DER KONSTRUKTEUR 5/2015
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MIT EXPERTEN IM DIALOG I SERIE<br />
RFID und Industrie 4.0<br />
RFID, der Radio Frequency Identification, wurde einst ein flächendeckender Einsatz im<br />
Einzelhandel vorausgesagt, der dann an den Kosten scheiterte. In der Industrie hält die<br />
Technologie seit Jahren verstärkt Einzug. Zunehmende Individualisierung der Produkte<br />
und Flexibilisierung der Produktion verlangen nach intelligentem Informationsfluss<br />
– Stichwort Industrie 4.0. Oliver Pütz-Gerbig, Produktmanager Identifikation bei Balluff,<br />
stand der Redaktion zu diesem spannenden Thema Rede und Antwort.<br />
Welche Rolle spielt RFID im Rahmen von Industrie 4.0?<br />
Industrie 4.0 betrifft im Kern zwei wesentliche Anforderungen an<br />
heutige und zukünftige industrielle Produktionskonzepte: Individualisierung<br />
von Produkten, um noch stärker auf kundenspezifische<br />
Forderungen bis hin zur Losgröße 1 eingehen zu können,<br />
und Flexibilität, um schneller auf technologische Veränderungen<br />
und Marktbedürfnisse reagieren zu können. Um diesen Anforderungen<br />
gerecht zu werden, müssen sowohl Produktionsprozesse<br />
als auch die Logistik im Unternehmen in Echtzeit aufeinander<br />
abgestimmt werden. Das heißt, dass jederzeit alle relevanten<br />
Daten zu Produktionsprozessen, zu Transport und Materialfluss<br />
und dem Produkt selbst vollständig transparent und rückverfolgbar<br />
sein müssen.<br />
RFID-Systeme liefern dieseBasisinformationen dadurch, dass<br />
Behälter, Werkstückträger und Werkzeuge mit sog. RFID-Tags<br />
ausgestattet, kontaktlos mit Daten zu den betreffenden Prozessen<br />
beschrieben und bei Bedarf ausgelesen werden. Mehr noch: Auch<br />
die Produkte selbst tragen Datenträger mit prozessrelevanten<br />
Informationen und sind zunehmend in der Lage, einzelne Produktionsschritte<br />
individuell selbst zu steuern.<br />
Damit erfüllen leistungsfähige AutoID-Systeme wie RFID nicht<br />
nur reine Identifikationsaufgaben, sondern liefern die hardwaremäßige<br />
Grundlage für die Vernetzung der Produkte untereinander<br />
und den Abgleich der physischen Objektebene mit der<br />
Datenebene der IT-Systeme.<br />
Die Datendichte wird zwangsläufig weiter steigen. Bereitet das<br />
der RFID-Technik Probleme – Stichwort Interferenzen?<br />
Hier muss unterschieden werden zwischen den im industriellen<br />
Umfeld schon sehr lange etablierten und bewährten HF-Systemen,<br />
die sich bei typischen Produktionsprozessen mit geringen Leseabständen<br />
völlig problemlos einsetzen lassen, und den wegen<br />
ihrer grundlegend anderen physikalischen Eigenschaften anspruchsvolleren<br />
UHF-Systemen. Letztere bieten typischerweise<br />
sehr hohe Lesereichweiten von mehreren Metern und die Möglichkeit<br />
der Pulkerfassung, also viele Datenträger gleichzeitig zu<br />
erfassen, was für logistische Applikationen häufig ideal ist. In den<br />
letzten Jahren wurden umfangreiche Erfahrungen beim Einsatz<br />
dieser UHF-Systeme gemacht und gleichzeitig wurde die Technologie<br />
hardware- als auch softwareseitig immer weiterentwickelt,<br />
sodass die typischen Schwierigkeiten beim Einsatz dieser Systeme<br />
inzwischen gut beherrschbar sind. Voraussetzung dafür sind aber<br />
auch eine detaillierte Prozessanalyse und professionelle Systemintegration.<br />
Relevanz und Umfang dieser Projektphasen werden<br />
leider allzu häufig unterschätzt.<br />
Kann RFID die Ansprüche der Smart Factory heute schon erfüllen?<br />
RFID-Systeme haben inzwischen weltweit eine extrem hohe Verbreitung<br />
erreicht. Standardisierungsaktivitäten sorgen dafür, dass<br />
der Einsatz auch global immer einfacher wird. Ein wichtiger<br />
Schritt für eine einfachere Integration von RFID-Systemen in<br />
moderne Automatisierungskonzepte ist die Entwicklung eines<br />
Schnittstellenstandards auf Basis des industriellen Kommunikationsprotokolls<br />
OPC-UA. Bei diesem Thema arbeiten derzeit Unternehmen<br />
der AutoID-Branche innerhalb ihres Verbands AIM-D<br />
mit der OPC-Foundation eng zusammen.<br />
Darüber hinaus werden RFID-Systeme zukünftig auch über sensorische<br />
Eigenschaften verfügen: RFID-Tags mit integrierter Sensorfunktionalität<br />
schaffen Smart Objects. Ortungstechnologien<br />
(RTLS) vermitteln Standortinformationen in Echtzeit.<br />
RFID liefert heute bereits die technische Grundlage für optimierte<br />
Prozessautomatisierung, und damit für hohe Fertigungseffizienz<br />
und maximale Datentransparenz in industrieller Produktion und<br />
Logistik.<br />
Wie wird Industrie 4.0 die RFID-Technik verändern?<br />
Die Diskussionen über Industrie 4.0 und die Erwartungshaltung<br />
produzierender Unternehmen haben dazu geführt, dass einerseits<br />
zunehmend über den Einsatz moderner RFID-Systeme nachgedacht<br />
wird und zum anderen Entwicklungsaktivitäten zur Realisierung<br />
weiterer „smarter“ Eigenschaften intensiviert wurden.<br />
RFID-Systeme werden damit in den nächsten Jahren noch vielfältiger<br />
und leistungsfähiger werden.<br />
www.balluff.de<br />
Oliver Pütz-Gerbig, Produktmanager Identifikation bei Balluff in<br />
Neuhausen a. d. F. und Redakteurin Martina Bopp<br />
66 Der Konstrukteur 5/<strong>2015</strong>