2010-04
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Siegen. „Kinder gibt es immer“, hatte<br />
der greise Reichskanzler Otto von Bismarck<br />
schon im vorletzten Jahrhundert<br />
befunden. Sorgen um seine Untertanen<br />
brauchte sich der Reichsgründer in<br />
dieser Hinsicht auch keine zu machen,<br />
zauberten diese doch in der Regel nicht<br />
selten zweistellige Kinderzahlen aus<br />
dem Hut oder sonstwo her.<br />
In der Stadt Siegen sieht das heute<br />
freilich ganz anders aus. Darauf wies<br />
jetzt Anja Heiden, die Demografiebeauftragte<br />
der Krönchenstadt bei einer<br />
Sitzung des Seniorenbeirates im Rathaus<br />
Geisweid hin. Und die fachkundige<br />
Dame malte ein ganz düsteres Bild<br />
insbesondere von den „Südstaaten“ der<br />
Noch-Großstadt Siegen, namentlich<br />
vom Stadtteil Niederschelden. Dort<br />
geistert nämlich jetzt schon das grausame<br />
und mit den Händen zu greifende<br />
Wort „Leerstände“ durch die Gegend.<br />
Obwohl der Rückgang der Bevölkerungszahlen<br />
in Deutschland eigentlich<br />
schon seit dem 1.Weltkrieg „Konjunktur“<br />
habe und während der Weltwirtschaftskrise,<br />
im Zweiten Weltkrieg und<br />
mit Einführung der „Pille“ („Pillenknick“<br />
im Jahre 1974) besonders markant war,<br />
übertreffe der „Demografie-Schock“ aus<br />
dem Jahre 1992 doch alle Bevölkerungseinbrüche<br />
seit Bismarcks Zeiten, so Anja<br />
Heiden. Denn nur „1,3 Stück Kind“<br />
werden laut Beamtensprache in der deutschen<br />
Durchschnittsfamilie heutzutage<br />
noch aktenkundig gemacht.<br />
Das ist zu wenig, um die immer<br />
stärker zunehmende Zahl von älteren<br />
Menschen per Generationenvertrag zu<br />
„unterhalten“. Aber anscheinend für<br />
viele bedürftige und von Armut bedrohte<br />
Eltern immer noch zu viel, um<br />
mit den Kleinen betriebswirtschaftlich<br />
„über die Runden“ zu kommen.<br />
So wird die Einwohnerzahl Siegens<br />
im Jahre 2026 nur noch 96.000<br />
betragen. Der Nimbus der Großstadt<br />
sei damit futsch, so die Demografiebeauftragte.<br />
Heute seien im Stadtteil<br />
Niederschelden schon fast ein Drittel<br />
aller Häuser (30 %) nur noch von<br />
Menschen im Alter von über 60 Jahren<br />
Nachrichten aus Siegen-Wittgenstein<br />
Damoklessschwert „Leerstände“<br />
Niederschelden auf dem Weg zum „perforierten“ Stadtteil<br />
Foto:Dr. Horst Bach<br />
bewohnt. Anja Heiden: „Hier kommt<br />
nichts mehr nach. Leerstände en masse<br />
sind vorprogrammiert.“ Und die städtische<br />
Bedienstete zeichnete ein ganz<br />
düsteres Zukunftsbild rund um Siegtal<br />
und „Schossi“: „Da lebt vielleicht noch<br />
ein einzelner Mensch in einer Wohnung<br />
und sieht in der Nachbarschaft<br />
links und rechts nur leerstehende Häuser<br />
ohne jegliches Leben. Da kann sich<br />
ein älterer Bewohner über hundert Meter<br />
Entfernung und mehr nur noch per<br />
Megaphon bemerkbar machen.“<br />
Hier müssten sozialplanerische<br />
Konzepte her, so Anja Heiden, um einer<br />
„perforierten“, d.h. durchlöcherten<br />
Stadt entgegenzuwirken.<br />
Wer sehenden Auges durch Niederschelden<br />
und das benachbarte Niederschelderhütte<br />
wandert (manchmal weiß<br />
man gar nicht so genau, in welchem Ort<br />
bzw. in welchem Bundesland man sich<br />
gerade befindet), sieht viele Leerstände,<br />
heruntergelassene Rolläden, Vermietungshinweise<br />
in den Fenstern und<br />
heruntergekommene Bausubstanz.<br />
Dr. Jochen Münch, 73-jähriger<br />
Architekturstudent mit städtebauplanerischem<br />
Weitblick, sieht hier nur<br />
eine Lösung: „In solchen Gebieten<br />
wie Siegen darf einfach kein Bauland<br />
mehr ausgewiesen werden. Hier muss<br />
einzig und allein der Bestand saniert<br />
und modernisiert werden.“ hoba<br />
Herbst an der Sieg in Niederschelden: Nicht nur die Natur,<br />
auch der Ort hat seine Blütezeit hinter sich.<br />
Sie steppten für guten Zweck<br />
Mudersbacher Quiltfrauen tun „Gutes“<br />
Mudersbach. Schon sehnlichst erwartet<br />
wurde die nun schon zur Tradition<br />
gewordene Verkaufsausstellung von<br />
Arbeiten der Mudersbacher „Patchwork-Frauen“.<br />
Auf ihrem Basar war<br />
kein Durchkommen mehr! Die Besucher<br />
drängten sich von Stand zu Stand<br />
und waren sichtlich begeistert von den<br />
z.T. außergewöhnlichen Kunstwerken.<br />
Drei Jahre haben die fleißigen Näherinnen<br />
Stoffe ausgesucht, zugeschnitten,<br />
zusammengenäht, gesäumt und<br />
z.T. gefüttert. Hinter der Gruppe der<br />
„Patchwork-Frauen“ verbergen sich<br />
13 Damen, (derzeit) im Alter von 49<br />
bis 82 Jahren, die sich regelmäßig treffen,<br />
um ihrem gemeinsamen Hobby<br />
„Quilten“ nachzugehen. (Der durchblick<br />
berichtete darüber). Jeweils am<br />
dritten Samstag im Monat trefffen sie<br />
sich von 9–16 Uhr, um gemeinschaftlich<br />
die schönen Werke zu erstellen, die<br />
nun wieder einmal mit großem Erfolg<br />
verkauft wurden. Das ganz Besondere<br />
an ihren Aktivitäten ist aber, dass der<br />
komplette Überschuss von diemal ca.<br />
4.500 Euro an soziale Einrichtungen in<br />
dieser Region gespendet wird! <br />
durchblick 4/<strong>2010</strong> 11