ig_1-2017_ingoettingen
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KULTUR [ MUSIK ]<br />
Foto:Anton Saeckl<br />
Laurence Cummings dir<strong>ig</strong>iert am liebsten vom Cembalo aus – mal sitzend<br />
oder – wenn er wie hier gerade nicht selbst spielt – auch stehend.<br />
Charakter von Händels barocker Musik.<br />
Außerdem genieße ich das Dir<strong>ig</strong>ieren<br />
einer Aufführung noch viel mehr,<br />
wenn ich die Möglichkeit habe, dabei<br />
selbst ein Teil des Orchesters zu sein.<br />
Eine Ihrer Besonderheiten ist, dass Sie<br />
stärker als viele andere Dir<strong>ig</strong>enten die<br />
rhythmischen Aspekte von Händels<br />
Musik in den Mittelpunkt stellen ...<br />
Rhythmik ist mir in der Tat sehr wicht<strong>ig</strong>.<br />
Ich finde, auf diese Weise wird<br />
man dem Komponisten Händel besonders<br />
gut gerecht. Außerdem orientiert<br />
sich barocke Opernmusik stark an der<br />
Tanzmusik ihrer Zeit – bei der Opernproduktion<br />
im letzten Jahr hatten wir ja<br />
sogar Tänzerinnen und Tänzer auf der<br />
Bühne – und daher ist es für mich nur<br />
logisch, sich über den Rhythmus bei<br />
Händels Werken intensiv Gedanken zu<br />
machen.<br />
Wenn es einen Index gäbe, der die<br />
Popularität Händels abbildet, wie<br />
hätte sich dieser Index in den letzten<br />
10 Jahren entwickelt?<br />
Er würde ze<strong>ig</strong>en, dass die Zahl der<br />
Händel-Aufführungen immer weiter<br />
gestiegen ist. Giulio Cesare gehört mittlerweile<br />
in vielen Opernhäusern zum<br />
Standardrepertoire und auch Xerxes<br />
und Orlando werden unglaublich oft<br />
gespielt. Und dann ist da natürlich der<br />
Messias, der noch mal in einer anderen<br />
L<strong>ig</strong>a spielt, was die Aufführungshäuf<strong>ig</strong>keit<br />
angeht.<br />
Wie konnte dieses Werk e<strong>ig</strong>entlich<br />
weltweit eine solche Bekanntheit erlangen?<br />
Selbst auf das mittlerweile so<br />
allgegenwärt<strong>ig</strong>e „Halleluja“ musste<br />
die Welt ja erst einmal aufmerksam<br />
werden.<br />
Händel hat das Werk noch zu Lebzeiten<br />
in der Kapelle eines bekannten Londoner<br />
Waisenhauses, im Foundling Hospital,<br />
jedes Jahr im Rahmen einer Benefizveranstaltung<br />
aufgeführt. Nach seinem Tod<br />
wurde diese Tradition bis heute beibehalten.<br />
Der Messias war somit, anders<br />
als die meisten anderen Werke Händels,<br />
nie aus dem kollektiven musikalischen<br />
Gedächtnis verschwunden.<br />
Wie steht es mit den rein instrumentalen<br />
Werken Händels? Deutet sich<br />
dort ebenfalls eine Renaissance an?<br />
Bei den Studierenden, die ich betreue,<br />
sind seine kammermusikalischen Werke<br />
sehr beliebt. Diese werden daher in<br />
Zukunft sicher verstärkt den Weg auf<br />
die Konzertbühnen finden. Aber auch<br />
bei den Opern gibt es, wie die diesjähr<strong>ig</strong>e<br />
Oper Lotario ze<strong>ig</strong>t, aus meiner<br />
Sicht noch ein<strong>ig</strong>e Schätze, die in den<br />
nächsten Jahren gehoben werden müssen.<br />
Festspielmotto:<br />
„Glaube und Zweifel“<br />
Inspiriert vom großen Reformationsjubiläum<br />
stehen die Internationalen<br />
Händel-Festspiele<br />
Göttingen <strong>2017</strong> unter dem Motto<br />
„Glaube und Zweifel“. Martin<br />
Luther ist dabei allerdings nur<br />
Ausgangspunkt für die Fragestellung,<br />
was Glauben im rel<strong>ig</strong>iösen<br />
wie im übertragenen Sinne<br />
als Überzeugung für uns heute<br />
bedeutet. Mit der Brockes-Passion,<br />
den Oratorien Israel in Egypt<br />
und Luther in Worms sowie dem<br />
Konzert des Ensembles Concerto<br />
Romano mit katholischer<br />
Kirchenmusik von Händel und<br />
seinen italienischen Zeitgenossen<br />
spielt sakrale Musik im Programm<br />
der Festspiele <strong>2017</strong> eine<br />
besondere Rolle.<br />
Gleichzeit<strong>ig</strong> stärken die Festspiele<br />
mit gleich drei Musiktheaterproduktionen<br />
ihr Profil als<br />
Niedersachsens einz<strong>ig</strong>es Opernfestival.<br />
Im Mittelpunkt: Georg<br />
Friedrich Händels Oper Lotario<br />
im Deutschen Theater Göttingen<br />
in der Regie des im venezolanischen<br />
Caracas geborenen<br />
Regisseurs Carlos Wagner. Die<br />
Aufzeichnung der Premiere ist<br />
bei freiem Eintritt auch als Public<br />
Viewing in der Lokhalle<br />
zu sehen. Lucio Cornelio Silla<br />
– Dorothee Oberlingers erstes<br />
Operndir<strong>ig</strong>at – ist in einer halbszenischen<br />
Aufführung mit barocken<br />
Kostümen und historischer<br />
Gestik in der Stadthalle Göttingen<br />
zu erleben. Für Haydns Orfeo<br />
ed Euridice hat das Göttinger<br />
Symphonie Orchester eine Star-<br />
Besetzung u. a. mit Simone Kermes<br />
eingeladen.<br />
Zur Riege namhafter Stars im<br />
diesjähr<strong>ig</strong>en Festspielprogramm<br />
zählen außerdem ECHO-Klassik-Preisträger<br />
Avi Avital und<br />
Andreas Staier, Publikumsliebling<br />
Dominique Labelle und der<br />
Slam-Poet Pierre Jarawan, dessen<br />
Romandebüt Am Ende bleiben<br />
die Zedern gleich mehrere<br />
Wochen lang auf deutschspra-<br />
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