Druckdatei 2015
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
einleitung<br />
„Verständigung beruht auf Verständnis“ 1<br />
Im Rahmen eines Festaktes des 2011 neu gegründeten Forschungszentrums<br />
der Freien Universität Berlin zur Geistesgeschichte der islamischen<br />
Welt erklärte der Präsident der Freien Universität Berlin, Peter-André Alt:<br />
„Verständigung beruht auf Verständnis“ und Verständnis wiederum entstehe<br />
durch das Wissen, das aus der Kenntnis der Geschichte erwachse. Die damals<br />
amtierende Bundesministerin für Bildung und Forschung, Annette Schawan,<br />
ergänzte: „Wir brauchen ein umfassendes Bild der Geistesgeschichte<br />
des Islam vom Mittelalter bis zur Neuzeit für sein Selbstverständnis, seine<br />
Wahrnehmung in der westlichen Welt, um das Miteinander besser gestalten<br />
zu können.“ Die Wissenschaftler_innen betonten, dass der Respekt<br />
für andere Glaubensrichtungen und interreligiöser Austausch nicht allein<br />
Errungenschaften der Aufklärung und der Moderne seien. Sie wollten untersuchen,<br />
in welcher Form Muslime, Christen und Juden in der islamischen<br />
Welt schon seit dem Mittelalter in regem intellektuellen Austausch standen<br />
und Pluralität zur Grundlage von Gesellschaftsmodellen wurde. 2<br />
Im Unterschied zu diesen Stimmen aus Wissenschaft, Forschung und<br />
Politik wird in der Öffentlichkeit das Thema „Islam“ vor allem aus einer Problemperspektive<br />
betrachtet. Muslimisches Leben ist in den letzten Jahren<br />
zunehmend sichtbarer geworden und hat zu kontroversen Reaktionen<br />
geführt. Die öffentlichen Diskussionen um Moscheebauten, Kopftücher<br />
oder schulische Gebetsräume wurden mit einem großen medialen Interesse<br />
ausgetragen. Dadurch wurde deutlich, dass das Sichtbarwerden des Islam<br />
nicht nur als Selbstverständlichkeit und Normalität wahrgenommen wird,<br />
sondern auch Irritationen und Ängste auslöst, die zu Abwehrreaktionen und<br />
Konflikten führen. „Der Islam gehört zu Deutschland!“ Diese Einschätzung des<br />
ehemaligen Bundespräsidenten Christian Wulff hatte bereits 2010 heftige<br />
Debatten zur Folge, die sowohl Konsequenzen für das Selbstverständnis<br />
junger Muslim_innen als auch nichtmuslimischer Jugendlicher und junger<br />
Erwachsener im Hinblick auf die zunehmende kulturelle und religiöse Vielfalt<br />
in Deutschland haben. Ein Unterricht, in dem der Auseinandersetzung mit<br />
der islamisch-arabischen Geschichte und Kultur sowie ihrer Bedeutung für<br />
das westeuropäisch-christliche Abendland Raum gegeben wird, wendet sich<br />
an alle Schüler_innen und kann ein wirkungsvolles Medium sein, um Ängste<br />
und Vorbehalte der multireligiösen Gesellschaft gegenüber abzubauen und<br />
die Voraussetzungen für ein friedliches und respektvolles Miteinander zu<br />
1<br />
Peter-André Alt, Präsident der Freien Universität Berlin<br />
2<br />
Juliane Bartsch, „Verständigung beruht auf Verständnis“, Forschungszentrum zur Geistesgeschichte<br />
der islamischen Welt an der Freien Universität eröffnet. In: Der Tagesspiegel<br />
vom 15.10.2011<br />
6