SPORTaktiv Juni 2017
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BIKE<br />
<strong>SPORTaktiv</strong>-TECHNIKCHECK<br />
... BEIM<br />
RENNRAD<br />
Was tut sich <strong>2017</strong> technisch bei Rennrädern? Welcher Trend wird sich durchsetzen,<br />
welcher eher nicht? <strong>SPORTaktiv</strong>-Bikeredakteur Christoph Heigl hat es sich angeschaut.<br />
BREMSEN – WAS IST JETZT MIT DER SCHEIBE?<br />
Die Welt ist eine Scheibe. Der Jänner <strong>2017</strong> sah ein<br />
historisches Straßenrennen und einen Tom Boonen,<br />
der bei der Vuelta a San Juan den ersten Profisieg<br />
mit einem Scheibenbremsen-Rennrad feierte. Die<br />
Causa Scheibenbremse macht aber nach wie vor<br />
Schleifgeräusche: Von der Fahrergewerkschaft CPA<br />
wurden die runden Stopper fast zum Gerichtsakt<br />
gemacht, als es erste verletzte Profis gab<br />
(angeblich Schnittverletzungen nach Stürzen im<br />
Peloton), der Weltverband UCI die neuen Bremsen<br />
aber 2015 und 2016 zu Testperioden und -rennen<br />
zuließ. Die Revolution kommt in kleinen Schritten.<br />
Offen ist, wie Freizeitfahrer darauf reagieren, wenn<br />
die Profis vermehrt mit Scheibe bremsen. Bislang<br />
setzten sich Bikes mit Scheibenbremsen ja eher<br />
zögerlich durch.<br />
REIFEN – TREND ZUR BREITE GESTOPPT<br />
Apropos Roubaix, Teil I – und noch ein interessanter<br />
Seitenblick zu den Profis: Entgegen dem Trend zu<br />
breiteren Reifen bei Rennrädern sah man in der<br />
„Hölle des Nordens“ zuletzt wieder schmälere<br />
Pneus. Schwollen die ehemaligen Asphaltschneider<br />
in den letzten Jahren auf bis zu 31 Millimeter Breite<br />
an, sah man heuer am Kopfsteinpflaster durchwegs<br />
28 Millimeter. Zum Vergleich: In grauer Vorzeit gab<br />
es am Rennrad 19, 20 Millimeter. 23-mm-Dinger<br />
wurden bereits als Ballone verspottet. Heuer gilt: 23<br />
bis 28 ist normal – für Profis und Freizeitrennradler.<br />
ES DARF EIN BISSERL KOMFORTABLER SEIN<br />
Apropos Roubaix, Teil II: Das auf diesen Namen<br />
getaufte Komfort-Rennrad der Bikeschmiede<br />
Specialized sorgte in den letzten Jahren für eine um<br />
sich greifende „Roubaixisierung“ der Räder. Mehr<br />
Komfort, mehr Dämpfung, kürzer, höher, aufrechtere<br />
Geometrie. Und damit langstreckentauglichere Sitzund<br />
Pedalierpositionen. Auch dieser Trend setzt<br />
sich heuer fort. Specialized hat sogar ein Roubaix<br />
mit gefedertem Vorbau/Lenker, das zwei Zentimeter<br />
Federweg ermöglicht, angeblich ohne Einbußen bei<br />
der Steifigkeit und beim Handling.<br />
LADYS ALS ZIELGRUPPE<br />
Envie, Silque, Ruby, Contessa – auf diese Namen<br />
hören Damen-Rennräder, die sich auch immer<br />
mehr etablieren. Liv aus dem Hause Giant als<br />
Damenmarke – aber auch Trek, Specialized, Scott,<br />
Cube oder Cannondale haben eigene Damenlinien<br />
kreiert. Gemeinsam haben sie eine etwas kürzere<br />
Geometrie (kürzeres Oberrohr), um den bei<br />
Frauen kürzeren Oberkörper auszugleichen; eine<br />
leichtere Übersetzung und – im Idealfall – eine<br />
graziösere Optik. Dazu kommen jede Menge auf<br />
den weiblichen Körper abgestimmte Anbauteile.<br />
Damit und mit moderaten Einstiegspreisen ab etwa<br />
1000 Euro werden vor allem Einsteigerinnen und<br />
fitnessorientierte Damen angesprochen.<br />
SCHALTKABEL INS MUSEUM?<br />
Kurbeln mit nur einem Kettenblatt gibt es mittlerweile<br />
zwar für Rennräder. Zweifachkurbeln (2x11) sind<br />
aber nach wie vor Standard. Das Zwölffach-Ritzel<br />
gibt es bis dato nur bei Mountainbikes in Serienproduktion,<br />
am Rennrad sind Kassetten bis 42 Zähnen<br />
geplant und für Spezialisten ein Thema. Für Einsteiger<br />
gibt es auch noch Dreifachkurbeln. Geschaltet<br />
wird bis zur Mittelklasse mit Seil, aber die elektronische<br />
Schaltung wird immer attraktiver und man sieht<br />
sie an immer mehr Rädern. Das gute alte Brems- und<br />
Schaltkabel wandert langsam ins Museum.<br />
„E“ IN DER WARTESCHLEIFE<br />
Und was ist mit E-Rennrädern? Man sieht sie<br />
noch selten, aber es gibt sie: Rennräder mit<br />
Elektromotoren. Was kommt als nächstes? Die E-Tour<br />
de France? Mit Einzelzeitstromsparen? Mit dem<br />
blinkenden LED-Trikot für den besten Jung-Akku?<br />
Fakt ist: Die Industrie wartet ab, ob das „E“ unter<br />
Hobby-Rennradlern denselben Siegeszug antreten<br />
wird wie bei Trekking- und Mountainbikern. Das<br />
stärkste Argument, das Gegner einwerfen: Bei<br />
normalen E-Bikes hört der Motor bei 25 km/h mit<br />
der Unterstützung auf. Über so ein Tempo lächeln<br />
ambitionierte Straßenfahrer nur milde. Aber auf<br />
Bergetappen? Man darf abwarten.<br />
FOTO: MERIDA BIKES<br />
TEXT: C hristoph Heigl 78<br />
<strong>SPORTaktiv</strong>