Energie und Baudenkmal 1 Gebäudehülle
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3.4 Feuchte<br />
Die Atmosphäre enthält als Bestandteil des Luftgemischs<br />
Wasser in gasförmigem Zustand. Luft kann in Abhängigkeit<br />
von ihrer Temperatur eine bestimmte maximale<br />
Wasserdampfmenge aufnehmen. Die Sättigungsmenge<br />
bei einer bestimmten Temperatur übt den Wasserdampfsättigungsdruck<br />
p s in Pa (Pascal) aus. Wird Luft<br />
abgekühlt, so reduziert sich die maximal mögliche<br />
Wasserdampfmenge <strong>und</strong> die Differenzmenge wird als<br />
Kondensat ausgeschieden. Andererseits haben vor allem<br />
poröse Baustoffe die Fähigkeit, Wasser durch Absorption<br />
von der Raumluft aufzunehmen oder bei Bedarf wieder<br />
an diese abzugeben, zu desorbieren. Diese beiden Phänomene<br />
sollen hier kurz erläutert werden.<br />
Absolute <strong>und</strong> relative Luftfeuchtigkeit<br />
Die absolute Luftfeuchtigkeit beschreibt die effektiv in<br />
einem Kubikmeter Luft vorhandene Menge Wasser in<br />
Form von Wasserdampf <strong>und</strong> wird in der Einheit g/m 3<br />
angegeben. Die relative Luftfeuchtigkeit beschreibt das<br />
Verhältnis der absoluten Luftfeuchtigkeit zur Sättigungsmenge<br />
bei der vorhandenen Lufttemperatur. Sie wird in<br />
Prozent angegeben. Wird warme, feuchte Luft abgekühlt,<br />
steigt die relative Luftfeuchtigkeit. Wird kalte Luft aufgeheizt,<br />
ohne dass Feuchtigkeit zugeführt wird, sinkt die<br />
relative Feuchtigkeit <strong>und</strong> die Luft wird «trockener».<br />
Die Taupunkttemperatur definiert die tiefst mögliche<br />
Temperatur, die eine Luftmasse oder ein mit der Luft in<br />
Berührung kommender Bauteil haben kann, ohne dass es<br />
zur Kondensatausscheidung kommt. Ist die Taupunkttemperatur<br />
erreicht, beträgt die relative Luftfeuchtigkeit<br />
am betroffenen Bauteil 100% <strong>und</strong> die in der Luft enthaltene<br />
Wasserdampfmenge entspricht der Sättigungsmenge.<br />
Oberflächentemperaturen<br />
Die innere Oberflächentemperatur eines Bauteils ist<br />
abhängig vom Wärmedurchgangskoeffizient U des Bauteils,<br />
der Aussenlufttemperatur, der Innenraumtemperatur,<br />
der Art der Beheizung des Raumes sowie der Raumluftzirkulation.<br />
Bei der Beurteilung von Feuchteschäden<br />
infolge Kondensatbildung ist die Oberflächentemperatur<br />
eine wesentliche Kenngrösse. Wenn die Oberflächentemperatur<br />
einer Wandoberfläche niedriger ist als die<br />
Taupunkttemperatur der angrenzenden Luft, bildet sich<br />
Kondensat. Ist die Oberflächentemperatur einer Wand<br />
höher als die Taupunkttemperatur der Luft, kann Feuchte<br />
aus der Wand an die Luft abgegeben werden. In diesem<br />
Fall trocknet die Wand aus <strong>und</strong> die relative Luftfeuchtigkeit<br />
bleibt konstant.<br />
Andauernde hohe relative Luftfeuchte an der Oberfläche<br />
<strong>und</strong> Kondensate sind die Ursachen für Schimmelbildungen.<br />
Gegenüber der Raumluft niedrigere Oberflächentemperaturen,<br />
wie sie etwa in nicht ständig beheizten<br />
Kirchenräumen vorkommen, lösen Kaltluftströme aus,<br />
die an exponierten Stellen unangenehm spürbar sind.<br />
Hygroskopische (Material-)Feuchte<br />
Hygroskopische Feuchte ist die durch Absorption von<br />
Wasserdampf aus der Luft angereicherte Feuchtigkeit<br />
in porösen, kapillaraktiven Baustoffen. Diese können<br />
Raumluftfeuchtigkeit absorbieren <strong>und</strong> bei trockener<br />
Raumluft wieder desorbieren. Böden, Decken <strong>und</strong><br />
Wände tragen so zum Ausgleich des Feuchtehaushalts<br />
eines Raumes bei. Unter dem Begriff Sorptionsfeuchte<br />
versteht man den Feuchtegehalt, der sich im stationären<br />
Zustand bei gegebener Temperatur <strong>und</strong> relativer Luftfeuchtigkeit<br />
in den raumumschliessenden Konstruktionen<br />
einstellt.<br />
Kondensate an Bauteiloberflächen<br />
Warme ungesättigte Luft wird an einer kälteren Bauteiloberfläche<br />
so stark abgekühlt, dass ihre Taupunkttemperatur<br />
unterschritten wird <strong>und</strong> damit Wasser auf der<br />
Bauteiloberfläche ausscheidet. Die absolute Raumluftfeuchtigkeit<br />
(die effektiv in der Luft enthaltene Wasserdampfmenge)<br />
<strong>und</strong> die Temperaturdifferenz zwischen der<br />
Raumlufttemperatur <strong>und</strong> der Bauteiloberflächentemperatur<br />
sind dabei die entscheidenden Grössen. Zu hohe<br />
Luftfeuchtigkeit <strong>und</strong> zu starke Abkühlung an der Bauteiloberfläche<br />
sind die Hauptursachen für Oberflächenkondensate.<br />
Kondensate können gr<strong>und</strong>sätzlich während<br />
des ganzen Jahres auftreten. Klassische Winterkondensate<br />
sind primär durch grosse Temperaturdifferenzen<br />
zwischen Raumlufttemperatur <strong>und</strong> kühlen Bauteiloberflächen<br />
bedingt. Sie treten dort auf, wo dünne oder stark<br />
wärmeleitende Aussenwandkonstruktionen gegenüber<br />
der Raumlufttemperatur niedrige Oberflächentemperaturen<br />
aufweisen. Die Temperaturdifferenz zwischen der<br />
Oberfläche <strong>und</strong> der Luft hängt dabei von verschiedenen<br />
Faktoren ab, so der Art der Beheizung, der Temperaturdifferenz<br />
innen-aussen, dem U-Wert der Konstruktion,<br />
der Lage des Bauteiles <strong>und</strong> der Oberflächenbeschaffenheit.<br />
Durch die Beheizung der Innenräume steigt die<br />
Sättigungsmenge der Luft, <strong>und</strong> je nach Nutzung des<br />
Raumes liegt der vorhandene Wasserdampfgehalt über<br />
dem Taupunkt der kühlen Aussenbauteiloberflächen.<br />
Dies gilt insbesondere für schlecht belüftete Stellen, wie<br />
Aussenecken <strong>und</strong> durch Möbel abgedeckte Flächen.<br />
Durch Fassadenbesonnung oder auch durch die ungleiche<br />
Beheizung von Räumen können sich innerhalb eines<br />
Gebäudes unterschiedliche Oberflächentemperaturen<br />
einstellen: Solar erwärmte Südansichten trocknen ab <strong>und</strong><br />
geben Feuchtigkeit an die Raumluft ab. Diese Feuchtigkeit<br />
kann unter Umständen an nicht besonnten kälteren<br />
Oberflächen (Nordfasssaden) wieder kondensieren. Es<br />
kommt also zu einer Umverteilung der Feuchtigkeit<br />
im Raum. Sommerkondensate entstehen an Stellen, wo<br />
l <strong>Gebäudehülle</strong><br />
<strong>Energie</strong> <strong>und</strong> <strong>Baudenkmal</strong> – <strong>Gebäudehülle</strong> – V1 – 2014<br />
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