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COMPACT-Magazin 09-2016

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<strong>COMPACT</strong> Titelthema<br />

Falsche Spuren<br />

Dank Internet wurde die offizielle<br />

Version von vielen Menschen<br />

sehr schnell angezweifelt.<br />

Einige der umstrittenen Punkte<br />

konnten aber geklärt werden.<br />

Geister-Video: In dem Clip,<br />

der die Schüsse vor McDonalds<br />

zeigte, sah es für viele so aus,<br />

als ob der Täter aus dem Nichts<br />

ins Bild springt – sie vermuteten,<br />

er sei nachträglich eingebaut<br />

worden. Doch eine Recherche<br />

von Fachleuten bei quer-denken.tv<br />

bewies: Das war nur bei<br />

schlecht aufgelösten Kopien der<br />

Fall, nicht im Original-Video.<br />

Falsche Schuhe: Es kursierte<br />

ein Foto des Selbstmörders, das<br />

ihn mit weißen Schuhen zeigt –<br />

nicht mit schwarzen wie auf den<br />

Videos. Doch das Bild stammt<br />

vom April <strong>2016</strong>.<br />

Falsche Fotos: Einige besonders<br />

blutrünstige Aufnahmen<br />

waren Jahre alt und stammten<br />

nicht aus dem OEZ, sondern<br />

aus einem südafrikanischen Einkaufszentrum<br />

nach einem Feuerüberfall.<br />

Viele andere Punkte sind aber<br />

weiter ungeklärt. Wir informieren<br />

Sie über compact-online.de<br />

und auf unserem YouTube-Kanal.<br />

beginne in der Parfümerie Douglas direkt vor den Rolltreppen<br />

zum Untergeschoss. Schon aus der Ferne sehe<br />

ich die abweisende Miene des Geschäftsführers. Als<br />

ich mich noch vorstelle, fällt er mir ins Wort: «Nein,<br />

wir geben keine Auskunft, ok?», raunt er. «Wissen Sie<br />

was hier los war?», fährt er mich an. «Nein», gebe ich<br />

zu, «deshalb bin ich ja hier». Das Gespräch ist beendet,<br />

ich werde des Ladens verwiesen.<br />

Diese Szene wiederholt sich in den nächsten<br />

Stunden etwa 20 Mal. Ein junger Typ, Mitarbeiter in<br />

einem Café ganz in der Nähe, will gerade ansetzen,<br />

als sein Chef ihn beiseite schiebt: «Wir äußern uns<br />

nicht dazu.» Als ich das Gespräch mit dem Leiter eines<br />

Modegeschäfts beginne und ihn frage, ob er etwas<br />

gesehen hat, blickt er mich schweigend an. «Ich war<br />

hier», sagt er und wirkt dabei wie traumatisiert. Als<br />

ich ihn frage, was er gesehen hat, flackert unverkennbar<br />

Angst in seinen Augen auf, die Mundwinkel zittern.<br />

«Ich kann dazu nichts sagen.» – «Kann nicht, will nicht<br />

oder darf nicht?», frage ich frech. Er antwortet nicht.<br />

Ich bin schon fast wieder weg, da höre ich ihn flüstern:<br />

«Ich kann nur sagen, es war anders, aber mehr…» Er<br />

verstummt.<br />

Der Tote von der Isar<br />

Ich beschließe, zur nahegelegenen Henckystraße zu<br />

laufen, wo sich der angeblicher Amokläufer erschossen<br />

hat. Hier treffe ich Gabriele M., die genau gesehen<br />

haben will, wie er abdrückte. Als ich mir im achten<br />

Stock zeigen lasse, von wo genau sie alles beobachtet<br />

hat, stelle ich verdutzt fest, dass Bäume die Sicht<br />

auf den Tatort verdecken.<br />

Auf Videos und Bildern erkennt man, dass der<br />

Mann, der da in seinem Blut liegt, ein blaues T-Shirt<br />

mit weißer Aufschrift trägt. Aber der Täter von McDonalds<br />

und vom OEZ-Parkhaus war ganz in Schwarz.<br />

Wie passt das zusammen? Auffällig ist: Stunden bevor<br />

die Polizei den Selbstmord in der Henckystraße gemeldet<br />

hatte, wollte sie die Leiche des Attentäters «in<br />

einer Nebenstraße an der Isar» gefunden haben, ebenfalls<br />

mit einem Kopfschuss. Das meldete der Radiosender<br />

RTF1 mit Bezug auf eine Pressekonferenz der<br />

Polizei um 22:35 Uhr. Man beachte: Die Isar ist fünf<br />

Kilometer von der Henckystraße entfernt. Und: Von<br />

diesem Toten war später nie mehr die Rede. Wäre<br />

interessant zu wissen, was er für ein T-Shirt trug…<br />

Die Polizei versuchte die Sache mit dem Kleiderwechsel<br />

von Ali später damit zu erklären, dass es eine<br />

«Eigenart» von ihm gewesen sei, zwei T-Shirts übereinander<br />

zu tragen…<br />

Der Tote in der Henckystraße trägt<br />

ein blaues T-Shirt, der Schütze auf<br />

den Videos ein schwarzes.<br />

Noch etwas lässt mich daran zweifeln, dass der<br />

tote Deutsch-Iraner der Mehrfachmörder von McDonalds<br />

und OEZ war: Der Schütze auf den Videos ist<br />

Linkshänder. Doch Maria S., eine Anwohnerin in der<br />

Henckystraße, schwört mir gegenüber Stein und Bein,<br />

dass sie gesehen hat, wie die Polizei dem Selbstmörder<br />

die Waffe aus der rechten Hand nahm.<br />

Die südafrikanische Blutspur.<br />

Foto: Screenshot Daily News<br />

29.1.2015<br />

Am Abend des 22. Juli in der Innenstadt:<br />

Polizisten führen einen weiteren<br />

Verdächtigen ab. Mittlerweile<br />

gilt Sonboly jedoch als Einzeltäter.<br />

Foto: Getty Images<br />

22<br />

_ Marc Dassen ist Redakteur bei<br />

<strong>COMPACT</strong> und war vom 30. Juli bis<br />

5. August in München unterwegs,<br />

besuchte die Tatorte, sprach mit<br />

der Polizei, mit Augenzeugen und<br />

Anwohnern. In Kürze wird es auf<br />

<strong>COMPACT</strong>-TV auch einen Filmbeitrag<br />

zum Fall München geben.

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