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Taxi Times DACH - Mai 2017

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GASTKOMMENTAR<br />

ALLES TARIF<br />

ODER WAS?<br />

Tarifanträge zu stellen und dann auch noch von der Behörde<br />

genehmigt zu bekommen, ist ein langwieriges und schwieriges<br />

Unterfangen. Warum eigentlich?<br />

FOTOS: Fotolia / nerthuz, <strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong><br />

Tariferhöhungsanträge im <strong>Taxi</strong>gewerbe<br />

… Mit Fontanes „Effi<br />

Briest“ will man sagen: „Ach<br />

Luise, das ist ein weites Feld.“ Regelmäßig<br />

werden solche Anträge von <strong>Taxi</strong>zentralen,<br />

Vereinigungen von Unternehmen<br />

und einzelnen Mehrwagenunternehmern<br />

gestellt und mehr oder weniger großzügig<br />

beschieden, teils zum Verdruss und<br />

teils zum Vergnügen der Bürger. Von den<br />

Unternehmern hört man zumeist wenig<br />

Kritik, denn manchmal freut man sich ja<br />

schon über Kleinigkeiten.<br />

Strom kommt aus der Steck dose?<br />

<strong>Taxi</strong>tarife definitiv nicht.<br />

EMOTIONALES THEMA<br />

Dabei bleibt die Frage völlig außen vor,<br />

warum dieser Diskurs teilweise so erbittert<br />

geführt wird und selbst innerhalb der<br />

<strong>Taxi</strong>vereinigungen und Genossenschaften<br />

immer höchst emotional diskutiert wird.<br />

Dies ist der Versuch einer Annäherung an<br />

die Thematik.<br />

ÖPNV, also öffentlicher Personennahverkehr,<br />

ist nicht nur durch die –<br />

zugegebenermaßen zumindest teil weise –<br />

reformierungsbedürftigen Bestimmungen<br />

des PBefG bestimmt, sondern auch durch<br />

den gesunden Menschenverstand der Nachfrager.<br />

Und grundsätzlich denken diese –<br />

<strong>Taxi</strong>: teuer, Bus oder Straßenbahn: billig!<br />

Und genau diese Denkweise führt dazu, die<br />

Diskussionen zu überhitzen und auf völlig<br />

falsche Ebenen zu heben.<br />

Strom kommt ja bekanntlich aus der<br />

Steckdose und nicht aus dem Kraftwerk!<br />

Geld, Subventionen für den ÖPNV kommen<br />

von der Stadt-, Landes- oder Bundeskasse.<br />

Falsch: Dieses Geld kommt – unmittelbar<br />

oder mittelbar – aus den Taschen<br />

der Bürger, die einerseits die Tarife bei<br />

der Inanspruchnahme von Bus oder Bahn<br />

zahlen und andererseits durch ihre Steuern<br />

die dort gewährten Subventionen finanzieren.<br />

Anders im <strong>Taxi</strong>gewerbe, dessen Dienstleistung<br />

zum (angeblichen) Luxusgut avanciert<br />

und den <strong>Taxi</strong>unternehmern in der<br />

Folge, vermeintlich unter dem Vorwand<br />

der Einführung des Mindestlohnes, quasi<br />

unendliche Gewinne beschert. Und das<br />

muss selbstverständlich gründlich hinterfragt<br />

werden! Im Sinne des Verbraucherschutzes,<br />

aber und vor allem auch vor dem<br />

Hintergrund der gesetzlichen Vorschriften:<br />

Nach § 39 PBefG müssen Tarife für im<br />

öffentlichen Personenbeförderungsauftrag<br />

tätige <strong>Taxi</strong>unternehmen „auskömmlich“<br />

sein!<br />

ANGEMESSENE VERGÜTUNG<br />

Und das bedeutet eigentlich – gesetzlich<br />

verklausuliert – Folgendes: Auch ein <strong>Taxi</strong>unternehmer<br />

hat einen Anspruch auf eine<br />

angemessene Vergütung seiner Dienstleistung!<br />

Und die ist ja, wie der neueste<br />

ADAC-<strong>Taxi</strong>-Test gezeigt hat, nicht gerade<br />

negativ zu beurteilen. Die überwiegende<br />

Anzahl der Unternehmen leistet wichtige<br />

Arbeit und vor allem verlässlich gute<br />

Arbeit: Täglich wird eine Vielzahl von Dialysepatienten<br />

bedient, werden Strahlenpatienten<br />

pünktlich und zuverlässig zu ihren<br />

Behandlungsterminen befördert, werden in<br />

der Bundesrepublik Tausende von Patienten<br />

zu ihren Ärzten, Physiotherapeuten und<br />

sonstigen Therapien transportiert. Eine<br />

Selbstverständlichkeit in diesem Gewerbe,<br />

die aber bei all den Diskussionen über<br />

Digitalisierung, neue Vermittlungsmodelle<br />

etc. schlichtweg vergessen wird und<br />

dann, wenn man Tariferhöhungen begehrt,<br />

anscheinend keine Rolle spielt.<br />

Das ist falsch: Denn „Verlässlichkeit“ in<br />

obigem Sinne, und „Modernität“, die gefordert,<br />

aber auch propagiert werden, sind<br />

Begriffe, die im wahren Leben auch Tariferhöhungen<br />

nach sich ziehen. Und dies<br />

zwangsläufig, will man all den gesetzlichen<br />

Forderungen rund um den Mindestlohn<br />

und die plausible Unternehmensführung<br />

tatsächlich nachkommen und bestenfalls<br />

auch noch den Umrüstungszwängen im<br />

Sinne der Luftreinhaltung. Das bedeutet<br />

ständige Innovationsbereitschaft und die<br />

Stärke der Unternehmer, dies in Investitionen<br />

– egal ob in Personal oder Fahrzeuge<br />

– umzusetzen. Dazu bedarf es (leider)<br />

auch der Tariferhöhung, aber auch der<br />

Erklärung durch die Verantwortlichen auf<br />

beiden Seiten.<br />

Und da ist das Argument, der Strom<br />

kommt nun mal aus der Steckdose, nicht<br />

zu gebrauchen!<br />

Axel Ulmer ist ausgebildeter Volljurist mit Schwerpunkt<br />

Verwaltungsrecht/PBefG und fungiert als<br />

Unternehmensberater für die Ulmer Consulting UG<br />

in Kaiserslautern. Für <strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong> kommentiert er<br />

regelmäßig allzu fantasiereiche Auslegungen<br />

des PBefG.<br />

TAXI MAI / <strong>2017</strong><br />

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