Energie und Baudenkmal 1 Gebäudehülle
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7.1.4 Aussenwärmedämmung<br />
Nachträgliche Aussendämmungen bedeuten den<br />
Verlust der Erscheinung <strong>und</strong> teilweise auch der Substanz<br />
des <strong>Baudenkmal</strong>s. Aussenwände verlieren ihre<br />
Öffnungsrahmen, Gliederungen <strong>und</strong> das Dekor, die<br />
als wichtige Gestaltelemente des Denkmals sichtbar<br />
erhalten bleiben müssen.<br />
Die Kontaktnahme mit der Denkmalpflegefachstelle<br />
vor Planungsbeginn ist im Falle einer Aussendämmung<br />
besonders wichtig.<br />
Der aussenseitige Schichtauftrag verdeckt die Denkmaloberflächen,<br />
<strong>und</strong> er verändert die Tiefe zwischen<br />
Fassaden- <strong>und</strong> Fensteroberfläche. Die vergrösserte Tiefe<br />
der Aussenleibungen verfälscht die Erscheinung. Würden<br />
aber im Sinne einer Korrektur die Fensterebenen nach<br />
aussen verschoben, so würden entweder die Öffnungen<br />
um Rahmenbreite kleiner oder sie müssten nachgeschnitten<br />
werden, eine weder mit der Substanz noch mit der<br />
Gestalt des Denkmals verträgliche Massnahme. Die aus<br />
bauphysikalischer Sicht geeignetste Lösung ist also an<br />
Baudenkmälern nur selten anwendbar.<br />
Gedämmt werden können nur subsidiäre Ansichten<br />
mit wenigen oder ohne Öffnungen, wie beispielsweise<br />
Brandmauern oder schlichte Innenhofansichten, wie sie<br />
sich häufig in städtischen Gebieten mit geschlossener<br />
Bauweise hofseitig präsentieren. Die optischen Veränderungen<br />
müssen in diesen Fällen durch reduzierte Dämmstärken<br />
in vertretbarem Rahmen gehalten werden.<br />
Die Lösung muss für jedes <strong>Baudenkmal</strong> individuell<br />
gef<strong>und</strong>en werden.<br />
Kompaktfassade<br />
Kompaktfassaden spielen im Zusammenhang mit der<br />
Sanierung von Baudenkmälern eine untergeordnete<br />
Rolle; sie können bei historischen Mauerwerken mit unregelmässigen<br />
Oberflächen nicht eingesetzt werden. An<br />
jüngeren Baudenkmälern, vor allem an Nachkriegsbauten<br />
mit maschinenverputzten Aussenmauern, können sie<br />
für Aussendämmungen von untergeordneten Ansichten<br />
durchaus infrage kommen.<br />
1949 entwickelte der tschechoslowakische Chemiker<br />
Fritz Stastny bei der badischen Anilin <strong>und</strong> Sodafabrik<br />
(BASF) das Styropor, das acht Jahre später, 1957, für eine<br />
erste Aussendämmung an einem Berliner Haus zum Einsatz<br />
gelangte. Mit Styropor gedämmte Kompaktfassaden<br />
fanden aber erst nach der Erdölkrise von 1973 Verbreitung.<br />
Heute steht für die Aussendämmung eine breite<br />
Palette von Dämmmaterialien zur Verfügung.<br />
Materialien für kompakte Aussendämmung<br />
synthetische Dämmungen<br />
mineralische<br />
organische<br />
natürliche Dämmungen<br />
organische<br />
mineralische Dämmungen<br />
Mineralwolle<br />
Mineralschaum<br />
Polystyrol-Hartschaum<br />
Polyurethan-Hartschaum<br />
Holzfaser<br />
Kork<br />
Hanf<br />
Schilfrohr<br />
Gras<br />
Perlite<br />
l <strong>Gebäudehülle</strong><br />
Aussendämmsysteme<br />
In Bezug auf die Gestaltung <strong>und</strong> die Materialisierung der<br />
Dämmung werden drei Systeme unterschieden:<br />
– Wärmedämmputze<br />
– hinterlüftete Fassade<br />
– verputzte Kompaktfassade<br />
(WDVS = Wärmedämmverb<strong>und</strong>system)<br />
Massive Baudenkmäler werden etwa mit Dämmputzen<br />
gedämmt, seltener mit Kompaktfassaden versehen; hinterlüftete<br />
Fassaden kommen im Holz- <strong>und</strong> Fachwerkbau<br />
oder im Stahlbau zum Einsatz. Das Dämmen mit Dämmputzen<br />
wurde bereits behandelt, wir beschränken uns<br />
also im Folgenden auf einige Hinweise zu den Kompaktfassaden.<br />
Beispiele synthetischer <strong>und</strong> natürlicher Dämmmaterialien<br />
(Abb. 66)<br />
Dämmplatten werden direkt auf den Untergr<strong>und</strong> geklebt<br />
oder auf dem bestehenden Verputz mit Dübeln mechanisch<br />
befestigt. Beide Befestigungsarten gelangen auch<br />
kombiniert zur Anwendung. Die Hauptschwierigkeit<br />
stellt das unterschiedliche Dehnverhalten des Dämmmaterials<br />
<strong>und</strong> des Putzes bei den grossen Temperaturschwankungen<br />
dar. Daher wird zwischen Dämmung<br />
<strong>und</strong> Fassadenputz eine Gewebearmierung angebracht.<br />
Aussendämmungen werden heute als aufeinander abgestimmtes<br />
Gesamtsystem aus Dämmung, Armierung,<br />
Putz <strong>und</strong> Anstrich angeboten. Als Dämmsysteme für<br />
Baudenkmäler eignen sich jene, deren Befestigungen<br />
Mauerwerk <strong>und</strong> Oberflächen minimal beeinträchtigen.<br />
Bei der Systemwahl muss aber ebenso darauf geachtet<br />
werden, dass das System sich bezüglich der Ausbildung<br />
der Oberflächen eignet. Der Putz soll gr<strong>und</strong>sätzlich<br />
gemäss der Struktur <strong>und</strong> Textur des Originals aufgebaut<br />
<strong>Energie</strong> <strong>und</strong> <strong>Baudenkmal</strong> – <strong>Gebäudehülle</strong> – V1 – 2014<br />
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