Passion Genuss 01/2017 - passion_genuss_01_2017.pdf
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
RUNGIS<br />
Foto: Sven Bleß<br />
Als Leiter Qualité de Paris<br />
kennt Sven Bleß den Pariser<br />
Großmarkt aus dem Effeff<br />
»Das Angebot in Rungis ist so<br />
riesig und vielfältig, dass man<br />
Tage braucht, um alles zu sehen.<br />
Und natürlich, um das Beste zu<br />
finden.«<br />
Aber noch herrscht in der eiskalten Halle recht hektisches<br />
Treiben. Kleine wendige Gabelstapler fahren<br />
im Slalom zwischen den überall herumstehenden Kisten<br />
hin und her. Die Temperatur in der Halle liegt nur<br />
wenige Grad über dem Gefrierpunkt, der Boden gleicht<br />
einer riesigen Pfütze. Gellende Rufe schallen von allen<br />
Seiten durch den gigantischen Raum, die Ware muss<br />
jetzt schnellstens auf den Weg. Da muss jeder Handgriff<br />
sitzen, die Fische und Meerestiere ordentlich auf<br />
Eis liegen. Alles sicher verpackt in weißen Styroporkisten,<br />
die in Windeseile auf Paletten gestapelt werden.<br />
Länger als 36 Stunden, maximal 48, darf der Transport<br />
an jeden beliebigen Ort der Welt nicht dauern. Ein echter<br />
Knochenjob für die Männer, die mit ihren weißen<br />
Kitteln und weißen Mützen aussehen wie eine Heerschar<br />
von Eskimos. Nur am Firmenlogo auf den Jacken<br />
kann man die Firmenzugehörigkeit erkennen. Insgesamt<br />
bieten 48 Händler Fische aus allen Weltmeeren<br />
in der Halle an, auf dem gesamten Gelände sind rund<br />
1.200 Unternehmen aktiv.<br />
Szenenwechsel: Wann hat man schon mal ganze Rinderhälften<br />
von der Decke hängen sehen? Und das gleich<br />
zu hunderten. Wir staunen nicht schlecht angesichts<br />
der Menge, es riecht nach Blut und frischem Schlachtfleisch.<br />
Nur wenige Meter weiter befindet sich die Halle<br />
für Innereien. In riesigen Kübeln warten Schweinefüße,<br />
eimerweise Leber, Nieren, Zungen, Kalbsbries und Hirn<br />
auf ihren Transport. Dutzende abgekochte Kalbsköpfe<br />
hängen in Reih und Glied an blitzenden Metzgerhaken.<br />
Ein Teil der Ware kommt aus deutschen Schlachthäusern,<br />
dort ist sie fast unverkäuflich. Mehr als 50 Tonnen<br />
Innereien wechseln täglich den Besitzer, vorwiegend<br />
sind es französische Köche, die sich für das Angebot<br />
interessieren. Aber auch der Chefkoch des Weißen<br />
Hauses wurde hier schon gesichtet.<br />
In den Obst- und Gemüsehallen triumphieren bunte<br />
Farben. Palettenweise Erdbeeren mitten im November,<br />
Äpfel und Birnen in allen Farben und Formen, grüne<br />
und rote Trauben in allen Varianten und Größen, tausende<br />
von Kiwis und Orangen, Unmengen von Melonen,<br />
perfekt gestapelt zu Pyramiden. Daneben ordentlich<br />
aufgeschichtete Karotten, kistenweise frischer Knoblauch,<br />
Artischocken wie gemalt. Ein Erlebnis für die<br />
Augen. „Das Angebot in Rungis ist so riesig und vielfältig,<br />
dass man Tage braucht, um alles zu sehen. Und<br />
natürlich, um das Beste zu finden“, sagt Sven Bleß. Er<br />
muss es wissen. Schließlich ist er bei Transgourmet<br />
verantwortlich für die Linie Qualité de Paris, die ausgesuchte<br />
Premiumprodukte direkt über die Drehscheibe<br />
Pariser Großmarkt in die Gastronomie liefert. Immer<br />
auf der Suche nach den besten Produkten, beginnt sein<br />
Arbeitstag in Rungis mitten in der Nacht. Dann schläft<br />
die Seine-Metropole noch und wartet auf den Weckruf<br />
von Jacques Dutronc: Es ist fünf Uhr, Paris erwacht. Doch<br />
südlich der Stadt bereitet man sich um diese Uhrzeit<br />
auf den Feierabend vor. •<br />
PASSIONGENUSS <strong>01</strong>.17<br />
45