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Kultur- Reportage: 35 mm Kontrovers: siche- - Martin-Luther ...

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n<strong>Reportage</strong><br />

10<br />

„Durchdrehen“ liegt in der Luft<br />

Eigene Filmprojekte in die Tat umzusetzen, ist das Ziel des Praxisseminars „Dramaturgie<br />

inszenierter Kurzfilme“. Für professionelle Unterstützung sorgt dabei Dozentin Manja Rothe.<br />

Vom gedruckten Text zum lebendigen Film ist es ein weiter Weg. Als Yvonne Tscherning die-<br />

sen im So<strong>mm</strong>ersemester 2008 beschritt, war sie nicht allein. Zum Drehteam von „Der Schein“<br />

Von Kathleen Döbbel<br />

gehörte auch MuKJournal-Reporterin und Tonanglerin Kathleen Döbbel.<br />

er 19. Mai 2008 in Halle. Vor dem Haupteingang<br />

des Kongress- und <strong>Kultur</strong>zentrums bahnt<br />

sich Großes an. Die mit Säulen verzierte Pforte<br />

schi<strong>mm</strong>ert im Morgenlicht. In den blank geputzten<br />

Glasscheiben der Eingangstüren spiegelt<br />

sich ein Schwarm halbwegs munterer Studenten.<br />

Ein alter Techniktransporter rauscht die Auffahrt<br />

hinauf und wird von Helfern umzingelt. Das Dröhnen<br />

des Motors erlischt. Ein Moment der Stille. Die Sonne kitzelt<br />

letzte Spuren von Müdigkeit aus den Augenwinkeln. Noch<br />

kühlt ein zarter Wind die auf Arbeit wartenden Studenten.<br />

Gleichwohl: Das „Durchdrehen“ liegt schon in der Luft.<br />

In diesem Augenblick, es klickt, öffnet sich die Kofferraumklappe<br />

des Fahrzeugs. Eifrig greifen Hände zu. Beladen mit<br />

schwerer Filmtechnik hastet<br />

die Crew in die dunklen Gemächer<br />

des En Vogues. Das<br />

Startsignal zum ersten Drehtag<br />

ist gefallen: „Der Schein“ von<br />

Yvonne Tscherning soll innerhalb<br />

einer Woche ‚im Kasten’<br />

sein. Der Wettlauf mit dem<br />

Zeitplan der Tagesdisposition<br />

hat begonnen. Dozentin<br />

Manja Rothe ist mit<br />

am Start, sie beobachtet<br />

aufmerksam die wirbelnde<br />

Filmcrew. Schließlich lehnt sie<br />

sich zufrieden in eine dunkle<br />

Sofaecke der Bar, überzeugt<br />

davon, dass alles ordnungsgemäß<br />

läuft.<br />

Nadine tanzt im „Big Apple“<br />

Mittendrin statt nur dabei.<br />

Am Set herrscht derweil<br />

Hochsti<strong>mm</strong>ung, die Motivation<br />

und Vorfreude auf die<br />

ersten Szenen steht in den<br />

Gesichtern. Technik und Kulisse<br />

werden zügig aufgebaut.<br />

Inmitten der Crew rüste ich<br />

mein Arbeitsgerät. Ich bin die<br />

‚erste Tonangel’. Neben mir:<br />

Paul Böhme, die ‚zweite Tonangel’. Und der Meister, Christian<br />

Schunke. Schon am ersten Tag sitzt jeder Handgriff. Der<br />

Lohn für gründliche Vorbereitung und Aufbauproben. Wir<br />

sind bereit! Gemeinsam mit den Akkus, die ich vor dem ersten<br />

Einsatz noch in die Ladestation packe, lädt sich auch meine<br />

Nervosität auf.<br />

„Der Schein“, die Erste!<br />

<strong>35</strong> <strong>mm</strong><br />

Es ist 09.30 Uhr als aus dem Hintergrund eine zittrige Sti<strong>mm</strong>e<br />

um Aufmerksamkeit ringt. Yvonne Tscherning, die Regisseurin,<br />

hält vor dem Drehstart eine kurze Ansprache. Aufregung und<br />

Spannung sind ihr deutlich anzumerken. Nach acht Monaten<br />

harter Arbeit am Drehbuch und aufwendiger Planungsphase<br />

ist es endlich soweit. „Ich freu mich sehr, dass ich gemeinsam<br />

mit euch meinen ersten Film in die Tat umsetzen kann. Ich<br />

verlange absolute Professionalität und maximalen Einsatz.<br />

Wir haben eine gute Ausgangsposition durch mühevolle Vorbereitung<br />

und nun müssen wir etwas daraus machen. Der Anspruch<br />

an den Film ist sehr, sehr hoch.“ Ja. - Aber gemeinsam<br />

können wir es schaffen.<br />

Die erste Szene führt uns in einen bekle<strong>mm</strong>enden Toilettenraum,<br />

eingerichtet mit hitzeerzeugender Lichttechnik. Mittendrin<br />

der ganze Stolz der Regisseurin: die RED ONE. Die<br />

RED ist eine digitale Kamera, die dem qualitativen Anspruch<br />

von <strong>35</strong>-<strong>mm</strong>-Optik entspricht. Da trotz guter Qualität Kopier-<br />

und Filmrollenkosten gespart werden können, greifen bereits<br />

einige Hollywoodproduktionen auf diese Kamera zurück. Nun<br />

steht sie bei uns, im Toilettenraum, und wir sind deutschlandweit<br />

eines der ersten Projekte, die mit der RED drehen.<br />

Neben den ganzen Geräten haben sich nun auch Ton-, Kamera-<br />

und Regie-Personal im Raum positioniert. „Ruhe bitte,<br />

wir drehen! Ton – läuft. Kamera - läuft. Und bitte!“ Ich<br />

lausche einem Arzt beim Koksen. Verda<strong>mm</strong>t eng ist es. Pro<br />

Einstellung scheint die Raumgröße zu schrumpfen. Wie Ölsardinen<br />

eng an eng gereiht, umhüllt von einem Dunst aus<br />

Schweiß und Urinstein. Die Scheinwerfer brennen. Ringen<br />

nach Luft. Auf meinen Armen lastet die i<strong>mm</strong>er schwerer werdende<br />

Tonangel. Schweißperlen vergnügen und vermehren<br />

sich feucht-fröhlich auf meiner Stirn. Ein Blick in die Augen<br />

der Kollegen, die genau wie ich die Zähne zusa<strong>mm</strong>enbeißen.

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