FIRMEN AUTO
FA_2016_10
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MANAGEMENT | Streckenradar<br />
KEINE CHANCE FÜR<br />
RASER<br />
Auf der B 6 bei Hannover wird erstmals in Deutschland die<br />
Durchschnittsgeschwindigkeit von Autofahrern gemessen.<br />
Datenschützer wehren sich gegen den Streckenradar, doch<br />
die Politik will damit die Unfallzahlen senken. Text: Alex Mannschatz<br />
Dienstreisende in Frankreich<br />
können Aufregendes berichten.<br />
Von den Autobahnen rund um Montélimar<br />
zum Beispiel, oder denen bei Bordeaux.<br />
Wer dort zu schnell fährt, wird<br />
bloß gestellt. Auf Anzeigebrücken über<br />
einigen Autobahnabschnitten im Süden<br />
des Landes leuchtet groß, in schrillem<br />
Gelb, das eigene Kennzeichen. Unverpixelt,<br />
für alle lesbar, mit dem mahnenden<br />
Zusatz »trop vite« – zu schnell. Frankreich<br />
weiß, was du getan hast, so die Botschaft<br />
mit Ausrufezeichen. Diese Abschnittskontrollen,<br />
neudeutsch Section Control, haben<br />
dort bislang nur erzieherischen Charakter.<br />
Eine Strafverfolgung bleibt aus. In anderen<br />
Ländern geht es restriktiver zu. Etwa<br />
in der Schweiz, in Österreich, in den Niederlanden<br />
oder auch in Großbritannien,<br />
wo die Technik ebenfalls im Einsatz ist.<br />
Dort aber bittet man die Delinquenten ordentlich<br />
zur Kasse.<br />
Gemessen wird am Anfang und am<br />
Ende des überwachten Abschnitts<br />
Im Gegensatz zu stationären oder mobilen<br />
Blitzgeräten ist Section Control ein<br />
Streckenradar, der nicht punktuell eine<br />
Geschwindigkeit misst, sondern gleich<br />
für eine ganze Fahrstrecke. Jedes Fahrzeug<br />
wird zu Beginn eines Abschnitts<br />
von hinten fotografiert und bei der Ausfahrt<br />
aus dem Abschnitt noch einmal<br />
von vorne. Das System errechnet dann<br />
blitzschnell die erzielte Durch schnittsgeschwin<br />
digkeit. Liegt die über der erlaubten,<br />
löst eine weitere Kamera aus<br />
und liefert das gefürchtete Foto mit Fahrer<br />
und Kennzeichen. Die zuvor aufgenommenen<br />
Daten dieses Autos wandern<br />
dann automatisch in eine Verstoßdatei.<br />
Der Raser muss löhnen, entweder kurz<br />
darauf beim Empfangskomitee am Straßenrand<br />
oder ein paar Tage später durch<br />
Aufforderung im Briefkasten.<br />
Nun also auch Deutschland. Auf der<br />
B 6 südlich von Hannover soll noch dieses<br />
Jahr nach langem juristischem Hickhack<br />
die erste Section Control in einem<br />
18-monatigen Pilotversuch starten. Auf<br />
KENNZEICHEN-ERFASSUNG<br />
»Fahrer unter Generalverdacht«<br />
Widerstand gegen den Streckenradar regt sich<br />
auf Seiten der Politik. »In Deutschland ist es<br />
datenschutzrechtlich schlichtweg unzulässig,<br />
Fahrzeuge rechtstreuer Verkehrsteilnehmer überhaupt<br />
zu fotografieren«, sagt Dr. Patrick Breyer<br />
von der Piratenpartei im Landtag von Schleswig-<br />
Holstein. Auch die dortige Landesregierung<br />
denkt über die Einführung eines solchen Systems<br />
nach. In Niedersachsen argumentiert der<br />
FDP-Abgeordnete Jörg Bode ähnlich: »Dass die<br />
Kennzeichen aller Autos gespeichert werden, die<br />
in dem Abschnitt unterwegs sind, ist unzulässig<br />
und stellt jeden Fahrer unter Generalverdacht.<br />
Dadurch wird der gläserne Autofahrer Realität<br />
in einem Ausmaß, von dem selbst George Orwell<br />
nie zu träumen gewagt hätte.«<br />
14 <strong>FIRMEN</strong><strong>AUTO</strong> Oktober 2016