Energie und Baudenkmal 1 Gebäudehülle
Handbuch
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Durch die Dämmung der Kellerdecke steigt also<br />
das Risiko von Schimmelbildungen bei den ohnehin<br />
feuchtegeplagten Kellern. Steht eine Dämmmassnahme<br />
im Zusammenhang mit der Sanierung der<br />
Haustechnik an, ist zu berücksichtigen, dass der<br />
Ersatz der alten Heizung <strong>und</strong> die Leitungsdämmung<br />
die Abwärme der Haustechnik reduziert <strong>und</strong> damit<br />
die Kellertemperatur zusätzlich absenkt. Das Abdichten<br />
oder das Auswechseln von Kellertüren <strong>und</strong><br />
Fenstern reduziert schliesslich die Luftwechsel <strong>und</strong><br />
führt so zu höheren Feuchtebelastungen.<br />
Untersuchungen haben gezeigt, dass gezieltes Lüften <strong>und</strong><br />
die Erhöhung der Oberflächentemperatur hier zum Ziel<br />
führen können. Bei historischen Bauten mit <strong>und</strong>ichten<br />
feuchten Aussenwänden kann dies jedoch nicht durch<br />
das Anbringen einer Innendämmung erreicht werden.<br />
Also bleibt die gezielte Lüftung.<br />
Ein bewährtes <strong>und</strong> zugleich sehr einfaches Kellerlüftungssystem<br />
basiert auf dem Prinzip des Thermosyphons.<br />
Die Naturzuglüftung<br />
An herrschaftlichen historischen Wohnbauten wurden<br />
etwa Naturzuglüftungen eingesetzt. Die in die Kellermauern<br />
integrierten Kanäle beruhen auf dem Prinzip<br />
des Thermosyphons. Dieses kann auch heute wertvolle<br />
Dienste für die Entfeuchtung von Kellern liefern. Kalte<br />
Luft ist schwerer (grössere Dichte) als warme. Wird ein<br />
Rohr von aussen (z.B vom Kellerfenster) bis auf Bodennähe<br />
des Kellers geführt, dringt kühle, weniger feuchte<br />
Luft über das Rohr ein <strong>und</strong> verdängt die wärmere, feuchte<br />
Raumluft. Umgekehrt, wenn die Aussenluft wärmer<br />
<strong>und</strong> feuchter ist, findet keine Lüftung statt. Im Sommer<br />
werden die Naturzüge immer offen gehalten, im Winter,<br />
wenn es draussen sehr kalt <strong>und</strong> ohnehin sehr trocken<br />
ist, können die Zuluftströme durch Klappen reduziert<br />
werden.<br />
Eine gezielte Lüftung wird heute teilweise mit automatischen<br />
Öffnungssystemen erreicht, welche sich öffnen,<br />
wenn die absolute Feuchte draussen niedriger als drinnen<br />
ist. Solche Systeme brauchen aber Strom.<br />
Die Gründe für bereits vorhandene (hohe) Feuchtigkeit<br />
müssen bekannt sein, <strong>und</strong> es muss untersucht werden,<br />
ob der Keller ein Anwachsen der relativen Feuchte durch<br />
die Anbringung einer Deckendämmung auch wirklich<br />
schadenfrei ertragen kann.<br />
Der Keller – auch nach der Sanierung<br />
eine klimatische Pufferzone<br />
Keller von historischen Gebäuden sind keine dichten<br />
Gefässe. Abdichtungen, Absperrungen <strong>und</strong> Injektionen<br />
bringen hier meist nicht den gewünschten Erfolg, weil<br />
der Keller aussenseitig nicht durchgängig abdichtbar ist<br />
(Boden, Boden-Wand-Anschlüsse). Die Kelleraussenflächen<br />
bilden auch nach einer Abdichtung eine inhomogene<br />
Hülle. Es macht Sinn, den Keller als Pufferraum<br />
funktionieren zu lassen. Die Innenoberflächen dürfen<br />
auf keinen Fall versiegelt werden. In den Aussenwänden<br />
enthaltene Feuchte muss nach innen abtrocken oder gar<br />
abfliessen können.<br />
Abblättern von Farboberflächen <strong>und</strong> Schimmelbildungen<br />
sind das weitaus häufigste Schadensbild von zu hoher<br />
Kellerfeuchte. Die Kombination von hoher Feuchte mit<br />
organischem Material kann das Wachstum von Pilzen<br />
fördern.<br />
l <strong>Gebäudehülle</strong><br />
Technischer Zustand der Kellerdecke<br />
Bevor eine wärmetechnische Sanierung im Bereich der<br />
Kellerdecken angegangen wird, ist der technische Zustand<br />
der bestehenden Tragstruktur (morsche Balkenköpfe,<br />
rostige Träger) zu prüfen. Die Decke ist nach<br />
einer Unterdeckendämmung nicht mehr optisch kontrollierbar<br />
<strong>und</strong> ihr Eigengewicht wird durch die Dämmung<br />
erhöht.<br />
Funktionsschema Naturzuglüftung (Abb. 39)<br />
<strong>Energie</strong> <strong>und</strong> <strong>Baudenkmal</strong> – <strong>Gebäudehülle</strong> – V1 – 2014<br />
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