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Fritz + Fränzi

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Digital & Medial<br />

Anderen beim<br />

Spielen zuschauen<br />

Sogenannte Let’s Player sind bei Teenagern voll im Trend. Nur: Was<br />

finden Jugendliche daran, anderen beim Videospielen zuzuschauen?<br />

Und was heisst das für die Eltern? Text: Stephan Petersen<br />

Daniels Mutter ist ge ­<br />

nervt. Gerade erst<br />

hat sie ihren 13-jährigen<br />

Sohn von der<br />

Spielkonsole loseisen<br />

können. Jetzt sitzt er am Smartphone.<br />

«Was machst du denn da?»,<br />

fragt sie ihn. «Ich schaue mir nur<br />

schnell dieses Video an.» Sie blickt<br />

über seine Schulter: «Ist das ein<br />

Video über ein Computerspiel?» –<br />

«Ja, ein Let’s Play!», lautet die Antwort.<br />

«Du hast doch gerade erst<br />

gespielt! Und das sieht nicht so aus,<br />

als ob es ein Spiel für Dreizehnjährige<br />

wäre. Mach jetzt dein Natel<br />

aus!» Daniel seufzt extra laut und<br />

legt das Smartphone zur Seite.<br />

Schreckensschreie und zusammengebissene<br />

Zähne live<br />

So wie Daniel schauen Millionen<br />

Jugendliche sogenannte Let’s Plays.<br />

Bei Let’s play wird live gespielt.<br />

Das heisst: Der Spieler hat das<br />

Game vorher noch nie gespielt.<br />

Let’s Play bedeutet «Lass uns spielen».<br />

Es sind Videos, in denen Games<br />

vorgeführt und kommentiert werden.<br />

Man schaut anderen Spielern<br />

beim Spielen zu. Vorläufer dieses<br />

Trends waren die 2006 von Spielern<br />

im Forum der US-amerikanischen<br />

Webseite «Something Awful» veröffentlichten<br />

Bilder aus von ihnen<br />

gespielten Games. Die anderen<br />

Forumsteilnehmer konnten direkt<br />

darauf antworten und Anregungen<br />

geben, wie die Spieler weiter agieren<br />

sollten. Mit der zunehmenden Verbreitung<br />

des Videoportals Youtube<br />

entstand die Idee, den kompletten<br />

Spielverlauf beim Gamen zu filmen<br />

und zu kommentieren.<br />

Heute filmen die Spieler sich<br />

meist noch zusätzlich selbst. So<br />

hören die Zuschauer nicht nur die<br />

Kommentare, sondern sehen auch<br />

die Reaktionen des Spielers auf das<br />

Geschehen: zusammengebissene<br />

Zähne in kniffligen Szenen und kurze<br />

Schreckensschreie, wenn Unvorhergesehenes<br />

geschieht. Das Besondere<br />

an Let’s Plays: Es wird live<br />

gespielt. Das bedeutet hier: Der<br />

Spieler hat das Game vorher noch<br />

nie gezockt und erlebt gemeinsam<br />

mit dem Zuschauer sämtliche Situationen<br />

zum ersten Mal.<br />

Was als kleiner Spass für ein paar<br />

Dutzend Zuschauer begann, ist in<br />

den vergangenen Jahren zu einem<br />

Millionen-Trend insbesondere bei<br />

Teenagern geworden. 50 Prozent<br />

aller Let’s-Play-Zuschauer sind zwischen<br />

13 und 17 Jahre alt. Mit rund<br />

30 Prozent machen junge Erwachsene<br />

zwischen 18 und 25 Jahren die<br />

zweitgrösste Gruppe aus. Das Pu blikum<br />

ist also jung. Und noch etwas<br />

fällt auf: Je nach Schätzungen und<br />

Umfragen sind 70 bis 80 Prozent der<br />

Zuschauer männlich.<br />

Let’s play als Entscheidungshilfe<br />

Eltern zeigen sich besorgt über den<br />

Trend. Die meisten stehen Games an<br />

sich schon skeptisch gegenüber. Nun<br />

fragen sie sich: Ist es sinnvoll, dass<br />

mein Kind passiv Videos über Computerspiele<br />

konsumiert, anstatt<br />

wenigstens selbst aktiv zu sein und<br />

kreative Lösungsstrategien in einem<br />

Game zu finden? «In den seltensten<br />

Fällen werden Let’s Plays nur angeschaut,<br />

ohne dass man selbst gamt»,<br />

relativiert Isabel Willemse, Medienpsychologin<br />

an der Zürcher Hoch­<br />

82 November <strong>2017</strong> Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi

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