Industrielle Automation 5/2017
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Informationen aus den Systemen mit definierten Schnittstellen in eine Virtualisierung bringen<br />
und die Anlage virtuell in Betreib nehmen kann und das Ganze dann per Knopfdruck einfach<br />
in die reale Anlage reinschießen kann, dann hat der Kunde was davon. Und zwar: Er spart Zeit,<br />
Geld und Platz. Und wenn ich jetzt noch die realen Daten aus der bestehenden Anlage auch<br />
wieder in die virtuelle Welt reinschieben kann: Das ist Industrie 4.0. Das ist Digitalisierung.<br />
Wirkt sich z. B. eine<br />
Anforderung an Maschinenbauer,<br />
wie die der<br />
Stückzahl-1-Produktion, bis<br />
in die Installationsebene aus?<br />
Für Stückzahl 1 muss die Anlage eins sein: brutal flexibel und modular. Und das hat natürlich<br />
wieder was mit Installationstechnik zu tun. Je modularer, je einfacher ich die Anlage individuell<br />
auf das jeweilige Produkt anpassen kann, je schneller, je automatisierter ich das machen<br />
kann, umso mehr kann ich diese Anforderung aus dem Markt erfüllen.<br />
Wie bauen Sie darauf Ihre<br />
Unternehmens- bzw.<br />
Produkte-Strategie auf?<br />
Unsere Produkte sind dezentral. Was heißt das? Sie sind nicht im Schaltschrank. Sie sind modular.<br />
Sie sind individuell zusammensteckbar wie Lego. Deshalb passen sie gut in dieses Ideenbild.<br />
Wir haben unseren Schwerpunkt auf die Verbindung zwischen der Steuerung und der Sensor/<br />
Aktor-Ebene gelegt. Und mit der Digitalisierung verändert sich hier etwas. Die Steuerung steht<br />
nicht mehr an der Spitze und ist der Dirigent, sondern der Dirigentenstab wird 1:1 weitergereicht<br />
in eine nächste Ebene; in eine Cloud, eine Factory-Cloud, oder was auch immer. Jetzt<br />
haben wir die Chance als Murrelektronik an der jeweiligen Steuerung vorbei mit diesem übergeordneten<br />
System, das den Dirigentenstab in der Hand hat, zu kommunizieren – und zwar<br />
bidirektional. Das bedeutet also: Unser Feld ist genau dieses Mittelfeld. Wir sind der Experte<br />
für das dezentrale Power-Management – für hochinnovative dezentrale Netzgeräte. Wir sind<br />
der Experte der individuellen modularisierten Verkabelungstechnik. Und wir sind derjenige,<br />
der innovative, smarte Feldbustechnologie hochmodular mit hoher Diagnosetiefe liefert. Und<br />
das bringen wir jetzt wie Zahnräder ineinander und bieten unseren Kunden eine durchgängige<br />
Lösung, alles aus einer Hand und aufeinander abgestimmt! Jetzt kommt noch das Thema Dienstleistung<br />
mit dazu. Wir beraten die Kunden im Sinne von Rationalisierung hin zu Vernetzung.<br />
Kann man sagen, dass<br />
„Diagnose/Monitoring“<br />
das zentrale Thema Ihres<br />
Angebots für die Installation<br />
in der Industrie 4.0 ist?<br />
Ja, Diagnose ist eins der großen Themen der Murrelektronik. „Mit unseren Diagnoselösungen<br />
findet man Fehler anstatt sie zu suchen!“, so lautet seit Jahren eines unserer Kundenversprechen.<br />
Unsere Feldbustechnologie, unsere Netzgeräte und alles, was wir im Markt haben, ist auf<br />
punktgenaue und feingranulare Diagnose getrimmt.<br />
Man kann jetzt unterscheiden in reaktive und die präventive Diagnose. Das, was die Murrelektronik<br />
bisher gemacht hat, war immer eine reaktive Diagnose. Also: Das Kind ist in den Brunnen<br />
gefallen und ich finde schnell den Fehler und beseitige den Fehler. Ein Ziel der Murrelektronik<br />
ist es, diese reaktive Diagnose auf eine andere Ebene zu hieven. Die Daten nicht nur der<br />
Steuerung zugänglich zu machen, sondern auch allen übergeordneten Systemen.<br />
Die zweite große Herausforderung ist das Thema Predictive Maintenance, vorbeugende<br />
Instandhaltung. Wir haben vor ein paar Jahren ein Netzgerät entwickelt für den Schaltschrank<br />
und auch fürs Feld, das Emparro 40 Ampere. Hier geben wir dem Kunden nicht unendlich<br />
viele Daten, sondern das Gerät sagt: „Ich habe Schmerzen, bitte tausch mich beim nächsten<br />
Mal aus“. Wir haben ein Jahr an dem Software-Quellcode geschrieben, um dem Kunden diese<br />
Information genau zum richtigen Zeitpunkt, nicht zu früh und nicht zu spät zu geben! Diese<br />
Vorqualifizierung – „Was ist eigentlich die richtige Information zur richtigen Zeit am richtigen<br />
Ort?“ – das ist doch die Kunst. Und dieser Kunst haben wir uns verschrieben.<br />
SUMMER OF ENGINEERING<br />
Zum Abschluss: Setzen Sie<br />
Industrie-4.0-Konzepte in<br />
der eigenen Produktion um?<br />
Ja, und da schließt sich der Kreis. Aus unserem Lagerlogistiksystem hier in Oppenweiler bedienen<br />
wir weltweit unsere Kunden. Das ist unsere Achillesferse. Wenn das Lager steht, dann<br />
verdienen wir kein Geld. Unser dezentrales Installationssystem – Cube – haben wir dort installiert.<br />
Jetzt haben wir es um eine weitere Komponente ergänzt – das Diagnose-Gateway. Das<br />
macht nichts anderes, als mitzuhören, was auf den Leitungen gesprochen wird und bringt die<br />
Daten an der Anlagen-Steuerung vorbei direkt in die Officefloor-Ebene. Das heißt, wir haben<br />
unsere dezentrale Installationstechnik mit dem SAP verknüpft. Diagnosemeldungen, IO-<br />
Statusmeldungen und Anomalien können jetzt in unserem SAP vorverarbeitet, analysiert und<br />
gemonitort werden. So können rechtzeitig Wartungsmaßnahmen geplant werden, bevor unser<br />
Logistikzentrum steht. Wir haben das einfach mit einem Retrofit ergänzt. Das ist wichtig zu<br />
sagen, denn ich glaube, den Kunden interessiert nicht nur, wie man eine neue smarte Anlage<br />
aufbauen kann, sondern auch, wie man bestehende Anlagen fit für die Themen der Zukunft<br />
macht. Und das Cube-Diagnose-Gateway spricht genau dieses Thema an.<br />
Das heißt, wir reden nicht nur über die Dinge. Wir haben auch nicht ganz dick „I 4.0“ darüber<br />
geschrieben, sondern wir fangen bei uns selbst an.<br />
www.murrelektronik.de<br />
52 INDUSTRIELLE AUTOMATION 5/<strong>2017</strong>