3/2012 - Psychotherapeutenjournal
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Hessen<br />
Mitteilungen der Psychotherapeutenkammer<br />
zu müssen, in „MadorbadKonflikte“ zu<br />
geraten, selbst nicht die altersentsprechend<br />
notwendige Unterstützung und Aufmerksamkeit<br />
der Eltern zu erhalten, um<br />
sich psychisch stabil zu entwickeln, sich in<br />
Ambivalenzen zwischen Konkurrenz und<br />
Schuldgefühlen in Geschwisterbeziehungen<br />
zu verstricken. Nicht selten ist die<br />
Scham der Kinder und Jugendlichen so<br />
hoch, dass auch eine Teilnahme am sozialen<br />
Leben nur eingeschränkt möglich ist.<br />
Freunde werden nicht mit nach Hause gebracht,<br />
Ängste vor einer eigenen Erkrankung<br />
spielen in der Adoleszenz eine große<br />
Rolle und können sich auch langfristig auf<br />
eine spätere Partnersuche und Familienplanung<br />
auswirken.<br />
Zumindest, was die erschwerten Lebens<br />
und Entwicklungsbedingungen von Kindern<br />
und Jugendlichen von Eltern mit psychischer<br />
Erkrankung betrifft, liegt inzwischen<br />
eine gute Datenlage vor; wünschenswert<br />
wären auch finanzielle Mittel<br />
für Forschungsarbeiten über das Ausmaß<br />
der Belastung von Kindern und Jugendlichen,<br />
wenn ein Geschwister oder sonstiger<br />
naher Angehöriger psychisch erkrankt.<br />
Denn es gibt seit Jahrzenten gute Behandlungskonzepte,<br />
inzwischen nicht nur in<br />
systemisch/familientherapeutischen Schulen,<br />
die neben den eigentlichen Indexpatienten<br />
sehr erfolgreich auch das familiäre<br />
Umfeld in den therapeutischen Prozess<br />
mit einbeziehen. Woran es leider trotz<br />
zahlreicher positiver Erfahrungen und Daten<br />
zur Wirksamkeit in verschiedenen Projekten<br />
hapert, sind zuverlässige Finanzierungskonzepte.<br />
So herrscht ein inhomogenes,<br />
nicht flächendeckendes Angebot des<br />
Einbezugs von Angehörigen, das nicht nur<br />
von verschiedenen (stationären, teilstationären,<br />
ambulanten) Settings und Kosten<br />
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trägern abhängig ist, sondern auch von regionalen<br />
Gegebenheiten.<br />
Erfreulicherweise gibt es Träger, die aus<br />
verschiedenen Mitteln punktuell Entlastung<br />
schaffen können und Angebote bereithalten.<br />
Auch Kliniken machen stationär<br />
und ambulant zunehmend Angehörigenarbeit,<br />
in RehaMaßnahmen ist dieses, sofern<br />
von der räumlichen Distanz zwischen<br />
dem Ort der Rehamaßnahme und Angehörigen<br />
machbar, auch immer wieder Teil<br />
des Behandlungskonzeptes und wird von<br />
den Kostenträgern gefordert. In der Niederlassung<br />
haben KJP die Möglichkeit, zusätzliche<br />
Bezugspersonenstunden abzurechnen,<br />
PP können im Rahmen des<br />
Therapiekontingentes Bezugspersonen<br />
einbeziehen, allerdings nur zur Erreichung<br />
des Therapiezieles des Patienten. Eine Unterstützung<br />
von Kindern von beispielsweise<br />
psychisch kranken Eltern ist hier jedoch<br />
nicht genannt.<br />
Die Datenlage ist eindeutig: Der Einbezug<br />
des familiären Kontextes verbessert bei<br />
entsprechender Indikation die Effektivität<br />
von Psychotherapie im Kindes und Jugendalter.<br />
Wünschenswert wäre, dass alle Behandlergruppen<br />
in allen Settings, also im stationären,<br />
teilstationären und ambulanten Kontext,<br />
die Möglichkeit und Stundenkontingente<br />
haben, nach Bedarf und Notwendigkeit<br />
und bei Passung in das therapeutische<br />
Konzept, fachgerecht Familienangehörige<br />
bzw. wichtige Bezugspersonen in die Behandlung<br />
psychisch Erkrankter mit einzubeziehen.<br />
Im GKVSystem ist eine psychotherapeutische<br />
Hilfe für Kinder mit psychisch kranken<br />
Eltern nur möglich, wenn diese Kinder<br />
5. Hessischer Heilberufetag „Patient im Internet“<br />
Am 13. Juni fand mit über 200 Teilnehmern<br />
in den Kurhaus Kolonnaden Wiesbaden<br />
der 5. Hessische Heilberufetag<br />
statt. Die schon seit fünf Jahren bei Öffentlichkeit<br />
und Politik auf große Resonanz<br />
stoßenden Hessischen Heilberufetage<br />
werden gemeinsam von den<br />
Hessischen Heilberufekammern und Kassenärztlichen<br />
Vereinigungen veranstaltet.<br />
Das Motto des Heilberufetags lautete<br />
diesmal „Patient im Internet – zu Risiken<br />
und Nebenwirkungen …“. Damit griff er<br />
eine hochbrisante Thematik auf, nämlich<br />
die Frage, wie sich Patienten zu Gesundheitsfragen<br />
im Internet fachgerecht informieren<br />
und austauschen können – und<br />
welche Risiken und Nebenwirkungen damit<br />
verbunden sind.<br />
auch zu Indexpatienten gemacht werden.<br />
Dies stellt, da Kinder psychisch kranker Eltern<br />
regelhaft mit Schuldgefühlen in Bezug<br />
auf die Erkrankung der Eltern konfrontiert<br />
sind, insbesondere in diesem Zusammenhang<br />
eine zusätzliche Belastung dar, die<br />
vermieden werden sollte.<br />
Problematisch, wenn auch häufig nicht zu<br />
umgehen ist es, dass Kinder und Jugendliche<br />
psychisch kranker Eltern zur Bewältigung<br />
der Krankheit der Eltern selbst pathologisiert<br />
werden, z. B., wenn Ambulanzen<br />
für die wichtige Arbeit mit Kindern psychisch<br />
kranker Eltern Angebote machen,<br />
dafür aber einen Überweisungsschein für<br />
das jeweilige Kind verlangen müssen. Es<br />
ist notwendig, den Kindern zu versichern,<br />
dass die Erkrankung der Eltern sich nicht<br />
aus ihrem Verhalten ergeben hatte und<br />
dass ihr Leiden unter der Krankheit der Eltern<br />
selbst zunächst keine Krankheit sondern<br />
eine nachvollziehbare Reaktion auf<br />
diese Lebensbedingungen ist, auch wenn<br />
sich in solchen Situationen krankheitswertige<br />
Störungen entwickeln können.<br />
Wir brauchen gesicherte finanzielle und<br />
zeitliche Ressourcen, um die Kinder und<br />
Jugendlichen im Rahmen von psychotherapeutischen<br />
Behandlungen weiterer Familienangehöriger<br />
im Blick haben zu können<br />
und um dadurch so weit als möglich<br />
präventiv der Entwicklung krankheitswertiger<br />
reaktiver Störungen vorzubeugen sowie<br />
auch mögliche Chronifizierungsprozesse<br />
psychischer Erkrankungen der<br />
Kinder abzuwenden. Wünschenswert wäre,<br />
dass es ein Anliegen aller in der Behandlung<br />
psychisch erkrankter Menschen<br />
involvierten Kolleginnen und Kollegen ist,<br />
diesem Missstand entgegenzutreten.<br />
Ariadne Sartorius<br />
(Mitglied des Vorstands)<br />
Der persönliche Dialog mit dem<br />
Patienten ist wichtig<br />
Kurzweilig, humorvoll, aber deshalb nicht<br />
weniger ernsthaft moderiert wurde der<br />
Heilberufetag von Andreas Hieke, Moderator<br />
der HR Hessenschau. Er wies auf eine<br />
im Internet kursierende Liste hin mit NonsensZitaten<br />
zum Internet; auf dieser Liste<br />
<strong>Psychotherapeutenjournal</strong> 3/<strong>2012</strong>