O+P Fluidtechnik 9/2017
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ANTRIEBE<br />
1 EINLEITUNG<br />
In jüngerer Vergangenheit rücken neben den ökonomischen auch<br />
verstärkt ökologische Effizienzgedanken bei Investitionsentscheidungen<br />
in den Fokus. Dies wirkt sich auch auf die Wahl der eingesetzten<br />
Technologie zur Erfüllung linearer Bewegungsaufgaben<br />
aus. Im Bereich der linearen Antriebstechnik geringer Leistung, wie<br />
sie beispielsweise in der Fabrikautomation in großer Stückzahl eingesetzt<br />
wird, besteht eine starke Konkurrenz zwischen der Pneumatik<br />
und der Elektromechanik. Es lassen sich bezüglich dieser beiden<br />
Technologien sehr unterschiedliche Aussagen in Pressetexten finden.<br />
Neben Titeln wie beispielsweise „Energieeffizienz mechatronischer<br />
Systeme ist unschlagbar“ [Dru07] existieren auch differenziertere<br />
Aussagen wie beispielsweise „der pneumatische Greifer ist<br />
dem elektrischen dann überlegen, wenn die Anwendung lange<br />
Zyklen und wenig Greifvorgänge umfasst“ [Fes11]. Dies wurde auch<br />
im EnEffAH-Projekt, das durch das Bundesministerium für Wirtschaft<br />
und Technologie gefördert wurde, exemplarisch veranschaulicht<br />
(Bild 1-1). Hierbei wurde angenommen, dass die Stromaufnahme<br />
des elektromechanischen Antriebs quadratisch mit der<br />
Haltekraft wächst, während der pneumatische Antrieb einen von<br />
der Zykluszeit unabhängigen Energiebedarf pro Zyklus aufweist, da<br />
er in der Lage ist, die Haltekraft ohne zusätzliche Druckluftzufuhr<br />
konstant aufzubringen. Jedoch fehlt dem Anwender immer noch<br />
eine konkrete Grundlage zur Auswahl der bestgeeigneten Technologie,<br />
da für definierte Anwendungen mit entsprechend zu dimensionierenden<br />
Antriebsgrößen und Lastverläufen keine einfache<br />
Aussage möglich ist [NN12].<br />
Die häufig subjektiven Aussagen vieler Untersuchungen zum<br />
Thema Energieeffizienz lassen beim Anwender den Bedarf nach<br />
einem umfassenden und neutralen Vergleich zwischen pneumatischen<br />
und elektromechanischen Antrieben kleiner Leistung aufkommen.<br />
Die Ergebnisse des Forschungsprojekts „Wirtschaftlichkeitsanalyse<br />
pneumatischer und elektromechanischer Antriebstechnik“<br />
bieten dem Anwender diese konkrete Entscheidungshilfe bei der<br />
Auswahl der bestgeeigneten Antriebstechnologie. Für repräsentative<br />
Anwendungsfälle wurde die Lebenszykluskosten (Total Cost of<br />
Ownership, TCO) elektromechanischer und pneumatischer Antriebe<br />
mit vergleichbarer Leistung ermittelt und gegegenübergestellt.<br />
Der Anwender erhält so die Möglichkeit, für seine spezifische<br />
Anwendung eine fundierte Entscheidung zu treffen. Das Projekt<br />
wurde vom Institut für fluidtechnische Antriebe und Steuerungen<br />
(IFAS) in Zusammenarbeit mit dem Werkzeugmaschinenlabor<br />
(WZL) an der RWTH Aachen bearbeitet.<br />
1.1 EXERGETISCHE EFFIZIENZ<br />
Zur Beurteilung der Effizienz der Antriebe wird auf das thermodynamische<br />
Konzept der Exergie zurückgegriffen. Die Exergie<br />
beschreibt die Arbeitsfähigkeit verschiedener Energieformen,<br />
wodurch die Effizienz pneumatischer und elektromechanischer<br />
besser vergleichbar wird. Weiterhin ist es durch Verwendung von<br />
Exergie möglich, Verluste an einer Energiewandlungskette zu finden<br />
und zu bewerten [Bae12].<br />
1.1.1 PNEUMATISCHE ANTRIEBE<br />
Zur Erfassung der den pneumatischen Antrieben zugeführten Exergie<br />
wurde am IFAS ein Prüfsystem aufgebaut, mit dem Antriebe bis<br />
zu einer Hublänge von 1000 mm bei horizontalem und vertikalem<br />
Hub untersucht werden können. Eine schematische Darstellung ist<br />
1-1<br />
1.1<br />
Haltedauer [s]<br />
3<br />
2.5<br />
2<br />
1.5<br />
1<br />
0.5<br />
1-2<br />
in Bild 1-2 zu sehen. Erfasst werden der dem System zugeführte<br />
Luftmassenstrom sowie die Drücke und Temperaturen in der Luftversorgung<br />
und der Umgebung. Weiterhin werden auch der Zylinderweg<br />
sowie die Drücke und Temperaturen in den beiden Zylinderkammern<br />
erfasst.<br />
Die dem pneumatischen Aktor bei einem Doppelhub zugeführte<br />
Luftmasse lässt sich anhand des Volumens der beiden Zylinderkammern<br />
V Zyl<br />
und des Totvolumens V tot<br />
unter der Annahme idealen<br />
Gasverhaltens der Luft nach Gl. 1 1 abschätzen. Vernachlässigt wird<br />
hierbei eine mögliche Leckage im System. Weiterhin wird angenommen,<br />
dass die Bewegung ausreichend langsam ist, um einen<br />
vollständigen Druckausgleich zu ermöglichen.<br />
( )<br />
⎡ 2 2 2<br />
( )<br />
mzu = ρ<br />
Luft<br />
⋅ VZyl + Vtot<br />
pLuft<br />
π<br />
= ⋅ D + D −D ⋅ ⋅ x + V<br />
R ⋅T<br />
⎣<br />
⎢<br />
4<br />
Luft<br />
Exemplarischer Vergleich eines elektromechanischen und<br />
pneumatischen Antriebs [NN12]<br />
Exemplarischer Vergleich eines elektromechanischen und pneumatischen Antriebs<br />
[NN12]<br />
Elektrischer Antrieb vorteilhaft<br />
Luft<br />
Pneumatischer Antrieb vorteilhaft<br />
Hublänge<br />
0<br />
0 20 40 60 80 100 120 140<br />
Endlagenkraft [N]<br />
Messsystem für pneumatische Antriebe<br />
Kolben Kolben Stange Hub tot<br />
⎤<br />
⎥<br />
⎦<br />
( Gl.1−1)<br />
<strong>O+P</strong> <strong>Fluidtechnik</strong> 9/<strong>2017</strong> 43