ME2BE_HIERGEBLIEBEN_2017_2
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<strong>ME2BE</strong> JOBTIONARY<br />
FLECHTWERKGESTALTER:<br />
STRANDKORB-KREATEUR<br />
Aus unserer neuen Serie der seltenen Berufe<br />
TEXT Joachim Welding | ILLUSTRATION Ibou Gueye<br />
Sommer, Sonne, Strandkorb: An Nordund<br />
Ostsee ist er kaum mehr wegzudenken.<br />
Dieses kultige Objekt macht<br />
das Strandleben erst zum richtigen Genuss.<br />
Zuständig für die Fertigung des gemütlichen<br />
Zweisitzers ist der/die Flechtwerkgestalter/-in<br />
– so die offizielle Bezeichnung<br />
des dreijährigen Ausbildungsberufes. Kreativität<br />
und handwerkliches Geschick werden<br />
für diese Tätigkeit gebraucht.<br />
Erfunden wurde der Strandkorb bereits 1882,<br />
was dem Rostocker Korbmacher Wilhelm<br />
Bartelmann zu verdanken ist. Der schwere<br />
Zweisitzer schützt vor Sonne, Wind und<br />
Regen und lädt ein zum Faulenzen, Lesen,<br />
Entspannen und Schlafen. Kleine Unterschiede<br />
gibt es in der Optik: Während der<br />
Nordsee-Korb eher kantige Konturen hat,<br />
verfügt die Ostsee-Variante über geschwungene<br />
Seiten.<br />
Arbeiten mit Naturmaterialien<br />
Der Flechtwerkgestalter, der bis 2006 Korbflechter<br />
hieß, stellt aber nicht nur Strandkörbe<br />
her, er fertigt auch Möbelstücke wie<br />
Schaukelstühle, Tische und Garderoben und<br />
übernimmt Reparaturarbeiten und Restau-<br />
rierungen. Die Auszubildenden dieses alten<br />
und seltenen Handwerks lernen die verschiedenen<br />
Flechtmaterialien und -techniken<br />
kennen. Aber auch technisches Zeichnen,<br />
Gestaltung und Modellbau gehören dazu.<br />
Darüber hinaus vermitteln die Ausbilder<br />
Wissen im Bereich der Holz- und Metallverarbeitung.<br />
Dazu zählt der Umgang mit<br />
Naturmaterialien wie Rattan, Peddigrohr,<br />
Weide und Holz. Nachdem das Flechtmaterial<br />
aufbereitet wurde, beginnt die Arbeit<br />
des Zuschneidens und Biegens, um dann<br />
in Handarbeit das Korbobjekt zu flechten.<br />
Hierfür braucht man Geschick, Ausdauer<br />
und Fingerfertigkeit. Oberflächen werden<br />
anschließend gebeizt oder gefärbt und<br />
mit Lacken, Wachsen oder Ölen wetterfest<br />
gemacht. Wie lange so eine Arbeit dauert,<br />
hängt von der Dicke des Flechtbands ab: Für<br />
einen einzigen Strandkorb wird die stattliche<br />
Länge von zwei Kilometern Flechtband<br />
verarbeitet.<br />
Kreativität ist gefragt<br />
Wer sich für diesen Beruf interessiert,<br />
sollte neben technischem Verständnis auch<br />
eine Portion Kreativität und einen Sinn für<br />
Ästhetik mitbringen. Flechtwerkgestalter<br />
arbeiten vorwiegend in Korbmöbelflechtereien<br />
oder Werkstätten. Gearbeitet wird<br />
werktags bei einer 40-Stunden-Woche. Vor<br />
der Saison, wenn die meisten Aufträge eingehen,<br />
kann auch Wochenendarbeit anfallen.<br />
Azubis verdienen zwischen 320 Euro im<br />
1. Ausbildungsjahr und 465 Euro im dritten<br />
Jahr. Wer will, kann sich später zum Meister<br />
weiterbilden und/oder ein eigenes Unternehmen<br />
gründen. Mit Fachabitur kann man<br />
Innenarchitektur oder Holztechnik studieren.<br />
In Werkstätten für Behinderte oder an<br />
Berufsbildungsstätten werden Flechtwerkgestalter<br />
beschäftigt, die sich zum Arbeitserzieher<br />
weiterqualifiziert haben.<br />
Übrigens: Der neue Trend für die Sommersaison<br />
<strong>2017</strong> ist der schicke Schlafstrandkorb.<br />
Mit einer Breite von 1,30 Meter und<br />
einer Länge von 2,40 Meter ist er mit zwei<br />
Liegeflächen für Erwachsene ausgestattet.<br />
Sichtluken oben und an den Seiten sorgen<br />
für einen ungehinderten Rundumblick zu<br />
Himmel, Strand und Meer. Zu buchen ist<br />
dieser Korb bereits an einigen Ostsee- und<br />
Nordseebädern.<br />
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