Energie und Baudenkmal 1 Gebäudehülle
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Während Systeme mit feuchteadaptiver Dampfbremse im<br />
Jahresmittel leicht niedrigere Holzfeuchten messen, hat<br />
das System mit kapillaraktiven Dämmungen den Vorteil,<br />
dass sich punktuelle Feuchteansammlungen jederzeit<br />
verteilen <strong>und</strong> das Wasser kapillar an die Wandinnenoberfläche<br />
zurücktransportiert wird.<br />
Dämmungen mit kapillaraktiven<br />
Dämmmaterialien<br />
Die Wahl des geeigneten Dämmaterials hängt von der<br />
Beschaffenheit der Innenoberfläche <strong>und</strong> der Materialität<br />
der Aussenwand, aber auch von der zur Verfügung<br />
stehen Bauzeit (Austrocknung) <strong>und</strong> der beabsichtigten<br />
Deckschicht ab.<br />
Platten aus Porenbeton oder Kalziumsilikat<br />
Die Verwendung von kapillaraktiven Stoffen wie Porenbeton<br />
oder Kalziumsilikatdämmungen, bei welchen<br />
die Feuchtigkeit verteilt <strong>und</strong> kapillar an die Innenoberflächen<br />
zurückgeleitet wird, bedingt einen vollflächigen<br />
Kontakt der Dämmung mit der Konstruktion (unkontrollierte<br />
Hohlräume vermeiden wegen Luftumverteilungen<br />
<strong>und</strong> Folgekondensaten). Unebene Innenoberflächen<br />
müssen mit kapillaraktivem Material, z.B. Dämmputz,<br />
geglättet werden, bevor die Platten mit kapillaraktivem<br />
Leichtkleber befestigt werden können. Daher eignen<br />
sich solche Platten eher für ebene Innenoberflächen mit<br />
verputzten Gefachen.<br />
Lehm<br />
Für stark unebene Oberflächen, wie gegenüber dem<br />
Holzwerk einspringende Gefache, beipielsweise aus<br />
Lehm-Rutengeflechten, eignet sich besonders Wärmedämmlehm.<br />
Auf der vorgesehenen Innenfläche der Dämmung<br />
wird eine verlorene Schalung aus Holz angebracht<br />
<strong>und</strong> anschliessend – durch ein Vlies zur Vermeidung<br />
von Rissbildungen von der Konstruktion getrennt – der<br />
Dämmlehm Schicht für Schicht feucht in den Hohlraum<br />
eingebracht <strong>und</strong> leicht gestampft. Hauptnachteil dieser<br />
Dämmung ist die lange Austrocknungszeit des Dämmmaterials<br />
von 4–12 Wochen. Die verlorene Schalung dient<br />
als Befestigungsgr<strong>und</strong> für die raumseitige Deckschicht.<br />
Cellulose<br />
Soll eine Putzschicht den Raumabschluss bilden, so<br />
können kapillaraktive Celluloseflocken unter Zugabe<br />
von mineralischem Bindemittel <strong>und</strong> Wasser an die Wand<br />
gespritzt <strong>und</strong> anschliessend verputzt werden. Sollen aber<br />
Täfer oder Platten montiert werden, können konventionelle<br />
Vorsatzschalen mit Ständern <strong>und</strong> mit Cellulose<br />
gefüllten Feldern gewählt werden. Hohlräume zwischen<br />
Ständern <strong>und</strong> Aussenwand müssen vermieden werden.<br />
Diffusionsoffene Dämmstoffe <strong>und</strong> Dampfbremsen<br />
mit variablem Diffusionswiderstand<br />
Ständervorwände können auch andere diffusionsoffene<br />
weiche Materialien wie Stein- oder Glaswolleplatten<br />
aufnehmen. Für die kapillar passiven Materialien muss<br />
aber eine feuchteadaptive Dampfbremse eingesetzt<br />
werden. Bei starker Regenbeanspruchung einer Aussenwand<br />
ist als Begleitmassnahme einer Innendämmung<br />
auch eine Verbesserung des Regenschutzes zu prüfen. Ist<br />
der Verputz zu wasserabweisend, läuft das Regenwasser<br />
direkt in die Schwachstelle zwischen dem Holz <strong>und</strong> dem<br />
Gefach. Nicht gestrichenes Holzwerk kann zwar sehr<br />
gut nach aussen austrocknen, wird es beregnet, nimmt es<br />
jedoch viel Wasser auf. Historische gestrichene Fachwerke<br />
waren mit Kalk-Kasein- <strong>und</strong> mit Ölfarben gestrichen.<br />
Die mit Kalkmörtel verputzten <strong>und</strong> auf dem noch feuchten<br />
Putz gekalkten Gefache sind sehr diffusionsoffen <strong>und</strong><br />
können auch seitlich austretende Holzfeuchte nach aussen<br />
abgeben. Die Frage der Oberfläche kann aber nicht<br />
generell beantwortet werden, sie muss auf das konkrete<br />
Objekt, die Materialien der Gefache <strong>und</strong> des Tragwerks<br />
abgestimmt werden.<br />
Die Dämmstärke ist nicht nur von den bauphysikalischen<br />
Gegebenheiten abhängig. Auch wertvolle Böden,<br />
Decken, Wandtäfer <strong>und</strong> Einbaubuffets können die<br />
Dämmstärke begrenzen.<br />
Anpassung von Täfern <strong>und</strong> anderen<br />
raumseitigen Verkleidungen<br />
Aussenwände von Wohn- <strong>und</strong> Schlafräumen von Fachwerkbauten<br />
sind meist mit wandhohen Täfern verkleidet.<br />
Sind diese von historischer Bedeutung, müssen<br />
vor der Sanierung Massaufnahmen erfolgen, die Täfer<br />
anschliessend sorgfältig demontiert, nummeriert <strong>und</strong><br />
anschliessend an einem sicheren Ort gelagert werden.<br />
Die notwendigen Einkürzungen sind anschliessend nach<br />
der Maxime des minimalen Substanzverlusts sorgfältig zu<br />
planen. Erschliessungs- <strong>und</strong> Nebenräume sind oft auch<br />
verputzt. Gerade bei älteren Bauten lohnt sich die genaue<br />
Untersuchung der Putz- <strong>und</strong> Farbschichten sowohl aus<br />
bauhistorischer wie auch aus bauphysikalischer Sicht.<br />
Sind die Boiserien nicht oder nur teilweise erhalten, muss<br />
in jedem Fall individuell mit der Denkmalpflege eine<br />
Lösung gef<strong>und</strong>en werden.<br />
Werden bisher nicht bewohnte Räume umgenutzt, wie<br />
beispielsweise alte Gewerbebauten, <strong>und</strong> werden deren<br />
Aussenwände gedämmt, so werden die Oberflächen<br />
gezwungenermassen neu gestaltet. Aus denkmalpflegerischer<br />
Sicht ist dabei der Erhaltung der Raumwirkung<br />
<strong>und</strong> der Raumstimmung besondere Beachtung zu<br />
schenken.<br />
l <strong>Gebäudehülle</strong><br />
<strong>Energie</strong> <strong>und</strong> <strong>Baudenkmal</strong> – <strong>Gebäudehülle</strong> – V1 – 2014<br />
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