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MOTORRAD Classic 09/2016

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Absicht war also nicht, einen stärkeren<br />

Motor zu bauen, sondern die gleiche Leistung<br />

entspannter zu erzielen und dem<br />

Motor gleichzeitig zu mehr Zuverlässigkeit<br />

zu verhelfen. Es bestand die Wahl<br />

zwischen einem Roadster mit kleinem<br />

Tank, einem Hi-Rider mit hohem Lenker<br />

und der Interstate mit großem Tank.<br />

Im Februar 1973 leistete die MkI A 850<br />

erwiesene 60 PS bei 6200/min – die originale<br />

Commando schaffte 56 PS bei 6500/<br />

min, während es die notorisch unzuverlässige,<br />

getunte „Combat“-750er auf 65 PS<br />

bei 6500/min gebracht hatte. Die 850er<br />

profitierte auch von ihrem Drehmomentplus<br />

zwischen 2000 und 4500/min: Eine<br />

Zeit von 12,75 Sekunden für den Viertelmeilen-Sprint<br />

und eine Topspeed von 125<br />

mph (rund 200 km/h) ließ das amerikanische<br />

Magazin Motorcycle World von der<br />

850 Roadster als „größtem, schnellstem,<br />

stärkstem und gleichzeitig sanftestem<br />

britischen Bike“ schreiben. Die 750er-<br />

Baureihe endete im Oktober 1973, und<br />

dezente Änderungen an den 850er-<br />

Modellen (Bearbeitung der Einlasskanäle<br />

und die Rückkehr zum schwarzen Finish<br />

des Zylinderblocks) führten 1974 zum Typ<br />

850 MkII A. Die große Commando war<br />

zivilisierter und zuverlässiger, doch einigen<br />

Besitzern schien der Kickstart des<br />

lang hubigen Biests an kalten Wintermorgen<br />

nahezu unmöglich.<br />

Und dies bringt uns zurück zum Electric<br />

Start-Logo auf dem Seitendeckel.<br />

Die im Februar 1975 den amerikanischen<br />

Händlern vorgestellte MkIII verwöhnte<br />

mit einem Prestolite-E-Starter, einer stärkeren<br />

180-Watt-Lichtmaschine, und der<br />

Schalthebel wanderte von der rechten auf<br />

die linke Seite, um amerikanischen Gesetzen<br />

zu genügen. Die hartverchromte<br />

Brems scheibe vorn wechselte ebenfalls<br />

von der rechten auf die linke Seite, eine<br />

270-Millimeter-Scheibenbremse ersetzte<br />

die bisherige Trommel im Hinterrad. Drohenden<br />

deutschen Lautstärke-Limits und<br />

schärferen amerikanischen Standards für<br />

den Schadstoffausstoß begegnete man mit<br />

deutlich leiseren Schalldämpfern mit ringförmigem<br />

Auslass sowie einer großen Airbox.<br />

Weniger offensichtlich, jedoch wichtiger<br />

waren der neue hydraulische Primärkettenspanner<br />

und die überarbeitete<br />

Isolastic-Aufhängung des Antriebstrangs.<br />

Beim alten Isolastic-System erfolgte die<br />

Einstellung über Entfernung oder Hinzufügung<br />

von Stahlscheiben – zu viel Seitenspiel<br />

an den Gummi-Aufhängungen ließ<br />

das Handling leiden, zu wenig ließ starke<br />

Vibrationen zum Fahrer durch. Die MkIII<br />

nutzte das viel sinnvollere und wirksamere<br />

Vernier-System. Jetzt dauerte die exakte<br />

Einstellung nur Minuten statt Stunden.<br />

Frühe 850er drehten locker über 7000/<br />

min, doch die strengen Ein- und Aus lass-<br />

Beschränkungen würgten die Power der<br />

MkIII über 6000/min gnadenlos ab. Sie<br />

mag nicht so lebendig sein wie die 750er<br />

oder frühe 850er, doch die MkIII zieht<br />

stramm ab 1500/min und dreht bei gut<br />

110 Sachen gerade mal lässige 3800 Touren.<br />

Unter 2500/min zerrt der Motor an<br />

seinen Gummiaufhängungen, doch mit<br />

Überschreiten der 3000er-Marke verwandelt<br />

sich die Commando in eines der sanftesten,<br />

wenn auch nicht der schnellsten<br />

Motorräder der Welt. So lebt vor allem die<br />

Legende des einzigartigen Handlings und<br />

Große Weiten und ferne Ziele sind<br />

die Domäne des starken Tourers.<br />

Recht gut zugänglich unter der Sitzbank<br />

zwischen den Rahmen rohren<br />

befindet sich der hinter dem rechten<br />

Seitendeckel verborgene Öltank<br />

(unten). Geschaltet wird nun links,<br />

das Getriebe besitzt nach wie vor<br />

vier Stufen, die Kupplung nun fünf<br />

statt vier Scheiben<br />

der tadellosen Präzision in der MkIII weiter.<br />

Um sie in die Kehre zu feuern braucht<br />

es nur einen winzigen Stups am Lenker,<br />

und das Bike fühlt sich stets wunderbar<br />

ausbalanciert an. Das Getriebe arbeitet<br />

leicht und willig, der Motor reagiert spontan<br />

auf kleinste Bewegungen am Gasgriff<br />

und liefert üppiges Drehmoment. Die<br />

MkIII ist vielleicht keine vor Angriffslust<br />

„schnaubende“ Norton, doch als eine der<br />

letzten originalen Commandos lässt sie einen<br />

das erleben, was eine Commando ausmacht:<br />

einen großen, starken Tourer. ◻<br />

www.motorrad-classic.de <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 9/<strong>2016</strong> 73

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