933<br />
Fahrer: Hansueli Wyssen<br />
Mit ihrem Teile-Mix aus Coventry<br />
und München ist Hansueli Wyssens<br />
Rudge etwas ganz Besonderes. „Kurbelgehäuse<br />
und Unterbau sind TT-Replikateile“,<br />
bestätigt er. Doch das, was wirklich auffällig<br />
ist, sitzt darüber. Es sind der massive<br />
Aluzylinder und der mit zwei Vergasern<br />
bestückte Zylinderkopf, die neugierig<br />
machen. Beide Teile sehen aus, als seien<br />
sie erst in den letzten Jahren angefertigt<br />
worden, um dem Klassik-Renner auf die<br />
Sprünge zu helfen. Doch in Wirklichkeit<br />
sind die Tuning-Teile viel älter.<br />
„Diese Teile hat Friedrich Brumm, ein<br />
Ingenieur aus Berlin, bereits 1937 hergestellt“,<br />
weiß Hansueli. „Brumm hat auch<br />
die beiden 25,4-Millimeter-Amal TT angeflanscht.<br />
Doch damals mussten vor allem<br />
deutsche Bauteile eingesetzt werden, weshalb<br />
Brumm einen Bosch-Magneten und<br />
Magura-Hebel verbaute.“ Und die hydraulisch<br />
gedämpfte Telegabel? „Die stammt<br />
von einer BMW R 5“, erzählt Hansueli. Die<br />
1936 in Berlin präsentierte 500er-BMW<br />
wurde nur bis 1937 gebaut. Eine Besonderheit<br />
der Gabel ist die über einen kleinen<br />
Hebel variierbare Dämpfung. Originale<br />
Rudge-Bauteile sind dagegen die verrippten<br />
Trommelbremsen. Mit der Brumm-<br />
Rudge fuhr Hans Richnow 1938 Rennen.<br />
In Schotten wurde er damit sogar Zweiter,<br />
als bester Privatfahrer.<br />
Motor, Getriebe, Rahmen und diverse<br />
Kleinteile hat Hansueli in Ostdeutschland<br />
gefunden, zusammen mit alten Fotos der<br />
Maschine im Renntrim. Die Restaurierung<br />
zog sich über drei Jahre. In Varano konnte<br />
er erstmals das Potenzial des Einzelstücks<br />
erfahren – bis die obere Gabelbrücke<br />
brach und er stürzte. Eine Beule im Tank,<br />
die krumme Gabel und verbogene Hebel<br />
dämpften seinen Enthusiasmus kaum: „In<br />
zwei Wochen bin ich beim Coupes Moto<br />
Légende in Dijon wieder am Start!“<br />
www.motorrad-classic.de