Taxi Times DACH - Mai 2017
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
GASTKOMMENTAR<br />
ALLES TARIF<br />
ODER WAS?<br />
Tarifanträge zu stellen und dann auch noch von der Behörde<br />
genehmigt zu bekommen, ist ein langwieriges und schwieriges<br />
Unterfangen. Warum eigentlich?<br />
FOTOS: Fotolia / nerthuz, <strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong><br />
Tariferhöhungsanträge im <strong>Taxi</strong>gewerbe<br />
… Mit Fontanes „Effi<br />
Briest“ will man sagen: „Ach<br />
Luise, das ist ein weites Feld.“ Regelmäßig<br />
werden solche Anträge von <strong>Taxi</strong>zentralen,<br />
Vereinigungen von Unternehmen<br />
und einzelnen Mehrwagenunternehmern<br />
gestellt und mehr oder weniger großzügig<br />
beschieden, teils zum Verdruss und<br />
teils zum Vergnügen der Bürger. Von den<br />
Unternehmern hört man zumeist wenig<br />
Kritik, denn manchmal freut man sich ja<br />
schon über Kleinigkeiten.<br />
Strom kommt aus der Steck dose?<br />
<strong>Taxi</strong>tarife definitiv nicht.<br />
EMOTIONALES THEMA<br />
Dabei bleibt die Frage völlig außen vor,<br />
warum dieser Diskurs teilweise so erbittert<br />
geführt wird und selbst innerhalb der<br />
<strong>Taxi</strong>vereinigungen und Genossenschaften<br />
immer höchst emotional diskutiert wird.<br />
Dies ist der Versuch einer Annäherung an<br />
die Thematik.<br />
ÖPNV, also öffentlicher Personennahverkehr,<br />
ist nicht nur durch die –<br />
zugegebenermaßen zumindest teil weise –<br />
reformierungsbedürftigen Bestimmungen<br />
des PBefG bestimmt, sondern auch durch<br />
den gesunden Menschenverstand der Nachfrager.<br />
Und grundsätzlich denken diese –<br />
<strong>Taxi</strong>: teuer, Bus oder Straßenbahn: billig!<br />
Und genau diese Denkweise führt dazu, die<br />
Diskussionen zu überhitzen und auf völlig<br />
falsche Ebenen zu heben.<br />
Strom kommt ja bekanntlich aus der<br />
Steckdose und nicht aus dem Kraftwerk!<br />
Geld, Subventionen für den ÖPNV kommen<br />
von der Stadt-, Landes- oder Bundeskasse.<br />
Falsch: Dieses Geld kommt – unmittelbar<br />
oder mittelbar – aus den Taschen<br />
der Bürger, die einerseits die Tarife bei<br />
der Inanspruchnahme von Bus oder Bahn<br />
zahlen und andererseits durch ihre Steuern<br />
die dort gewährten Subventionen finanzieren.<br />
Anders im <strong>Taxi</strong>gewerbe, dessen Dienstleistung<br />
zum (angeblichen) Luxusgut avanciert<br />
und den <strong>Taxi</strong>unternehmern in der<br />
Folge, vermeintlich unter dem Vorwand<br />
der Einführung des Mindestlohnes, quasi<br />
unendliche Gewinne beschert. Und das<br />
muss selbstverständlich gründlich hinterfragt<br />
werden! Im Sinne des Verbraucherschutzes,<br />
aber und vor allem auch vor dem<br />
Hintergrund der gesetzlichen Vorschriften:<br />
Nach § 39 PBefG müssen Tarife für im<br />
öffentlichen Personenbeförderungsauftrag<br />
tätige <strong>Taxi</strong>unternehmen „auskömmlich“<br />
sein!<br />
ANGEMESSENE VERGÜTUNG<br />
Und das bedeutet eigentlich – gesetzlich<br />
verklausuliert – Folgendes: Auch ein <strong>Taxi</strong>unternehmer<br />
hat einen Anspruch auf eine<br />
angemessene Vergütung seiner Dienstleistung!<br />
Und die ist ja, wie der neueste<br />
ADAC-<strong>Taxi</strong>-Test gezeigt hat, nicht gerade<br />
negativ zu beurteilen. Die überwiegende<br />
Anzahl der Unternehmen leistet wichtige<br />
Arbeit und vor allem verlässlich gute<br />
Arbeit: Täglich wird eine Vielzahl von Dialysepatienten<br />
bedient, werden Strahlenpatienten<br />
pünktlich und zuverlässig zu ihren<br />
Behandlungsterminen befördert, werden in<br />
der Bundesrepublik Tausende von Patienten<br />
zu ihren Ärzten, Physiotherapeuten und<br />
sonstigen Therapien transportiert. Eine<br />
Selbstverständlichkeit in diesem Gewerbe,<br />
die aber bei all den Diskussionen über<br />
Digitalisierung, neue Vermittlungsmodelle<br />
etc. schlichtweg vergessen wird und<br />
dann, wenn man Tariferhöhungen begehrt,<br />
anscheinend keine Rolle spielt.<br />
Das ist falsch: Denn „Verlässlichkeit“ in<br />
obigem Sinne, und „Modernität“, die gefordert,<br />
aber auch propagiert werden, sind<br />
Begriffe, die im wahren Leben auch Tariferhöhungen<br />
nach sich ziehen. Und dies<br />
zwangsläufig, will man all den gesetzlichen<br />
Forderungen rund um den Mindestlohn<br />
und die plausible Unternehmensführung<br />
tatsächlich nachkommen und bestenfalls<br />
auch noch den Umrüstungszwängen im<br />
Sinne der Luftreinhaltung. Das bedeutet<br />
ständige Innovationsbereitschaft und die<br />
Stärke der Unternehmer, dies in Investitionen<br />
– egal ob in Personal oder Fahrzeuge<br />
– umzusetzen. Dazu bedarf es (leider)<br />
auch der Tariferhöhung, aber auch der<br />
Erklärung durch die Verantwortlichen auf<br />
beiden Seiten.<br />
Und da ist das Argument, der Strom<br />
kommt nun mal aus der Steckdose, nicht<br />
zu gebrauchen!<br />
Axel Ulmer ist ausgebildeter Volljurist mit Schwerpunkt<br />
Verwaltungsrecht/PBefG und fungiert als<br />
Unternehmensberater für die Ulmer Consulting UG<br />
in Kaiserslautern. Für <strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong> kommentiert er<br />
regelmäßig allzu fantasiereiche Auslegungen<br />
des PBefG.<br />
TAXI MAI / <strong>2017</strong><br />
33