Rundbrief 1-2010 - Verband für sozial-kulturelle Arbeit
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etwas? Natürlich gehört ihr doch alle zusammen, wir sind<br />
doch alle gemeinsam hier in Deutschland ... Also irgendwie<br />
standen wir in einer Vermittlerrolle dazwischen.<br />
Es kam zu Begegnungen, wo wir uns allerdings - vielleicht<br />
aus diesem <strong>sozial</strong>istischen Gedankengut heraus - am<br />
Anfang eher mit den Ostdeutschen identifi ziert haben,<br />
weil wir meinten, naja, ein bisschen sind die auch unterdrückt,<br />
eigentlich sind sie auch Migranten und welche von<br />
uns.<br />
Die ersten Differenzen kamen, als das mit den Übergriffen<br />
auf die Asylbewerberheime in Rostock und Hoyerswerda<br />
losging, teilweise auch Übergriffe auf Migranten,<br />
die noch dort waren. Die Angriffe gab es auch vor dem<br />
Mauerfall, besonders in Berlin, aber nicht in diesem Ausmaß,<br />
nicht, dass Häuser abgebrannt wurden. Wir dachten,<br />
so was darf es in einem <strong>sozial</strong>istischen Land doch gar<br />
nicht geben, deswegen hatten wir Schwierigkeiten, das zu<br />
verstehen, weil Sozialismus, Kommunismus und Nationalismus<br />
passten <strong>für</strong> uns irgendwie nicht zusammen.<br />
Dann gab es natürlich zu diesem Thema Begegnungen<br />
mit Schülerinnen und Schülern aus unterschiedlichen<br />
Schulen im Osten, was unsere Sozialisation mit geprägt<br />
hat. Ich wurde neugierig, war in der 10. oder 11. Klasse<br />
und wollte dann im Osten wohnen, wollte selbstständig<br />
sein. Das war in unserer Familienstruktur ein bisschen<br />
schwierig, dass einer auszieht, um selbstständig zu sein.<br />
Ich habe leider versucht, mich in Treptow niederzulassen,<br />
also im Bezirk Schöneweide hatte ich eine Wohnung<br />
gefunden. Im Nachhinein musste ich einsehen, dass das<br />
ein Fehler war, weil Treptow eine Hochburg der rechtsradikalen<br />
Szene ist. Da war ich ein bisschen blauäugig.<br />
Danach bin ich in den Bezirk Prenzlauer Berg (Osten)<br />
gezogen, da war die Welt etwas anders, da gab es dann<br />
Freunde <strong>für</strong> mich. Später bin ich dann nach Kreuzberg<br />
(Westen) gezogen, heute lebe ich in Pankow (Osten). Insofern<br />
bin ich immer gewandert.<br />
Dabei wurde man immer wieder mit der Frage konfrontiert:<br />
zu welcher Zeit waren wir besser integriert? Waren<br />
wir überhaupt jemals integriert? Auch mit meinen Eltern<br />
und deren Generation habe ich später Gespräche darüber<br />
geführt, wann es uns besser ging. Die einzige Aussage,<br />
die alle machten: Vor dem Mauerfall war alles ganz<br />
anders – positiv ganz anders. Ich verstehe diese Aussage<br />
nicht. Eine 2-Raum-Wohnung mit 12 Personen, Außentoilette,<br />
wenn ich darüber nachdenke, da kann es einem<br />
nicht gut gegangen sein. Aber meine Eltern sehen das so,<br />
dass die Phase vor dem Mauerfall <strong>für</strong> sie komischerweise<br />
besser war, dass sie sich integrierter gefühlt haben. Ich<br />
habe dann gefragt: Woran lag das? Sie meinten dann:<br />
Ganz einfach, wir waren am Anfang als Gastarbeiter hier,<br />
da hatte man eine Aufenthaltsgenehmigung von einem<br />
oder von zwei Jahren. Anfang der 80er Jahre gingen<br />
einige aus der Familie wieder zurück. Wo ist der Punkt,<br />
warum ihr euch integriert gefühlt habt? Da meinten meine<br />
Eltern, mein Onkel, meine Tante usw.: als wir auch Geld<br />
vom <strong>Arbeit</strong>samt kriegen durften. Das war richtig, Mitte<br />
der 80er Jahre bekamen Gastarbeiter eine unbefristete<br />
<strong>Arbeit</strong>serlaubnis, damit brauchten sie keine Angst mehr<br />
zu haben, dass sie bei <strong>Arbeit</strong>slosigkeit wieder zurück in<br />
die Heimat gehen mussten. Sie hatten zwar noch nicht<br />
das Wahlrecht, aber die gleichen Rechte in Bezug auf<br />
Wohnverhältnisse, Anspruch auf Sozialhilfe, Anspruch auf<br />
<strong>Arbeit</strong>slosengeld. Erst von da an fühlten sie sich dieser<br />
Gesellschaft zugehörig.<br />
Es wurde dann <strong>für</strong> sie Mitte der 90er Jahre etwas schwieriger,<br />
als sie vom <strong>Arbeit</strong>smarkt verdrängt wurden. Die Integration<br />
war <strong>für</strong> die erste Generation sehr stark mit <strong>Arbeit</strong><br />
verbunden, <strong>Arbeit</strong> gleich Integration. Aus heutiger Sicht<br />
würde ich sagen, dass <strong>Arbeit</strong> nur ein wichtiger Faktor<br />
unter anderen ist. Aber ich glaube, dass die erste Generation<br />
durchaus die Integration mit <strong>Arbeit</strong> verbunden hat.<br />
Die Auswirkungen der Vereinigung waren <strong>für</strong> sie durch<br />
den enger werdenden <strong>Arbeit</strong>smarkt schwieriger.<br />
Petra Sperling: Ich fand spannend, dass du den Titel<br />
dieses Workshops anders verstanden hast, weil du dachtest,<br />
ihr gehört zu den Einheimischen, während diejenigen,<br />
die neu dazukommen, die Migranten sind. Das hat<br />
verdeutlicht, wie das gewirkt haben muss. Aber du hast<br />
ja auch beschrieben, dass ihr euch als integriert erlebt<br />
habt.<br />
Hüseyin Yoldas: Wir haben das auch an den Schulen<br />
gemerkt. Früher haben sich die Schulen mehr auf die<br />
Was zusammen gehört ... Jahrestagung 2009 41