COMPACT SPEZIAL 10 "Islam"
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Allah und die Frauen<br />
_ von Manfred Kleine-Hartlage<br />
Ob Hidschab, Tschador oder Burka: Verschleierung – wie hier<br />
in Teheran 2013 zum Ende des Fastenmonats Ramadan – ist<br />
das vielleicht sichtbarste Symbol des Islams. Foto: picture alliance/ZUMAPRESS.com<br />
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Machismo findet man auch bei den Gläubigen anderer Religionen –<br />
aber nur im Islam ist es angeblich Gott selbst, der die Frau unter die<br />
Despotie des Mannes zwingt. Anders als in der Bibel ist die Kontrolle<br />
der weiblichen Sexualität und Fortpflanzung im Koran ein zentrales<br />
Thema.<br />
Der Koran schreibt<br />
die Verschleierung<br />
nicht vor – schon<br />
gar nicht Tschador<br />
oder Burka.<br />
Mindestens acht von 24 Suren aus Mohammeds<br />
Zeit in Medina enthalten allgemeingültige Verhaltensnormen<br />
juristischen Charakters für das Alltagsleben,<br />
wobei das Ehe-, Familien- und Erbrecht deutlich<br />
dominieren. Das beherrschende Einzelthema<br />
innerhalb dieses Themenkreises ist das Verhältnis<br />
von Mann und Frau, genauer die Unterordnung der<br />
Frau unter den Mann: Frauen seien von Natur aus<br />
dem Mann unterlegen, weswegen ihr Zeugnis vor<br />
Gericht auch nur halb so viel wert sei; ungehorsame<br />
Frauen seien zu züchtigen; die Ehefrau müsse sexuell<br />
jederzeit zur Verfügung stehen (ob sie will oder<br />
nicht); der Mann solle nicht auf die Ausübung seiner<br />
Rechte verzichten, nur um der Frau zu gefallen;<br />
Frauen sollten auf züchtige Kleidung achten, um<br />
nicht die Belästigung durch fremde Männer herauszufordern<br />
und so weiter.<br />
Man wird schwerlich behaupten können, dass<br />
nur Muslime so denken. Machismo mag im islamischen<br />
Kulturkreis ausgeprägter sein als anderswo,<br />
aber es gibt wahrhaftig genug Machos anderen<br />
Glaubens, die einen Vergleich mit ihren muslimischen<br />
Gesinnungs- und Geschlechtsgenossen ohne<br />
Weiteres aushalten würden.<br />
Eine islamische Besonderheit aber ist die Tatsache,<br />
dass dieser Sexismus von Gott verkündet wird,<br />
und zwar als zentrales Thema seiner Offenbarung<br />
und als Tugend mit dem Anspruch auf ewige Gültigkeit<br />
und letzte Wahrheit. (Der Koran beglaubigt<br />
sich selbst als Allahs eigenes – das heißt nicht von<br />
anderen geschaffenes –, ewiges und letztes Wort.)<br />
Ich zeige anhand dieses Themas noch einmal,<br />
wie wichtig es ist, den Koran als geschlossenes<br />
Gedankengebäude zu interpretieren. Letzteres<br />
ist er nicht nur seinem eigenen Anspruch nach;<br />
die Widerspruchsfreiheit des Korans ist auch das<br />
Grundaxiom jeder Exegese durch islamische Theologen.<br />
Den Koran interpretiert man nicht angemessen,<br />
wenn man jeden Vers einzeln interpretiert<br />
(wobei man, wie in jedem anderen Text auch,<br />
feststellen wird, dass jede Aussage, und sogar<br />
fast jedes Wort, mehrdeutig ist) und ihm dann die<br />
Bedeutung beimisst, die man selbst bevorzugt, um<br />
am Ende der Exegese festzustellen, dass der Koran<br />
widerspruchsfrei ist oder auch nicht.<br />
Argumente der Islam-Versteher<br />
Ich sage das deshalb, weil zwei Einwände gegen<br />
die These der islamischen Frauenfeindlichkeit von<br />
islamophiler Seite mit Sicherheit vorgebracht werden:<br />
Zum einen enthalte der Koran die Verpflichtung<br />
des Mannes, seine Frau (und überhaupt seine<br />
Familie) zu versorgen und zu schützen und sie gütig,