Kultur- Reportage: 35 mm Kontrovers: siche- - Martin-Luther ...
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nEssay<br />
22<br />
Vom Zuschauer<br />
zum Progra<strong>mm</strong>direktor<br />
Das Internetfernsehen gewinnt täglich an Bedeutung. Es stellt das duale System auf den Kopf<br />
und befreit die klassische Fernsehsendung vom starren Progra<strong>mm</strong>schema. Es entstehen neue<br />
Alternativen, aber auch neue Probleme. Gerade wegen dieser rasanten Entwicklung gibt es<br />
viele, die mit dem Begriff Internetfernsehen nichts anfangen können. Hier ein Einblick in<br />
Von Jörg Langguth und <strong>Martin</strong> Gerling<br />
ndlich Wochenende! Gerade hat man es sich auf<br />
der Couch gemütlich gemacht und zappt durch das<br />
TV-Progra<strong>mm</strong>, da muss man wieder einmal mit Ernüchterung<br />
feststellen, dass Auswahl und Angebot<br />
ganz schön zu wünschen übrig lassen. Der einzige<br />
Ausweg: der Gang zur Videothek – zeitgemäßer:<br />
Mediathek - verbunden mit der Hoffnung, dass der<br />
gewünschte Film auch noch erhältlich ist. Zurückbringen nicht<br />
vergessen, sonst wird es teuer.<br />
Seit einigen Jahren vollzieht sich ein Wandel, der solche Bräuche<br />
überflüssig macht. Er begann mit der Katze Pajamas im Mai<br />
2005. Sie war der Star im ersten Web-Video der Plattform You-<br />
Tube, das als Vorform quasi die Geburtsstunde des Internetfernsehens<br />
markiert. Doch die Anfangszeiten neigen sich dem<br />
Ende zu. Gerade bei jungen Leuten bildet das Internet schon<br />
heute die Basis des alltäglichen TV-Konsums. Der Tagesspiegel<br />
berichtete erst im August über eine Onlinestudie, nach welcher<br />
14- bis 19-Jährige täglich ‚nur’ 100 Minuten vor dem Fernseher<br />
und bereits 120 Minuten im Netz verbringen. 92 Prozent der<br />
Jugendlichen gab an, die Zeit im Internet unter anderem für<br />
YouTube, Liveübertragungen oder Video-On-Demand zu nutzen.<br />
All diese Formen werden unter dem Begriff Internetfernsehen<br />
zusa<strong>mm</strong>engefasst, jedoch unterscheiden sie sich enorm<br />
hinsichtlich ihres tatsächlichen Bezugs zum Fernsehen, ihrer<br />
Handhabung und Rezeption.<br />
Web-TV & IPTV: Progra<strong>mm</strong>-Fernsehen im<br />
Internet<br />
Es sind wohl die zwei Formate Web-TV und IPTV, welche mit<br />
unseren althergebrachten Vorstellungen vom Fernsehen noch<br />
am ehesten vereinbar sind. Beide liefern digitales Progra<strong>mm</strong>fernsehen<br />
aus der Telefonleitung anstatt über Kabel oder Satellit.<br />
Die Daten des Fernsehprogra<strong>mm</strong>s werden bei IPTV (Internet<br />
Protocol Television) über ein separates und leistungsfähigeres<br />
Netz übertragen. Das garantiert, verglichen mit Web-TV, eine<br />
bessere Qualität. Dafür muss aber auch gezahlt und eine so<br />
Formen und Folgen.<br />
genannte Settop-Box installiert werden. Eine teure Angelegenheit.<br />
Das Web-TV hingegen ist kostenlos und über das frei<br />
zugängliche Internet empfangbar. Jeder Rechner oder Laptop<br />
mit Zugang zu einem Internet-Breitbandanschluss ist imstande,<br />
Web-TV zu empfangen. Mit Hilfe weniger Kabel lässt sich der<br />
Computer problemlos auch mit dem Fernseher verbinden, um<br />
das Bild über die Fli<strong>mm</strong>erkiste sehen zu können. Somit lässt<br />
sich der Unterschied zu der guten alten Fernsehwelt de facto<br />
komplett maskieren: dieselben Sender, dasselbe Progra<strong>mm</strong>, die<br />
gleiche Einbahnstraßenko<strong>mm</strong>unikation.<br />
Video-on-demand: Sehen was und wann<br />
man will<br />
Parallel zum alten Progra<strong>mm</strong>diktat im neuen Internetgewand<br />
wurde eine Idee umgesetzt, die seit den 80ern im Verborgenen<br />
schlu<strong>mm</strong>erte: Video-on-demand (VOD). Auch wenn damals<br />
noch andere Vorstellungen damit verbunden waren, ist<br />
das Grundprinzip, nämlich den Zeitpunkt und das gewünschte<br />
Progra<strong>mm</strong> auswählen zu können, 2005 Realität geworden.<br />
Jederzeit und weltweit lassen sich audiovisuelle Angebote im<br />
Internet hochladen und abrufen, seien es Privatvideos, Fernsehbeiträge,<br />
Serien oder Kinofilme. Zum ersten Mal in der Geschichte<br />
des Fernsehens sind die Grenzen zwischen Produzent,<br />
Verteiler und Rezipient durchlässig geworden. YouTube hat mit<br />
seinem Konzept der ständigen Verfügbarkeit dazu beigetragen,<br />
das Internetfernsehen zu etablieren und somit ein Stück Mediengeschichte<br />
geschrieben. Zappen und etwas aufgetischt zu<br />
beko<strong>mm</strong>en war gestern – heute wird aktiv und nach Interesse<br />
ausgewählt.<br />
Fluch oder Segen?<br />
Wunschprogra<strong>mm</strong><br />
Obwohl YouTube in erster Linie für privat gedrehte Videos gedacht<br />
ist, braucht man nicht lange zu suchen, um beispielsweise<br />
die Lieblingsserie auch illegal und kostenlos zu finden<br />
– ganz gezielt und ohne Werbung. Für Millionen Nutzer und<br />
Fans ein Segen, für Millionen Beschäftigte in der Medienbran-