WIRTSCHAFT+MARKT 6/2016
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ZUKUNFT OST<br />
W+M | 33<br />
Auch Bewährtes<br />
bedarf der Erneuerung<br />
Von Iris Gleicke, Parlamentarische<br />
Staatssekretärin im Bundeswirtschaftsministerium<br />
und Bundesbeauftragte für<br />
die neuen Bundesländer<br />
Ostdeutschland<br />
In der Welt zu Hause<br />
Fotos: Möller Medienagentur (oben), Büro Gleicke/Sandra Ludewig (unten)<br />
Das wichtigste und prägende Merkmal<br />
der ostdeutschen Wirtschaft<br />
ist zweifellos ihre Kleinteiligkeit.<br />
Es fehlt im Osten an großen Unternehmen,<br />
die regional für hohe Wertschöpfung<br />
und damit Einkommen sorgen und<br />
zahlreiche mittelständische Zulieferer mitziehen<br />
könnten. Wir sollten besser nicht<br />
darauf bauen, dass demnächst irgendwelche<br />
Konzerne oder Großunternehmen<br />
ihre Zentralen in die ostdeutschen Länder<br />
verlegen – dieser Traum ist 26 Jahre nach<br />
der Einheit ausgeträumt. Sowohl aus gesamtwirtschaftlicher<br />
Sicht als auch aus<br />
der Perspektive der kleinen und mittleren<br />
Unternehmen ist es viel sinnvoller, sich<br />
auf die eigenen Stärken zu besinnen und<br />
die vorhandenen Wachstumsperspektiven<br />
konsequent zu nutzen, um im nationalen<br />
und internationalen Wettbewerb<br />
bestehen zu können.<br />
ZUR PERSON<br />
Die 1964 in Schleusingen (Thüringen)<br />
geborene, studierte Hochbauingenieurin<br />
Iris Gleicke sitzt seit 1990 für die<br />
SPD im Bundestag. Hier war sie von<br />
2005 bis 2013 Fraktionsgeschäftsführerin.<br />
Seit 2013 ist sie Parlamentarische<br />
Staatssekretärin beim Bundeswirtschaftsminister,<br />
seit 2014 Bundesbeauftragte<br />
für die neuen Bundesländer,<br />
Mittelstand und Tourismus.<br />
Technologischer Fortschritt und Innovationen<br />
sorgen weltweit für Wachstum<br />
und beschleunigen zugleich den Strukturwandel.<br />
Die ostdeutschen Mittelständler<br />
müssen hier ganz vorne mit dabei<br />
sein. Für manch einen, der bis jetzt<br />
erfolgreich eine Marktnische besetzt,<br />
könnte es sonst über kurz oder lang ein<br />
böses Erwachen geben. Es gibt schlicht<br />
und ergreifend keine Garantie dafür, dass<br />
sich die profitable Nische von heute nicht<br />
schon bald unversehens in eine böse Falle<br />
verwandelt. Auch das Bewährte bedarf<br />
in aller Regel der beständigen Verbesserung<br />
und Erneuerung. Die in Ostdeutschland<br />
hervorragend ausgebaute<br />
Forschungsinfrastruktur aus Hochschulen,<br />
außeruniversitären Forschungseinrichtungen<br />
und den gemeinnützigen Forschungsunternehmen<br />
bietet die besten<br />
Voraussetzungen dafür, die eigenen Kompetenzen<br />
im Bereich Forschung<br />
& Entwicklung (FuE) weiterzuentwickeln,<br />
um mit innovativen<br />
Produkten<br />
und Verfahren neue<br />
Märkte zu erschließen<br />
und neue Kunden<br />
zu gewinnen.<br />
Iris Gleicke.<br />
Um dauerhaft erfolgreich<br />
zu sein und<br />
sich die Vorteile großer<br />
Strukturen zu<br />
erschließen, müssen<br />
die mittelständischen<br />
Unternehmen<br />
intensiv Netzwerke bilden und nutzen.<br />
Denn nicht nur bei FuE-Projekten,<br />
sondern auch bei der Digitalisierung oder<br />
angesichts des Fachkräftemangels können<br />
Netzwerke zu klugen gemeinsamen<br />
Lösungen verhelfen. Wenn es um die Sicherung<br />
der unternehmerischen Zukunft<br />
geht, sind neben dem technischen Knowhow<br />
Kompetenzen beim Management<br />
gefragt. Diese werden auch angesichts<br />
der zunehmenden Internationalisierung<br />
der Märkte immer wichtiger. Allerdings<br />
eröffnen die neuen Märkte im Ausland<br />
nur den international tätigen Unternehmen<br />
die Chance, wettbewerbsfähiger zu<br />
werden, und dass auch die Heimatmärkte<br />
einem zunehmend Wettbewerb aus dem<br />
Ausland ausgesetzt sind, gehört nun einmal<br />
zur Globalisierung dazu.<br />
Die Herausforderung besteht darin, in<br />
Ostdeutschland Impulse für<br />
stabiles Wachstum zu setzen.<br />
Vor diesem Hintergrund<br />
habe ich den Dialog<br />
„Unternehmen<br />
:wachsen“ ins Leben<br />
gerufen. Hier<br />
können sich Unternehmerinnen<br />
und<br />
Unternehmer mit<br />
ihren Erfahrungen<br />
und Vorstellungen<br />
austauschen. Am 9.<br />
November <strong>2016</strong> wollen<br />
wir die Ideen und<br />
Vorschläge auf einer<br />
großen Veranstaltung diskutieren und sie<br />
im nächsten Jahr thematisch fokussiert<br />
vertiefen. Dass dieser Termin ausgerechnet<br />
auf das Datum fällt, an dem die Ostdeutschen<br />
vor 27 Jahren die Mauer niedergerissen<br />
und Neuland betreten haben,<br />
ist dabei ein purer, aber aus meiner Sicht<br />
überhaupt kein dummer Zufall. W+M<br />
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