Autonomie stärken - Eine Orientierung für Mitarbeiter-/innen (2013)
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5.3 Leitfragen und Leitlinien zur Selbstbestimmung<br />
(1) Verantwortung<br />
Zu klären ist die Frage, wer die Verantwortung <strong>für</strong> das eigene Verhalten oder das<br />
Verhalten anderer trägt. Wie stark sind der eigene Wille und die Vernunftfähigkeit<br />
des Einzelnen eingeschränkt? Wie viel Unterstützung benötigt er? Welche Grenzziehungen<br />
und Einschränkungen sind nötig, welche erlaubt?<br />
Die Leitlinie <strong>für</strong> die Beantwortung dieser Fragen könnte heißen: So viel Raum <strong>für</strong><br />
Eigenverantwortung wie möglich, so viel Begrenzung wie nötig!<br />
(2) Regeln<br />
In schwierigen Situationen, die Grenzziehungen nötig machen, ist zu fragen, ob es<br />
<strong>für</strong> ein bestimmtes Verhalten, das den Betroffenen selbst oder andere schädigen<br />
kann, Verfahrensregeln gibt. Welcher Ablauf ist geplant bei riskantem Verhalten?<br />
Sind die Regeln allen Beteiligten bekannt? Wurden sie vom Betroffenen und dessen<br />
gesetzlichen Betreuern akzeptiert? Stehen die Regeln im Einklang mit dem geltenden<br />
Strafrecht? Wie kann Missbrauch ausgeschlossen werden?<br />
<strong>Eine</strong> Leitlinie könnte heißen: Interventionen, die Freiheit einschränken, sind nur mit<br />
akzeptierten Regeln erlaubt.<br />
(4) Sensibilität und Kompetenz<br />
Wie kann erreicht werden, dass <strong>Mitarbeiter</strong> und soziale Einrichtungen, die mit dauerhaft<br />
handlungseingeschränkten Menschen umgehen, sensibel bleiben <strong>für</strong> das Recht<br />
der Betroffenen auf möglichst viel Eigen- und Mitverantwortung und Teilhabe am<br />
Leben? Welche Reflexionsebenen und Fortbildungen sind nötig, um in schwierigen<br />
Situationen möglichst richtig zu handeln?<br />
<strong>Eine</strong> mögliche Leitlinie: Für den institutionellen und professionellen Umgang mit<br />
autonomieeingeschränkten Menschen bedarf es institutionell gestützter Formen der<br />
Bewältigung und der Entscheidungsfindung in schwierigen Grenzsituationen.<br />
(3) Lebenschancen<br />
Zu fragen ist bei (häufigen) freiheitseinschränkenden Maßnahmen, ob und inwieweit<br />
nach der Intervention eine Chance <strong>für</strong> den Betroffenen auf ein gutes Miteinander<br />
besteht. Wie kann ein Teufelskreis von Aktion und einschränkender Reaktion zugunsten<br />
einer fähigkeitsorientierten Umgangsform durchbrochen werden? Wie können<br />
die (verschütteten) Ressourcen der Betroffenen erkannt und entwickelt werden?<br />
<strong>Eine</strong> mögliche Leitlinie dazu: Freiheitseinschränkende Aktionen sind ethisch nur dann<br />
gerechtfertigt, wenn sie in ein ressourcenorientiertes Milieu eingebunden sind.<br />
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