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Rundbrief 1-2010 - Verband für sozial-kulturelle Arbeit

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in West eine Rolle, dass unglaublich viele Frauen ihre<br />

Männer im Krieg verloren hatten. Sie dachten nicht über<br />

Frauen-Power nach, sondern brachten ihre Familien<br />

durch. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen waren im<br />

Osten natürlich auf gleichberechtigt abgestellt, auch das<br />

ganze Versorgungssystem war so, dass Frauen ihrer Tätigkeit<br />

ohne Unterbrechung nachgehen konnten, das war<br />

überhaupt keine Frage.<br />

Aber jetzt möchte ich noch was zu der Situation der Frauen<br />

im Westen sagen, weil es da wirklich eine Frauen-Power,<br />

eine sehr große, von Frauen bewegte Zeit gegeben hat,<br />

ausgelöst durch die Studentenbewegung, durch politische<br />

Umbrüche. Frauen wollten weiter studieren, Berufe beenden,<br />

wollten raus und politisch mitwirken. Das hat eine<br />

Riesenwelle, eine politisch getragene Welle, ausgelöst,<br />

wo auch Männer mitgingen. Das war kein Gegeneinander.<br />

Auch bei den Kindergartengründungen waren damals<br />

Männer und Frauen dabei. Die Auseinandersetzungen um<br />

neue Formen, um Emanzipation, Kinder in neuer Freiheit<br />

zu erziehen, das mussten Männer und Frauen gemeinsam<br />

machen, die Elternabende jede Woche bis Mitternacht.<br />

Da lachen die Frauen, die dabei waren.<br />

Ende der 60er bzw. Anfang der 70er Jahre war das<br />

zunächst einmal <strong>für</strong> sehr bürgerliche Schichten, aber<br />

das weichte sich dann auf. Gesellschaftlich wurde darauf<br />

tatsächlich in den 70er Jahren reagiert, die Politik,<br />

SPD-Regierung – und auch danach -, unternahm unendlich<br />

viele Modellversuche, die gefördert und gestützt wurden,<br />

wo Frauen eingebunden waren. Auch das war ein<br />

Miteinander. In den 80er Jahren gab es Veränderungen,<br />

in den 90er ebenfalls. Heute sind wir wieder an so einem<br />

Punkt, wo man bei dem Begriff Feminismus ein bisschen<br />

lächelt, aber ich glaube, irgendwo ist es jetzt in den Köpfen<br />

angekommen, dass man nur gemeinsam etwas verändern<br />

kann, Männer und Frauen. Mir ist es wichtig, dass<br />

es im Westen außerhalb eines abgesicherten Rahmens<br />

zunächst mal von unten Entwicklungen gegeben hat, die<br />

bis heute Grundlage einer starken Veränderung in ganz<br />

Deutschland sind.<br />

Walli Gleim: In der Ausgangsposition haben in der Frauenbewegung<br />

damals Themen eine Rolle gespielt wie die<br />

Rückkehr der starken Frauen nach dem Krieg, die sich<br />

alleine mit ihren Familien durchgekämpft haben. Ich<br />

habe es selber als junges Mädchen erlebt, dass ich mit<br />

meinem Schulabschluss keine Beamtenlaufbahn einschlagen<br />

konnte, aber die Jungens mit dem gleichen<br />

Schulabschluss und mit schlechteren Noten diese Laufbahn<br />

mit entsprechender Ausbildung machen konnten.<br />

Solche Dinge, dass der Ehemann entscheiden durfte, ob<br />

seine Frau arbeiten gehen durfte; dass eine Frau, die sich<br />

trennte und die eheliche Wohnung verließ, automatisch<br />

schuldig geschieden wurde; dass es überhaupt keine<br />

Verhütung gab, sodass jeder Geschlechtsverkehr in einer<br />

Schwangerschaft enden konnte, während parallel Abtreibungsverbot<br />

herrschte. Das waren mitreißende Themen.<br />

Auch dass klar war, dass die besseren Positionen den<br />

Männern vorbehalten waren. Gewalt in Familien oder<br />

überhaupt Gewalt gegen Frauen war ein Thema, Kinderbetreuung<br />

war ein Thema, da gab es bestimmte Punkte,<br />

die in der DDR nicht relevant waren, Hausarbeit war ein<br />

Thema.<br />

Allerdings kann ich der These nicht zustimmen, dass ab<br />

Ende der 80er Jahre der Trend war, wir könnten Veränderungen<br />

nur zusammen mit Männern schaffen. Ich glaube<br />

eher, dass durch so viele Erfolge die Frauen ab einem<br />

bestimmten Punkt in der Politik offene Türen eingerannt<br />

haben. Wenn inzwischen die CSU sagt, dass Frauen<br />

gleichberechtigt sein müssen. Das hatten sie auf Migranten<br />

bezogen. Wir hatten über Jahrzehnte eine absolut<br />

traditionelle Familienpolitik, die darauf aus war, dass die<br />

Frauen eben zu Hause bleiben und die Kinder am besten<br />

den ganzen Tag bei der Mutter aufgehoben sind. Also da<br />

hat sich so viel verändert in dem ganzen Klima, dass das<br />

heute niemand mehr infrage stellen würde, dass Frauen<br />

das Recht haben zu studieren, dass sie das Recht auf<br />

einen Beruf und Familie haben. Wenn ich manchmal<br />

jüngeren Kolleginnen Beispiele erzähle, wie noch Ende<br />

der 60er Jahre die Bedingungen <strong>für</strong> Frauen waren, dann<br />

denken die, dass ich von einem fernen Planeten rede.<br />

Diese Dynamik hat die Frauenbewegung befördert, deren<br />

Ursprünge zwar von intellektuellen Frauen bzw. von<br />

Studentinnen ausgegangen waren, aber diese Veränderungen<br />

haben sich rasant verbreitet.<br />

Was zusammen gehört ... Jahrestagung 2009 15

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