SPORTaktiv Juni 2017
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RUN<br />
LAUFEN ÖFFNET<br />
DIE SINNE<br />
„DER FUSS IST SO GESCHEIT WIE DAS GEHIRN“ – meint der Ex-Triathlet und<br />
Gründer der Laufschuhmarke On, Olivier Bernhard. Wir haben den Schweizer auf<br />
Mallorca getroffen – und über Freiheit für den Fuß, die Bedeutung des Komforts bei<br />
Laufschuhen und die Zukunft des Laufens gesprochen.<br />
Dreitagebart, die langen Haare<br />
unter einem Kapperl: So erscheint<br />
Olivier Bernhard zur<br />
gemeinsamen Laufrunde auf<br />
Mallorca. Die Vorfreude ist nicht zu<br />
verleugnen – schließlich hat man<br />
nicht jeden Tag die Gelegenheit, eine<br />
Runde mit einem sechsfachen Ironman-Sieger<br />
zu drehen. Noch dazu mit<br />
einem, der auch erfolgreicher Geschäftsmann<br />
ist; 2010 hat Bernhard<br />
mit Caspar Coppetti und David Allemann<br />
die Laufschuhmarke „On“ gegründet.<br />
Logisch, worum sich unsere<br />
Fragen bei diesem Laufinterview –<br />
ums Laufen und den Einfluss, den die<br />
Schuhe darauf haben.<br />
Olivier, ganz grob gesprochen: Wie<br />
läuft man richtig?<br />
Es gibt kein Falsch oder Richtig. Du<br />
kannst nicht immer auf dem Vorfuß<br />
landen. Bergab zum Beispiel wird das<br />
nicht funktionieren, da brauchst du die<br />
Ferse. Auch bei einem Marathon hilft es,<br />
wenn du zwischendurch auf der Ferse<br />
landest, um die Waden und die Achillessehnen<br />
zu entspannen.<br />
Die Mischung macht es also?<br />
Als Triathlet sehe ich das Ganze<br />
von der ökonomischen Seite – wie kann<br />
ich möglichst viel Kraft sparen. Wenn<br />
du auf der Ferse landest und die Knie<br />
beugst, vergeudest du Kraft. Streckst du<br />
das Bein aber nach hinten, hebst danach<br />
den Oberschenkel an und lässt<br />
den Fuß wieder zu Boden fallen, ist das<br />
ökonomischer, weil die Muskeln im<br />
Oberschenkel weniger belastet werden.<br />
Kann man das lernen?<br />
Ja, aber es dauert eben. Auch ich<br />
habe nach dem Triathlon-Training immer<br />
noch meine Running Drills gemacht,<br />
um effizienter zu laufen. Du<br />
musst dich aus der Komfortzone wagen,<br />
aber es zahlt sich aus.<br />
Auf dem Schuhsektor ist der große<br />
Boom der Stabilschuhe vorbei. Wie<br />
erwartest du die weitere Entwicklung?<br />
Mein Weg ist: Gib dem Fuß die Freiheit.<br />
Der Fuß ist sehr gescheit, wie der<br />
Kopf. Dank des Gehirns kannst du kochen,<br />
mit einem Hammer einen Nagel<br />
in ein Stück Holz schlagen oder Kunstwerke<br />
erschaffen. Mit dem Fuß ist es<br />
dasselbe. Wir vergessen das nur, weil er<br />
am anderen Ende des Körpers sitzt. Viele<br />
vertrauen den Füßen nicht – ich<br />
schon. Als Profi hab ich mich ja jahrelang<br />
auf sie verlassen. Ich glaube, dass es<br />
eine direkte Verbindung von meinen<br />
Füßen ins Gehirn gibt. Das hilft mir bei<br />
der Entwicklung enorm.<br />
Was heißt das für die Schuhe?<br />
Der Schuh muss Spannung haben.<br />
Auch unsere Muskeln, Bänder und Sehnen<br />
stehen unter Spannung – das muss<br />
der Schuh weitergeben, damit die Energie<br />
nicht irgendwo verpufft.<br />
FOTO: On<br />
TEXT: Klaus Molidor 52<br />
<strong>SPORTaktiv</strong>