O+P Fluidtechnik 1-2/2016
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WAS BEDEUTET I4.0 FÜR DIE<br />
BRANCHE FLUIDTECHNIK?<br />
Die Fraunhofer Gesellschaft hat<br />
in Chemnitz eine hochinteressante<br />
Modellfabrik aufgebaut,<br />
die „E3-Forschungsfabrik<br />
Ressourceneffiziente Produktion“.<br />
Dort wird auf der<br />
Grundlage eines neu entwickelten<br />
Konzepts an zukunftsfähigen<br />
Lösungen für die<br />
Produktionstechnik von morgen<br />
geforscht. Was können Sie über<br />
dieses Großprojekt berichten<br />
und welchen Einfluss hat die<br />
Thematik Industrie 4.0 auf die<br />
Arbeiten.<br />
Prof. M. Putz: Das Fraunhofer-Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik<br />
arbeitet im Wesentlichen auf dem Gebiet der Umformtechnik, seit wir vor 25 Jahren in<br />
Chemnitz als erstes produktionstechnisches Fraunhofer-Institut in Ostdeutschland<br />
gegründet wurden. In unserer E3-Modellfabrik forschen wir in den Kompetenzbereichen<br />
„Karosseriebau“, „Powertrain“ sowie „Umformen und Zerspanen“ auf drei Themen:<br />
energieeffiziente Technologien und Maschinen, emissionsneutrale Fabriken und Logistik<br />
sowie die Einbindung des Menschen in die Produktion. Das hat zahlreiche Aspekte von<br />
I4.0, ist aber keineswegs deckungsgleich. Ein Aspekt, mit dem wir uns beschäftigen, und<br />
der auch I4.0 unmittelbar betrifft, ist der Umgang mit Daten: Wie gewinnt man interessante<br />
Daten? Wie geht man mit Daten um, produktionstechnischen Daten oder Daten zum<br />
Energieverbrauch? Wie kommuniziert und verwaltet man Daten sicher und vor allem, wie<br />
gewinnt man aus den Daten nützliche, verwertbare Informationen? Hüten sollten wir uns<br />
allerdings vor Datenfriedhöfen. Die Thematik der Datentransparenz – data visibility – ist<br />
ebenfalls von großer Bedeutung: Es muss gewährleitet sein, dass wir Daten für ein Produkt<br />
wiederfinden, das vor zehn Jahren produziert wurde.<br />
Daten und ihre Handhabung<br />
sind zweifellos ein zentraler<br />
Aspekt bei I4.0, ebenso wie die<br />
elektronische Vernetzung<br />
intelligenter Systeme.<br />
Prof. M. Putz: Ja. Die Messen 2015 in Hannover haben es deutlich vor Augen geführt: Die<br />
Industriemesse war fast eine Informatikmesse, die Cebit fast eine Produktionstechnikmesse.<br />
Die eigentliche Thematik bei I4.0 ist, dass wir die klassische Produktionstechnik<br />
(wir in Chemnitz sehen uns als klassische Produktionstechniker) mit den modernen<br />
Möglichkeiten der Informations- und Kommunikationstechnik verbinden – technologisch<br />
und personell. Eine Besonderheit ist die Methodik, wie man kommuniziert. Daten und<br />
Informationstechnik müssen nicht mehr zentral gehalten werden, sie können dezentral<br />
organisiert sein. Und diese Dezentralität kann man auch noch mobil machen. Dies ist ein<br />
weiterer Schwerpunkt, den wir in unserer E3-Forschungsfabrik bearbeiten und<br />
demonstrieren. Übrigens: Die dezentrale Organisation von Daten und Informationsverarbeitung,<br />
ihre Mobilität und die Einbindung des Menschen bei I4.0 sind entscheidende<br />
Unterschiede zu der ab den 1970er Jahren propagierten Methode der Computerintegrierten<br />
Fertigung (CIM), die auf Vollautomatisierung abzielte.<br />
SPECIAL / INDUSTRIE 4.0<br />
Wie beurteilen Sie die Vision,<br />
Einzelstücke mit der I4.0<br />
Methodik genau so effizient<br />
herstellen zu können wie in<br />
Großserie gefertigte Teile? Und<br />
wie beantworten Sie die<br />
zentrale Frage: „Was bedeutet<br />
I4.0 für uns“? Sind wir für die<br />
neuen Entwicklungen gut<br />
gerüstet?<br />
Prof. M. Putz: Ich glaube nicht an eine 100%ige Flexibilität immer zu gleichen Kosten. Wir sollten uns<br />
bewusst sein, dass man immer wieder Kompromisse schließen muss.<br />
Während des Umbruchs nach der Wende in Ostdeutschland, hatte ich mich (ursprünglich Hydrauliker)<br />
in die Umformtechnik „gerettet“, weil ich glaubte, in großen 5 000-t-Pressen werden hydraulische<br />
Antriebe und Steuerungen immer eine Rolle spielen. Wir sind heute ein großes Institut, das gemeinsam<br />
mit Partnern an Hydraulik und Pneumatik in der Umformtechnik forscht. Ich bin überzeugt: Die<br />
<strong>Fluidtechnik</strong>er können bei der Thematik I4.0 selbstbewusst und überzeugend auftreten; viele Entwicklungen<br />
der <strong>Fluidtechnik</strong> in den letzten 20 bis 25 Jahren passen fantastisch in das Konzept I4.0: die<br />
elektronische Kompensation von Nichtlinearitäten oder die Technik, wie Systeme gekapselt und<br />
kommunikationsfähig gemacht werden. Die <strong>Fluidtechnik</strong>er haben Dinge vielleicht anders genannt,<br />
darauf muss man schauen, aber man kann diese Technik selbstbewusst einbringen.