Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
6<br />
Thema<br />
Auslaufmodell Gay-Ikone<br />
Madonna ist (war?) eine Gay-Ikone par excellence. Aber … vielleicht auch ein Auslaufmodell.<br />
Potential zu Pathos und grossen Gefühlen,<br />
aber auch das Unkonventionelle und der<br />
Kampfgeist, sich nach Schicksalsschlägen<br />
nicht unterkriegen zu lassen, machen Diven<br />
für Schwule so empfänglich. Ein Paradebeispiel<br />
dafür ist der Titel des Eurovisions-<br />
Siegerlieds aus 2014, «Rise like a Phoenix»<br />
von Conchita Wurst, die sich bewusst als<br />
androgyne Diva inszeniert. Die Diven sind,<br />
so Steffen Jan Seibel 2015 im ZEITmagazin,<br />
«so wie Heteros die Schwulen sehen». Die<br />
Dramatik und das Schicksal machte auch<br />
Britney Spears zu einer der grössten Schwulenikonen<br />
unserer Zeit. Zunächst als Prinzessin<br />
umjubelt, wurde sie nach einem<br />
Absturz, ihrem kahlrasierten Kopf und<br />
einer Entmündigung in Folge eines Zusammenbruchs<br />
von der Presse als Mutter-<br />
Monster verhöhnt, startete dann aber ein<br />
fulminantes Comeback. Solche Lebensgeschichten<br />
gehen vielen Schwulen ans<br />
Herz, weil sie Ausgrenzung oft selbst erfahren<br />
haben.<br />
<strong>CRUISER</strong> FEBRUAR <strong>2017</strong><br />
Die Diva als Wegbereiter für die<br />
schwule Emanzipation<br />
Einen Erklärungsansatz für die «Faszination<br />
Diva» liefert der Journalist Martin Trevor in<br />
einem Artikel auf huffingtonpost.com, wo er<br />
einen US-amerikanischen Gender-Studies-<br />
Professor zitiert: «Frauen, die als Ikonen gelten,<br />
definieren ihr Selbst auf ihre ganz eigene<br />
Weise.» Dieses Gebaren, schreibt Martin,<br />
komme insbesondere bei Menschen gut an,<br />
die zu einer Minderheit gehörten und aus<br />
dem Rahmen fielen Die Identifikation mit<br />
diesen Frauen ist zweifellos einer der Gründe<br />
für die Begeisterung, die Diven bei vielen<br />
Schwulen auslösen können.<br />
Auch das Image der abgebrühten und<br />
intelligenten «Femme fatale» der Diven übt<br />
eine grosse Faszination auf viele schwule<br />
Männer aus. Äusserlich zart und zerbrechlich<br />
wirkend, liegen ihre Waffen nicht in der<br />
körperlichen Kraft, sondern in rhetorischen<br />
und mentalen Fähigkeiten: Eine scharfe<br />
«Heteromänner leben ihre<br />
Aggression durch<br />
Faustkämpfe und Sport<br />
aus, Schwule durch spitze,<br />
pointierte Kommentare.»<br />
Zunge, bissige Ironie und Schlagfertigkeit<br />
sind Mittel, die auch viele Schwule beherrschen.<br />
«Heteromänner leben ihre Aggression<br />
durch Faustkämpfe und Sport aus,<br />
Schwule durch spitze, pointierte Kommentare»,<br />
schreibt der US-amerikanische Autor<br />
Daniel Harris in seinem Buch «The Rise and<br />
Fall of Gay Culture». Für ihn wie auch für<br />
andere Autoren steht fest, dass die Diven-<br />
Verehrung durchaus eine politische Bedeutung<br />
hat. Durch die Imitation weiblicher