WIRTSCHAFT+MARKT 6/2016
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ZUKUNFT OST<br />
W+M | 45<br />
Warum wir in naher Zukunft sowohl<br />
auf die Braunkohle als auch<br />
auf Erneuerbare Energien setzen<br />
Braunkohletagebau in Jänschwalde.<br />
Von Dr. Dietmar Woidke, Ministerpräsident des Landes Brandenburg<br />
Fotos: A. Gutwein (oben), Oliver Lang/SPD Brandenburg (unten)<br />
Der Industriestandort Deutschland<br />
kann mittelfristig nicht auf die<br />
Braunkohleverstromung verzichten.<br />
Nur so kann die Versorgung mit bezahlbarer<br />
und zuverlässiger Energie für<br />
die Bevölkerung, für die Industrie und für<br />
den Mittelstand gesichert werden. Unternehmen<br />
wie Arcelor, BASF, PCK oder<br />
Riva stehen im internationalen Wettbewerb.<br />
Die Industrie sichert hunderttausende<br />
gute Arbeitsplätze in Deutschland<br />
und ist damit Grundlage für Wohlstand<br />
und soziale Sicherheit. Und diese<br />
Industrie ist auf eine bezahlbare<br />
und verlässliche<br />
Stromversorgung<br />
angewiesen. Brandenburg<br />
trägt hier<br />
also Verantwortung<br />
weit über unsere<br />
unmittelbaren Landesgrenzen<br />
hinaus.<br />
Auf die Frage, wann<br />
die Brücke der Braunkohle<br />
endet, gibt es<br />
daher nur eine Antwort:<br />
wenn die Erneuerbaren<br />
Energien eine zuverlässige, stabile<br />
und bezahlbare Stromversorgung gewährleisten<br />
können. Das heißt: Allein der technologische<br />
Fortschritt darf hier der Maßstab<br />
sein und keine willkürliche Jahreszahl.<br />
Dr. Dietmar Woidke<br />
Eine politisch „verordnete“ schnelle Beendigung<br />
der Braunkohleverstromung gefährdet:<br />
• den Erfolg der Energiewende in ganz<br />
Deutschland (zu jeder Zeit sichere Versorgung)<br />
• die Strukturentwicklung und den sozialen<br />
Frieden in der Lausitz (und den anderen<br />
Braunkohlerevieren)<br />
• den Wirtschaftsstandort Deutschland<br />
(Strompreise, Versorgungssicherheit)<br />
und<br />
• hilft dem Klima in keiner Weise<br />
(Produktionsverlagerungen, erhöhte<br />
Energieimporte).<br />
Brandenburg fordert deshalb gemeinsam<br />
mit den anderen Braunkohleländern von der<br />
Bundesregierung, die weitere Braunkohlenutzung<br />
nicht den sehr ambitionierten<br />
nationalen Klimaschutzzielen<br />
zu opfern sowie<br />
die Lausitz und die<br />
anderen Braunkohleregionen<br />
auf ihrem<br />
schwierigen Weg als<br />
zuverlässigen Partner<br />
zu unterstützen.<br />
Das heißt aber nicht,<br />
dass wir uns den Erneuerbaren<br />
Energien<br />
verschließen und<br />
den Zug der Zeit verpassen<br />
würden. Im<br />
Gegenteil! Wir in Brandenburg sind in diesem<br />
Bereich bundesweit Vorreiter. Das<br />
Land Brandenburg leistet einen wesentlichen<br />
Beitrag zur bundesweiten Stromerzeugung<br />
aus Erneuerbaren Energien: Rund<br />
66 Prozent des Bruttostromverbrauchs werden<br />
in Brandenburg bereits aus Erneuerbaren<br />
Energien erzeugt. Damit wird die Zielsetzung<br />
der Bundesregierung für das Jahr<br />
2035 (55 bis 60 Prozent) schon jetzt übertroffen.<br />
Bei der Windkraft hatten wir den<br />
Zielwert des Bundes für 2030 bereits 2014<br />
zur Hälfte erreicht. Brandenburg ist damit<br />
das Bundesland mit dem größten Anteil an<br />
der insgesamt installierten Windkraft-Leistung<br />
in Deutschland. Bei der Photovoltaik<br />
haben wir den Zielwert für 2030 sogar<br />
schon zu über 80 Prozent erreicht!<br />
Wie man sieht, fährt Brandenburg energiepolitisch<br />
zweigleisig. Und das ist vernünftig<br />
und vorausschauend.<br />
Wenn die Energiewende gelingen soll,<br />
müssen die Kostenfrage für die Verbraucher<br />
sowie die Wettbewerbsfähigkeit der<br />
Wirtschaft stärker im Fokus stehen. Bei<br />
der Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes<br />
(EEG) ist es deshalb zu Recht Konsens,<br />
dass mehr Steuerung bei der Energiewende<br />
notwendig ist. Mit dem nun beschlossenen<br />
EEG 2017 wird deshalb das<br />
Ausbautempo der Erneuerbaren Energien<br />
an die Fortschritte beim Stromleitungsbau<br />
angepasst. Bei der Entwicklung der<br />
Speichertechnologien hat die EEG-Novelle<br />
leider keine großen Fortschritte gebracht.<br />
Hier müssen wir dringend vorankommen.<br />
Es bleibt also energiepolitisch noch viel zu<br />
tun. Brandenburg ist darauf gut vorbereitet.<br />
<br />
W+M<br />
ZUR PERSON<br />
Der 1961 in der Niederlausitz geborene<br />
Dietmar Woidke studierte bis 1987 Landwirtschaft<br />
in Berlin (Promotion 1993).<br />
1994 wurde der SPD-Politiker in den<br />
brandenburgischen Landtag gewählt und<br />
war zwischen 2004 und 2009 Minister<br />
für Ländliche Entwicklung sowie von<br />
2010 bis 2013 Innenminister. Seit 2013<br />
ist er Ministerpräsident des Landes.<br />
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