FIRMEN AUTO
FA_2016_10
FA_2016_10
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auf deutschen Straßen, 82 Menschen<br />
mehr als im Vorjahr. Erstmals<br />
seit Jahren steigt die Zahl<br />
der Todesopfer. Unfallforscher<br />
machen dafür vor allem Verkehrsteilnehmer<br />
verantwortlich,<br />
die sich zu sehr mit ihrem<br />
Smartphone beschäftigen. Der<br />
Durchschnittsschweizer schaltet<br />
es täglich 88-mal an, nutzt es<br />
drei Stunden am Tag, telefoniert<br />
aber in der Regel nicht mehr als<br />
sieben Minuten damit. Die Deutschen,<br />
davon ist auszugehen,<br />
pflegen ein vergleichbar inniges<br />
Verhältnis zu ihrem Smartphone.<br />
Doch nicht nur Autofahrer lassen<br />
sich im Straßenverkehr<br />
ablenken. Gleiches gilt auch für<br />
Fußgänger, die ihre Nachrichten<br />
Haftpflichtversicherung abgeschlossen.<br />
Dabei ist die nicht mal<br />
teuer. Ein Single zahlt kaum<br />
mehr als 25 Euro pro Jahr. Nicht<br />
viel, wenn man bedenkt, dass<br />
die Folgen eines Unfalls in die<br />
Millionenhöhe gehen können.<br />
Zwar entwickeln alle Kfz-<br />
Hersteller Systeme, die Unfälle<br />
durch Ablenkung zu vermeiden<br />
helfen. Der Kollisionswarner<br />
mit Bremseingriff etwa<br />
verhindert häufig Schlimmeres.<br />
»Sicherlich können solche<br />
Systeme zu einem gewissen<br />
Maß schützen«, sagt auch<br />
die Unfallforscherin. Dennoch<br />
bleibt sie skeptisch: »Die Technik<br />
kann auch kontraproduktiv<br />
sein.« Dann nämlich, wenn der<br />
Drei typische Unfallsituationen<br />
Ungebremst ins Stauende<br />
Mit dem ersten Crash simulieren die Unfallforscher von Axa Winterthur<br />
einen klassischen Auffahrunfall, wie er täglich bei Staus auf der Autobahn<br />
geschehen kann. Abgelenkt fährt der Verursacher mit Tempo 60 nahezu<br />
ungebremst auf ein stehendes Fahrzeug auf. Durch den Aufprall wird der<br />
mittlere Pkw stark beschleunigt und kollidiert mit dem Van vor ihm. Der<br />
Letzte im Stau kann das Unglück im Rückspiegel auf sich zurollen sehen.<br />
Dann bleibt laut Unfallforscher nur noch eins: Den Kopf fest an die Kopfstütze<br />
drücken, Körperspannung aufbauen und voll auf die Bremse gehen.<br />
Knopf im Ohr und starrer Blick aufs Display:<br />
Unsere Straßen sind voller Smombies<br />
checken, per Kopfhörer Musik<br />
hören und dabei die Straße queren.<br />
Nicht selten kommt es so zu<br />
schweren Unfällen. Wer überlebt,<br />
muss nicht nur mit den gesundheitlichen<br />
Folgen klarkommen,<br />
sondern trägt oft ein Leben lang<br />
an den finanziellen Folgen des<br />
Unfalls. Hat er nämlich keine<br />
private Haftpflichtversicherung<br />
abgeschlossen, muss er die Kosten<br />
selbst tragen. Junge Erwachsene,<br />
die nicht mehr in der elterlichen<br />
Haftpflicht integriert sind,<br />
haben selten eine eigene private<br />
Mensch sich blind darauf verlässt.<br />
Frei nach dem Motto: »Ich<br />
laufe auf die Straße, das Auto<br />
wird schon bremsen.«<br />
Die Stimmen mehren sich, die<br />
schärfere Sanktionen für Smartphone-Nutzer<br />
im Straßenverkehr<br />
fordern. »Es nützt offensichtlich<br />
nicht, an die Vernunft<br />
der Verkehrsteilnehmer zu<br />
appellieren«, glaubt Zahnd. Es<br />
braucht wohl doch empfindliche<br />
Geldbußen, um vom Handy<br />
ausgehende Risiken für den Verkehr<br />
zu reduzieren.<br />
Smombie im Straßenverkehr<br />
Ein von seinem Smartphone abgelenkter Fußgänger will die Straße queren.<br />
Im Kopfhörer läuft Musik, sodass er das Auto nicht hört. Der Wagen<br />
erfasst den Fußgänger mit 50 km/h. Der knallt erst auf die Motorhaube,<br />
fliegt dann in hohem Bogen durch die Luft und prallt meterweit entfernt<br />
auf die Erde. Nur vier von zehn Personen überleben einen solchen dramatischen<br />
Unfall bei dieser Geschwindigkeit, bei Tempo 35 sind es neun von<br />
zehn. Übrigens: Smombie, eine Wortkombination aus Smartphone und<br />
Zombie, war 2015 das Jugendwort des Jahres.<br />
Fotos: Fotolia (1)<br />
»Es nützt nichts, an die<br />
Vernunft zu appellieren. Wir<br />
brauchen schärfere Strafen«<br />
Bettina Zahnd<br />
Unfallforscherin der<br />
Axa Winterthur Versicherung<br />
Kollision mit entgegenkommendem Lkw<br />
Kaum eine Chance hätte auch der Pkw-Fahrer des dritten Crash-Szenarios.<br />
Er ist auf der Landstraße unterwegs und mehr damit beschäftigt, eine<br />
Nachricht zu tippen, als zu lenken. So bekommt er nicht mit, dass er die<br />
Mittellinie überfährt und auf die Gegenfahrbahn gerät. Der entgegenkommende<br />
Lkw-Fahrer bremst zwar sofort. Trotzdem prallt er mit 30 km/h in<br />
den 60 km/h schnellen Pkw. Durch das ungleiche Kräfteverhältnis wird der<br />
Pkw schwer beschädigt und zurück auf seine Fahrspur geschleudert. Der<br />
Lkw wird dabei nur leicht demoliert.<br />
Oktober 2016 <strong>FIRMEN</strong><strong>AUTO</strong> 87