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COMPACT-Magazin 09-2016

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<strong>COMPACT</strong> Politik<br />

«Kurz ist isoliert»<br />

_ Interview mit Harald Vilimsky/Johannes Hübner<br />

Die österreichische Regierung hat trotz vereinzelter Ankündigungen nichts Wesentliches<br />

an ihrer Einwanderungspolitik geändert – so der Standpunkt der Freiheitlichen aus dem<br />

Munde zweier Spitzenpolitiker. Aber wenn der FPÖ-Mann Norbert Hofer im Oktober<br />

Bundespräsident wird, könnte Vieles in Bewegung kommen.<br />

Die österreichische Regierung hat an der Schließung<br />

der Balkanroute mitgewirkt, Außenminister<br />

Sebastian Kurz will Illegale im Mittelmeer<br />

abfangen und auf Inseln unterbringen, die Asylzahlen<br />

sind stark gefallen. Was hat die FPÖ überhaupt<br />

noch zu kritisieren?<br />

Vilimsky: Die Regierung ist getrieben durch Panik<br />

angesichts unserer Erfolge. Verbal versucht man die<br />

FPÖ zu kopieren, doch real passiert wenig bis nichts,<br />

schließlich ist Österreich eingebunden in die EU-Strukturen.<br />

Und Kurz hat noch vor nicht allzu langer Zeit<br />

gesagt: «Der Islam gehört zu Österreich.» Und: «Der<br />

durchschnittliche Zuwanderer ist höher gebildet als<br />

der durchschnittliche Österreicher.»<br />

Hübner: Das Einzige, was real geschehen ist, war<br />

die Schließung der Balkanroute. Letztlich war das ein<br />

Alleingang von Kurz, aus Angst vor den Wahlerfolgen<br />

der FPÖ, das muss man anerkennen.<br />

Vilimsky: Kurz ist isoliert, ein einsamer Rufer in der<br />

Wüste der ÖVP. Und beide Regierungsparteien sprechen<br />

sich für Alexander Van der Bellen als Bundespräsidenten<br />

aus, der die Asyl- und Einladungspolitik ins<br />

Extreme überziehen will.<br />

Aber Van der Bellen wird‘s ja nicht, sondern Ihr<br />

Kandidat, Norbert Hofer (siehe Infobox). Was<br />

könnte er auf diesem hoch angesehenen, aber<br />

eher repräsentativen Posten bewirken?<br />

Hübner: In der Außenpolitik kann er nur nachvollziehen,<br />

was der Außenminister macht. Dabei kann ich<br />

mir vorstellen, dass das Duo Kurz-Hofer durchaus harmoniert.<br />

Bei dramatischen Fehlentwicklungen kann<br />

er aber Flagge zeigen: Als zum Beispiel Ungarn letztes<br />

Jahr wegen seines Grenzzauns von der EU isoliert<br />

wurde, hätte er demonstrativ nach Budapest fahren<br />

können.<br />

Vilimsky: Der Bundespräsident ist in erster Linie eine<br />

moralische Instanz, um die Regierung zu motivieren<br />

und zu mahnen. Norbert Hofer würde es nicht zulassen,<br />

dass unsere Gesetze oder die Verträge von Schengen<br />

und Dublin mittels einer Politik der offenen Grenzen<br />

gebrochen würden. Und falls die Regierung das<br />

Freihandelsabkommen TTIP durchwinken will, würde er<br />

sicherlich vorher eine Volksbefragung einfordern und<br />

das entsprechende Gesetz nur unterschreiben, wenn<br />

der politische Souverän das will.<br />

Nach dem Brexit – der Öxit?<br />

Ohne die wirtschaftsliberalen Briten wird die<br />

EU noch dirigistischer. Ist jetzt nicht die Zeit für<br />

einen Öxit, für eine Rückkehr zur EFTA?<br />

Vilimsky: Vorsicht, der Brexit ist noch nicht vollzogen.<br />

Da kann noch viel passieren. Und innerhalb der EU<br />

sind die Dinge in Bewegung: Wenn 2017 Marine Le<br />

Pen in Frankreich, Geert Wilders in den Niederlanden<br />

und H.C. Strache in Österreich die Regierung bilden,<br />

bestehen ganz andere Möglichkeiten für eine Reform<br />

der EU im Sinne der Völker. Wir brauchen ein «Europa<br />

à la carte», wie Frau Le Pen sagt, wo die Nationalstaaten<br />

selbst bestimmen, welches Ausmaß an Zusammenarbeit<br />

sie wollen.<br />

Hübner: Wobei eine grundlegende Reform der EU in<br />

ihren jetzigen Institutionen angesichts des Einstimmigkeitsprinzips<br />

nicht vorstellbar ist. Dafür müsste der Zerfallsdruck<br />

steigen – aber er steigt ja auch, vor allem<br />

durch die Osteuropäer.<br />

Welche Rolle spielt die Zusammenarbeit FPÖ-<br />

AfD? Man hört recht wenig in letzter Zeit…<br />

Vilimsky: Es gab Mitte Juni das spektakuläre Treffen<br />

von Strache mit Frauke Petry auf der Zugspitze, da<br />

waren über 50 Journalisten. Und kurz darauf hatten wir<br />

in Wien einen großen Kongress unter dem Titel «Patriotischer<br />

Frühling», da waren Strache, Le Pen und Marcus<br />

Pretzell. Die Kooperation ist sehr gut! Jetzt brauchen<br />

wir die Zusammenfassung aller drei EU-kritischen<br />

Fraktionen im Straßburger Parlament in einer.<br />

Hübner: Ich war vor Kurzem auf dem Parteitag der AfD<br />

in Rheinland-Pfalz und war begeistert. Diese Aktivisten,<br />

die dem BRD-System trotzen, haben meinen vollen<br />

Respekt.<br />

FPÖ-Kandidat vorn<br />

Am 2. Oktober wird die Stichwahl<br />

wiederholt, die über den<br />

nächsten Bundespräsidenten<br />

Österreichs entscheidet. Der<br />

FPÖ-Kandidat Norbert Hofer und<br />

der Grüne Alexander Van der<br />

Bellen, der auch von der konservativen<br />

ÖVP und der sozialdemokratischen<br />

SPÖ unterstützt<br />

wird, stellen sich dem Votum<br />

des Volkes.<br />

«Schon zum drittem Mal führt<br />

der FPÖ-Kanditat in einer aktuellen<br />

Gallup-Umfrage für Österreich<br />

(600 Befragte vom 10. bis<br />

11. August (…). Betrachtet man<br />

aber die Mittelwerte, so hat<br />

Hofer 52 Prozent und VdB 48 %<br />

– diese Werte sind seit Wochen<br />

stabil. Die Wahrscheinlichkeit,<br />

dass Hofer gewinnt, ist also größer<br />

als jene, dass Van der Bellen<br />

ein neuerlicher Sieg gelingt.<br />

Die Themenlage – Terror, Flüchtlinge,<br />

Türken-Streit – ist wie<br />

gemacht für den FPÖ-Kandidaten.»<br />

(ö24.at, 11.8.<strong>2016</strong>)<br />

Vilimsky, Hübner, Elsässer bei Kaffee,<br />

Mineralwasser und Säften.<br />

Foto: A. Höferl<br />

Hofer wird eine<br />

Volksabstimmung<br />

über TTIP einfordern.<br />

_ Harald Vilimsky ist<br />

Generalsekretär der FPÖ und<br />

Abgeordneter im EU-Parlament.<br />

_ Johannes Hübner ist Abgeordneter<br />

im Nationalrat und außenpolitischer<br />

Sprecher der Partei. Er<br />

wird auf der <strong>COMPACT</strong>-Konferenz<br />

«Für ein Europa der Vaterländer»<br />

am 29. Oktober in Köln referieren.<br />

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